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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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eine Untersuchung über die Verhaftung und Deportation der Radikalen anzustellen, weil diese Vorgehensweise einen Angriff auf Recht und Verfassung darstellte.
    Stone wurde am 8. April 1924 vereidigt und verbrachte die kommenden Monate damit, durch die Flure des Justizministeriums zu wandern, mit allen zu reden und sich Notizen zu machen. In seinen Aufzeichnungen urteilte er, dass es beim Bureau of Investigation »zum Himmel stinkt«. Es sei »voller Männer mit übler Vorgeschichte […] darunter verurteilte Verbrecher […] gesetzlose Organisation […] viele Aktivitäten ohne gesetzliche Grundlage […] Agenten bedienen sich häufig Praktiken, die extrem brutal und willkürlich sind.« [103]  
    Am 9. Mai entließ Stone William J. Burns als Direktor des Bureau of Investigation. Er gab eine öffentliche Erklärung ab, die ihre Wirkung bis heute nicht eingebüßt hat:
    Eine Geheimpolizei kann für eine freie Regierung und freie Institutionen zur Gefahr werden, denn sie birgt Möglichkeiten des Machtmissbrauchs, die nicht immer leicht zu erkennen und nachzuvollziehen sind. Der enorme Zuwachs an Bundesgesetzen, sowohl im Zivil- als auch im Strafrecht, hat das Bureau of Investigation zu einem notwendigen Instrument des Gesetzesvollzugs gemacht. Aber es ist wichtig, dass seine Aktivitäten strengstens auf die Ausübung jener Funktionen beschränkt bleiben, für die es gegründet wurde, und dass sich seine Agenten nicht über das Gesetz stellen oder sich dessen Zugriff entziehen.
    Das Bureau of Investigation befasst sich nicht mit den politischen oder sonstigen Ansichten von Individuen. Es befasst sich einzig und allein mit ihrem Verhalten, und auch nur dann, wenn dieses nicht im Einklang mit den Gesetzen der Vereinigten Staaten steht. Ein Polizeisystem, das diese Grenzen überschreitet, wird zur Gefahr für die eigene Rechtsverwaltung und für die Freiheit des Menschen, die zu verteidigen unser größtes Anliegen sein sollte. Doch innerhalb seiner Befugnisse soll es zu Recht ein Instrument der Abschreckung für Übeltäter sein.
    Am 10. Mai bestellte Harlan Fiske Stone J. Edgar Hoover zu sich, den stellvertretenden Leiter des gesetzlosen Bureau, der in sieben Monaten seinen 30. Geburtstag feiern würde. Das Haar glatt zurückgekämmt, den stämmigen Hals in einen engen Hemdkragen gezwängt, blickte Hoover zu dem über 1,90 Meter großen Stone empor. Dieser fixierte ihn mit seinen stahlharten Augen unter den dicken grauen Brauen und teilte ihm mit, er gewähre ihm eine Probezeit.
    Bis auf Widerruf, so Stone, werde Hoover auf Interimsbasis als geschäftsführender Direktor des Bureau of Investigation fungieren. Er solle Stone direkt unterstellt sein. Die Spielregeln hätten sich allerdings geändert.
    Die Behörde werde von nun an nur noch Verstöße gegen das Bundesrecht verfolgen. Die politischen Protegés und Erpresser sollten umgehend gefeuert werden. Keine mitternächtlichen Einbrüche ins Kapitol mehr. Keine Geheimaktionen. Keine Massenverhaftungen. Das Bureau sei nicht länger ein Instrument der politischen Kriegsführung. Er sei nicht mehr im Spionagegeschäft tätig. Hoover akzeptierte.
    Stone stellte seine Bedingungen klar, und er machte sie öffentlich. Er habe es nicht eilig, erklärte er der Presse. Er wolle Hoover auf die Probe stellen. Er wolle den richtigen Mann für diesen Posten. Und bis er diesen Mann gefunden habe, werde er das Bureau selbst leiten.
    Harlan Fiske Stone blieb neun Monate, ehe er zum Obersten Gerichtshof wechselte. Hoover blieb achtundvierzig Jahre.

7
    »Sie hatten uns die ganze Zeit im Visier«
    Das Überleben des Bureau – und seine Wiederbelebung als Geheimdienst – hing von Hoovers politischem Geschick ab, seiner stoischen Geduld, seinem eisernen Willen. Mit der Zeit wurde der Mann zur Institution. Für den Rest seines Lebens sollten er und das FBI allen politischen Stürmen trotzen. Er verlor nie den Glauben daran, dass das Schicksal der Nation von ihm und seiner Arbeit abhing. Und er behielt stets seine Feinde im Auge.
    Während Hoover immer noch seine Probezeit als geschäftsführender Direktor des Bureau ableistete, erhielt Justizminister Stone eine Warnung von seinem guten Bekannten Roger Baldwin, dem Vorsitzenden der American Civil Liberties Union (ACLU), der Amerikanischen Bürgerrechtsunion. Baldwin kam aus einer amerikanischen Patrizierfamilie, deren Wurzeln sich 300 Jahre zurück bis zur Mayflower verfolgen ließen. Das Bureau hatte wegen politischer Subversion

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