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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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die Öffentlichkeit gelangen. Doch die »Offiziell-und-vertraulich«-Akten, die Hoover führte, waren sein ganz persönlicher Besitz. Fünfzig Jahre lang blieben sie ein ungehobener Schatz an Geheimnissen. Seine Möglichkeiten, Umstürzler auszuspionieren, hingen davon ab, dass Geheimhaltung bewahrt wurde und nichts an die Öffentlichkeit drang: keine dicken Schlagzeilen, sondern lieber vertrauliche Akten. Obwohl ständig in Gefahr der Entdeckung, gaben Hoover und seine Behörde die intensive Überwachung der amerikanischen Kommunisten nicht auf.
    »Dafür sorgen, dass höchste Geheimhaltung gewahrt wird«
    Justizminister Stone hatte Hoover aufgetragen, sich auf den Gesetzesvollzug zu beschränken. Er hatte Hoover mehrmals gefragt, nach welchen Bundesgesetzen Kommunismus gesetzwidrig sei. Es gab keine. »Die Aktivitäten der Kommunisten und anderer Ultraradikaler stellen bis zum jetzigen Zeitpunkt keinen Verstoß gegen das Bundesrecht dar«, schrieb Hoover am 18. Oktober 1924. »Daher hat das Justizministerium theoretisch auch kein Recht, bei solchen Aktivitäten zu ermitteln.« [106]  
    Das Bureau of Investigation hatte keine Befugnis, einen politischen Krieg zu führen. Das Spionagegesetz aus dem Ersten Weltkrieg war jetzt, nach Kriegsende, null und nichtig. Das einzig verbliebene Bundesgesetz gegen Aufwiegelung, das noch aus der Zeit des Bürgerkriegs stammte, erforderte den Beweis eines geplanten gewaltsamen Sturzes der Regierung. Das Bureau hatte aber vor amerikanischen Gerichten nie zufriedenstellend beweisen können, dass amerikanische Kommunisten sich zu diesem Zweck verschworen hatten. Ein noch älteres Gesetz, der Logan Act von 1799, verbot es Amerikanern, mit dem Ausland zum Zweck einer feindlichen Verschwörung gegen Amerika zu kommunizieren. Die Kommunisten in den Vereinigten Staaten standen eindeutig in Kontakt mit ihren ideologischen Lehrmeistern in Moskau. Aber die diplomatische Anerkennung Russlands war nie vom Kongress verabschiedet worden – nach amerikanischem Recht war Russland offiziell kein Staat – und der Logan Act daher nicht anwendbar. Hoover besaß keine rechtliche Grundlage. Was seinen Kampf gegen den Kommunismus betraf, hatte Hoover seine Befugnisse bis an die Grenzen und darüber hinaus strapaziert.
    Die Ansprüche des Justizministers hatte er jedoch erfüllt. Am 10. Dezember 1924 teilte ihm Stone mit, dass er die Probezeit bestanden habe. Hoover würde Direktor des Bureau of Investigation werden.
    Bemerkenswerterweise stieß Hoover in derselben Woche auf eine rechtliche Grundlage für geheimdienstliche Ermittlungen gegen die amerikanische Linke. Sie befand sich versteckt in einer acht Jahre alten Haushaltsvorlage des Justizministeriums. 1916 hatte die Regierung Wilson, auf der Hut vor ausländischen Diplomaten, die womöglich in Geheimdienstaktivitäten verwickelt waren, angefangen, mit Agenten des Bureau die Deutsche Botschaft abzuhören. Die Regierung hatte in die Vorlage des Justizministeriums eine Zeile eingeschmuggelt, die das Bureau ermächtigte, »offizielle Angelegenheiten unter der Leitung des Justizministeriums und des Außenministeriums « zu untersuchen. Der Entwurf wurde zum Gesetz, dessen Bestimmungen nach wie vor galten. [107]   Als der Senat 1924 über die Anerkennung der Sowjetunion beriet, bat Außenminister Charles Evans Hughes Hoover um einen Bericht über Moskaus Einfluss auf die amerikanischen Kommunisten. Hoover lieferte fast 500 Seiten, auf denen er detailliert ausführte, dass der sowjetische Kommunismus versuche, das amerikanische Leben in jeder Hinsicht zu infiltrieren.
    Er verwies darauf, dass ihm die fortgesetzten diplomatischen und politischen Kontroversen das Recht gaben, Ermittlungen gegen den Kommunismus in den Vereinigten Staaten anzustellen. Hoover stützte sich auf ein Satzfragment, um seinen Geheimdienst zu rechtfertigen.
    Harlan Fiske Stone wechselte nun zum Obersten Gerichtshof, wo er bis zu seinem Lebensende blieb und zum Vorsitzenden Richter aufstieg. Er behielt Hoover im Auge, und das wusste der neue Direktor. Also musste sich Hoover an Stones Vorgaben halten. Wenn er das Bureau aus dem Trümmerhaufen, den er geerbt hatte, neu aufbauen wollte, durfte er nicht den leisesten Verdacht wecken, Gesetze zu brechen.
    »Wir können uns keinen öffentlichen Skandal leisten«, schrieb Hoover in einer »persönlichen und vertraulichen« Mitteilung, die im Mai 1925 an alle Special Agents ging. »Ich bemühe mich, das Personal des Bureau vor der

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