FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
antwortete der japanische Botschafter, er habe entdeckt, dass die Vereinigten Staaten tatsächlich »einige unserer Codes« lesen können. Aber er wusste nicht, welche. Unvorsichtiger- und unerklärlicherweise benutzte Japan weiterhin das Purple-System. Und die Magic-Dechiffrierung ging weiter. Den wenigen Amerikanern, die die Botschaften lesen durften, gefror das Blut in den Adern. Zu ihnen zählten der Präsident, der Kriegs- und der Außenminister sowie die Chefs der Nachrichtendienste von Heer und Marine. Keinen Zugang hatten hingegen Konteradmiral Husband J. Kimmel, der Kommandeur der Pazifikflotte, Generalleutnant Walter J. Short, Heereskommandant in Hawaii, und J. Edgar Hoover.
Dass es nicht gelang, Magic zu analysieren und seine Geheimbotschaften in einen Schlachtplan umzusetzen, sollte sich als verhängnisvoll erweisen. Informationen zu sammeln ist eine Sache. Die Abstimmung – das Erstellen eines Gesamtbilds – etwas ganz anderes. Das Heer verschwieg der Marine, was es wusste, und auch die Marine behielt ihre Erkenntnisse für sich. Und Hoover erfuhr von beiden nichts.
Roosevelt hatte gewollt, dass die nachrichtendienstlichen Aufgabenbereiche aufgeteilt wurden. Das war geschehen, und es sollte viele Jahre lang so bleiben.
Im Mai 1941 hatte Magic enthüllt, dass Japan in der westlichen Hemisphäre ein ausgeklügeltes Spionagenetzwerk aufbaute, weil es mit einem globalen Krieg rechnete. Von Tokio ging die Order nach Washington, in einer landesweiten Anstrengung politische, wirtschaftliche und militärische Nachrichten zu sammeln und dabei »US-Bürger ausländischer Abstammung (Nichtjapaner), Ausländer (Nichtjapaner), Kommunisten, Neger, Gewerkschaftsmitglieder und Antisemiten« einzusetzen, die Zugang zu amerikanischen Regierungs-, Wissenschafts-, Fertigungs- und Transporteinrichtungen hatten.
»Im Falle eines Kriegseintritts der Vereinigten Staaten verlagern wir unsere nachrichtendienstliche Organisation nach Mexiko, das dann zur Schaltzentrale unseres nachrichtendienstlichen Netzwerks wird«, heißt es in der Order weiter. »Im Vorgriff auf eine solche Eventualität treffen Sie Vorkehrungen für ein in den USA und Mexiko angesiedeltes internationales nachrichtendienstliches Netzwerk, […] das Brasilien, Argentinien, Chile und Peru umspannt.« Berichte japanischer Spione und Geheimagenten in Amerika, die im Mai 1941 nach Tokio zurückflossen, offenbarten die Bewegungen amerikanischer Schiffe und Flugzeuge auf und über dem Pazifik, Pläne zur Infiltration militärischer Fertigungsanlagen und Versuche, Japano-Amerikaner der zweiten Generation, die bei der US-Armee dienten, als Spione anzuwerben. Am Ende des Sommers bemühte sich Tokio um Informationen über den genauen Standort amerikanischer Kriegsschiffe und Flugzeugträger in Pearl Harbor.
FBI, Heer und Marine besaßen jeweils Teile dieses Informationspuzzles, doch niemand fügte sie zusammen. Keiner sah einen Angriff gegen amerikanische Stützpunkte im Pazifik kommen. Die Amerikaner blickten starr in die andere Richtung.
Am 27. Mai 1941 rief Präsident Roosevelt den »unbefristeten nationalen Notstand« aus, was er vorrangig mit einem drohenden Angriff der Nazis auf den amerikanischen Kontinent begründete. Umringt von Botschaftern und Ministern aus der gesamten westlichen Welt hielt er seine Ansprache im Weißen Haus.
»Wir stehen vor kalten, harten Tatsachen«, erklärte der Präsident.
»Die erste und fundamentale Tatsache ist, dass das, was als europäischer Krieg begonnen hat, sich zu einem Weltkrieg um die Weltherrschaft entwickelt hat, wie es die Nazis schon immer beabsichtigt hatten«, fuhr Roosevelt fort. »Für uns alle ist unmissverständlich klar, dass die westliche Hemisphäre in Reichweite der Vernichtungswaffen der Nazis gerät, wenn der Vormarsch des Hitlerismus jetzt nicht gewaltsam aufgehalten wird.«
Deutsche Torpedos versenkten Handelsschiffe im Atlantik. »Die Kontrolle oder Besetzung der Inseln im Atlantik durch Nazi-Streitkräfte«, so Roosevelt, bedrohe »letztlich die Sicherheit des US-amerikanischen Festlands«.
Der Präsident warnte, Hitler könne bald »die Inselvorposten der Neuen Welt – die Azoren und die Kapverdischen Inseln« kontrollieren. Von den Kapverdischen Inseln aus, die an den wichtigen Schiffsrouten des Südatlantiks lagen, sei »Brasilien mit Bombern oder Truppentransportflugzeugen in sieben Stunden« zu erreichen. »Der Krieg nähert sich den Rändern der westlichen Hemisphäre«, sagte
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