FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Einbruchdiebstahl erwies sich als echter Glücksgriff. Adams besaß Notizbücher, deren Inhalt den FBI-Agenten auf den ersten Blick wenig sagten. »Er war im Besitz eines Dokuments, in dem von einer bestimmten Sorte Wasser die Rede war«, berichtete FBI Special Agent Donald Shannon sechs Jahrzehnte später in einem Zeitzeugeninterview; er war Mitglied der Abteilung für Sowjetspionage gewesen. »Wir wussten nicht recht, was wir mit der Information anfangen sollten, also übergaben wir sie zur Beurteilung an die Atomenergiekommission.« Den Experten verrieten die Aufzeichnungen jedoch intime Kenntnisse hochtechnischer und streng geheimer Phasen des Manhattan-Projekts, auch zu laufenden Forschungsarbeiten in den Labors von New York und Chicago. In den Aufzeichnungen ging es um schweres Wasser, ein zentraler Bestandteil der Geheimforschung zur Bombe in den Vereinigten Staaten.
»Man teilte uns mit, dass die Person, die im Besitz dieser Unterlagen war, damit zweifellos Informationen über Amerikas Atomforschung besaß«, erinnerte sich Shannon. [176]
Adams wurde bald nach dem Foreign Agents Registration Act in New York vor ein Bundesgeschworenengericht gestellt – und das Außenministerium ordnete seine Abschiebung an.
Achtzehn Monate waren verstrichen seit dem ersten Hinweis des FBI, dass Stalins Spione versuchten, die Bombe zu stehlen. Nun lag das zweite Indiz vor.
Hoover wusste in groben Zügen, worum es beim Manhattan-Projekt ging. Das Kriegsministerium hatte ihn in die eigene Suche nach Spionen in Los Alamos eingeweiht. Allmählich begriff er, dass der Besitz der Bombe nicht nur kriegsentscheidend war. Es ging um den Fortbestand der Nation nach dem Krieg.
Hoover und seine Berater hatten, nicht allzu lange vor Pearl Harbor, die Kriegsziele des britischen Nachrichtendienstes beschrieben – es ging darum, »am Ende des Krieges in der Lage zu sein, die Welt zu ordnen«. [177] Hoover aber glaubte, nur den Vereinigten Staaten stünde diese Rolle rechtmäßig zu. Der alleinige Besitz der Bombe sei ein Schlüssel für ihre Vormachtstellung. Und Hoover war überzeugt, dass nur das FBI die Geheimhaltung und die nationale Sicherheit Amerikas garantieren könne.
Die entscheidenden Schlachten sollten noch kommen. Doch Hoovers Ringen um die Kontrolle über den amerikanischen Nachrichtendienst hatte begonnen. Er schickte sich an, den Verlauf des Kalten Krieges für die Regierung der Vereinigten Staaten zu bestimmen.
III
Kalter Krieg
Präsident Kennedy und sein Bruder, der Justizminister, bemühten sich um die Kontrolle von Hoovers Macht, die ihm aufgrund seiner geheimdienstlichen Erkenntnisse zugewachsen war.
16
Keine Gestapo
Die ersten Februartage 1945 verbrachte Präsident Roosevelt im Liwadija-Palast, der Sommerresidenz von Nikolaus II., dem letzten russischen Zaren. Die im Krieg zerstörten Dörfer des Krimgebirges ringsum waren von Schnee bedeckt.
Roosevelt traf in Jalta mit Churchill und Stalin zusammen, um die Geschicke der Welt für die Zeit nach dem Krieg zu regeln. Sie alle glaubten, wie Churchill sagte, dass »das Recht, den Gang der Geschichte zu lenken, der edelste Siegespreis ist«. [178]
Derweil titelten zu Hause die großen, von Roosevelts politischen Erzfeinden geleiteten Tageszeitungen: »Projekt für U.S.-Superspione […] Super-Gestapo-Behörde […] möchte FBI übernehmen«. Da standen schwarz auf weiß Donovans Pläne für einen weltumspannenden Nachrichtendienst. Ein Folgeartikel begann so: »Der Vereinigte Generalstab hat Brigadegeneral William J. Donovan den Krieg erklärt.« [179]
Fünfzehn Kopien von Donovans Plan kursierten in höchsten Regierungskreisen, eine ging auch ans FBI. Die wahrscheinlich undichte Stelle war der Leiter des Kartenraums, der Nachrichtenzentrale im Weißen Haus, Oberst Richard Park Jr.
Der Oberst arbeitete für den Präsidenten an einem vernichtenden Bericht über Donovan und den OSS. Er hatte Franklin D. Roosevelt nach Jalta begleitet, war aber von dort weiter durch Europa und Nordafrika gereist und hatte mit Generälen und Nachrichtendienstoffizieren an der Front gesprochen. Oberst Park verdankte seine Karriere dem Chef des Nachrichtendiensts des Heeres, dem herrischen, doppelzüngigen General George Veazey Strong, der Hoover respektierte und Donovan seit jeher verabscheute. Dass Donovans Plan durchsickerte, ging wohl auf Strongs Einfluss zurück. Derartiges hätte sonst nur einer veranlassen können, und das war der Präsident
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