FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
persönlich.
Am 4. April 1945 traf Roosevelt seine letzten Verfügungen zur Zukunft des amerikanischen Nachrichtendienstes. Erschöpft hatte er sich nach Warm Springs, Georgia, zurückgezogen, wo er Erholung für Körper und Seele suchte. Von dort schrieb er an Donovan und befahl ihm, seine Verbündeten und Feinde zusammenzutrommeln und eine Vereinbarung auszuhandeln. Acht Tage später erlag er im Alter von sechsundsechzig Jahren einer Hirnblutung. Bis zum Sieg in Europa waren es noch vier Wochen.
Die Nachricht vom Tod des Präsidenten traf an einem schönen Frühlingsnachmittag gegen 17 Uhr in Washington ein. Auf höchster Regierungsebene verbreitete sie sich wie ein Lauffeuer.
Während die Drähte glühten, führte Justizminister Biddle ein intensives Gespräch mit Außenminister Edward R. Stettinius Jr. und Marineminister James V. Forrestal. Sie erörterten die Vorteile eines neuen nationalen Nachrichtendienstes unter Leitung von J. Edgar Hoover.
Als Hoover vom Tod des Präsidenten erfuhr, ließ er sich sofort die FBI-Akten zu Harry S. Truman kommen.
Den Vizepräsidenten überraschte die Nachricht bei seinem traditionellen 17-Uhr-Bourbon mit Freunden in einem nicht näher bezeichneten Refugium im Kapitol, woraufhin er sich umgehend ins Weiße Haus begab. Man suchte eine Weile nach einer Bibel, dann vereidigte ihn der Oberste Richter Harlan Fiske Stone als Obersten Befehlshaber der mächtigsten Nation der Welt. Es war ein Augenblick überwältigender Angst und Trauer. Truman sagte, er fühle sich, als seien der Mond und die Sterne und die Planeten auf ihn herabgestürzt. Das Amt des Vizepräsidenten hatte er erst seit 82 Tagen inne. Er war ein kleines Rädchen im politischen Getriebe von Kansas gewesen, ehe er als Senator von Missouri nach Washington ging. Truman brachte ein gerüttelt Maß gesunden Menschenverstand mit ins Weiße Haus, eine Menge Mut sowie die Fähigkeit, Entscheidungen aus dem Bauch heraus zu treffen und auch einmal nein zu sagen. Aber er ahnte nichts von den Geheimnissen der amerikanischen Regierung.
Freitag, der 13. April 1945 war sein erster Tag im Amt. Er verbrachte den Vormittag mit Kriegsminister Stimson und Außenminister Stettinius, seinen Militärchefs und Roosevelts militärischem Berater Admiral Leahy im Oval Office und erhielt seine ersten Lektionen in der Ausübung präsidialer Macht. Dann begab sich Truman in den Kartenraum, wo Oberst Park ihm seinen Bericht über die Leistungen von »Wild Bill« Donovan während des Kriegs übergab. Der Bericht war ein von Hoover und der Army geschliffener Dolch. Darin heißt es, die Offiziere des OSS hätten der nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten schweren Schaden zugefügt. Ihre Unfähigkeit »macht ihren Einsatz als Geheimdienst in der Nachkriegswelt unvorstellbar«.
In einem Begleitschreiben an Truman mit dem Vermerk Top Secret – eine Kopie davon gelangte irgendwie in Hoovers Akten – riet Oberst Park dem neuen Präsidenten, »drastische Maßnahmen« gegen den OSS zu ergreifen, »ihn ganz abzuschaffen und seine besseren Leute dahin zu versetzen, wo sie etwas ausrichten können«. Der letzte Satz lautete: »Vor allem sollte General Donovan abgelöst werden.« [180]
An jenem Tag begann die Initiation von Harry S. Truman in die Welt der Geheimwaffen, der Geheimdienste und der Geheimoperationen der Vereinigten Staaten. Es war eine Reise vom Land der Unschuld in ein Land der Erfahrung.
»Das muss aufhören«
Es dauerte zehn Tage, bis J. Edgar Hoover am 23. April 1945 zu einer kurzen Unterredung mit Truman ins Weiße Haus vorgelassen wurde. Er machte einen schlechten Eindruck auf den Präsidenten.
Hoover versuchte erst einmal, den Präsidenten in die geheime Welt des FBI einzuweihen. Der Präsident wusste noch nichts von der Existenz der Atombombe und noch weniger von der Verschwörung der Sowjets, die Baupläne zu stehlen. Auch ahnte er nichts von dem politischen Krieg, den Roosevelt genehmigt hatte, indem er sein Plazet zu Hoovers willkürlichen Abhöraktionen gab. Und über die Auslandsoperationen des FBI und Hoovers Plan, sie weltweit auszudehnen, war er ebenfalls nicht im Bilde.
Truman holte bald Harry Vaughan dazu. Vaughan war seit dem gemeinsamen Einsatz im Ersten Weltkrieg einer seiner engsten Freunde. Der Präsident ernannte ihn zu seinem persönlichen militärischen Berater und beförderte ihn zum Brigadegeneral.
Wenn Hoover dem Weißen Haus künftig etwas mitzuteilen habe, erklärte Truman, solle er
Weitere Kostenlose Bücher