FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
wesentliches Detail: Roosevelt hatte ihn angewiesen, die Abhöraktionen auf ein Minimum zu reduzieren und sie, soweit als möglich, auf Ausländer zu beschränken. Clark nickte den Brief ungelesen ab und schickte ihn nach dem Unabhängigkeitstag, dem 4. Juli, unter seinem eigenen Namen an Präsident Truman weiter. Truman gab seine Zustimmung. Zwei Monate nach der Amtsübernahme Trumans besaß Hoover erneut die Vollmacht, nach eigenem Gutdünken Gespräche zu belauschen. Der Justizminister beschloss, fortan wegzusehen, wenn das FBI Telefone anzapfte, Räume verwanzte oder Einbruchdiebstahl beging. Er wollte nicht wissen, was Hoover jenseits der Grenzen von Recht und Gesetz anstellte. [185]
Der Präsident beschäftigte sich in derselben Woche noch einmal mit den Machtbefugnissen des FBI. Er genehmigte für sechs weitere Monate Gelder aus dem Geheimfonds des Weißen Hauses für den Special Intelligence Service des FBI, machte aber keinen Hehl aus seinem Widerwillen. Seinem Etatdirektor Harold Smith erklärte er, dass »das FBI auf die Vereinigten Staaten beschränkt« werden müsse und »so schnell wie möglich zurückgestutzt werden sollte«. [186]
Truman vertraute Smith. Der Präsident wandte sich an ihn, um zu erfahren, was in der Regierung tatsächlich vorging. Der Etatdirektor wusste alles über die geheimen Geldtöpfe des Weißen Hauses, mit denen Roosevelt die Undercover-Operationen der Vereinigten Staaten im Zweiten Weltkrieg finanziert hatte. Der Kongress, dem Truman angehört hatte, ahnte nichts von den Mitteln, obwohl laut Verfassung der Präsident ohne Zustimmung der Volksvertreter keinen Penny ausgeben darf. Smith aber wusste genau, was Roosevelt aus dem Finanzministerium abgezweigt hatte – nicht nur zig Millionen Dollar pro Jahr für die Spionage, sondern auch zwei Milliarden Dollar für das Manhattan-Projekt, also für den Bau der Atombombe.
»Eine neue Waffe von außergewöhnlicher Zerstörungskraft«
Truman trat am 7. Juli 1945 auf dem Kreuzer Augusta seine erste Europareise seit dem Ersten Weltkrieg an. Acht Tage später begrüßte ihn in Antwerpen General Dwight D. Eisenhower, der Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte. Gemeinsam reisten sie über Land nach Brüssel und flogen nach Berlin, einst die viertgrößte Stadt der Welt. Amerikanische und britische Militärbomber hatten Berlin in Schutt und Asche gelegt, und was danach noch übrig war, hatten die Sowjets zerstört. Am 16. Juli fuhr Truman mit einer Wagenkolonne durch die Stadt. Die Ruinen stanken nach Tod. Leichen verwesten in den Trümmern, und verwilderte Hunde nagten an Menschenknochen. Eine Zivilisation befand sich im Zusammenbruch.
»Ich dachte an Karthago, Baalbek, Jerusalem […]«, schrieb Truman in sein Tagebuch. »Ich hoffe auf eine Art Frieden – aber ich fürchte, dass die Maschinen der Moral um einige Jahrhunderte voraus sind, und wenn die Moral aufgeholt hat, wird es keinen Grund mehr für sie geben.« In Berlin war es Nachmittag, in Amerika früher Morgen. Über der Wüste bei Alamogordo, New Mexico, wurde eine Explosion in Gang gesetzt, die heller leuchtete als der Feuerball der aufgehenden Sonne.
Truman traf mit Churchill und Stalin westlich von Berlin in Potsdam zusammen, das von der Roten Armee besetzt war. Sie konferierten im Schloss Cecilienhof, der einstigen Sommerresidenz des Kronprinzen Wilhelm vom Preußen. Truman wusste nicht so recht, wie er mit seinen gewaltigen Machtbefugnissen umgehen sollte. Der einundsiebzigjährige Churchill schien gealtert und erschöpft; noch in derselben Woche wurde er als Premierminister abgewählt. Stalin gab sich gelassen und war schwer zu durchschauen. Truman notierte in sein Tagebuch: »Onkel Joe sah müde und abgehärmt aus, und der Premierminister schien nicht mehr weiterzuwissen.«
Am nächsten Tag erhielt der Präsident Nachricht aus New Mexico. Am Abend erschien er mit vergnügter Miene bei Stalins Bankett.
Auf der siebzehntägigen Potsdamer Konferenz wurde eine große Frage entschieden: Die Bombe würde auf Japan fallen. Truman und Churchill tagten am 24. Juli um 11. 30 Uhr mit ihrem Generalstab. Am Spätnachmittag nahm Truman Stalin beiseite.
»Ich erwähnte gegenüber Stalin nebenbei, wir hätten eine neue Waffe von außergewöhnlicher Zerstörungskraft«, schrieb Truman in seinen Memoiren. »Der russische Premier zeigte kein besonderes Interesse. Er sagte nur, er freue sich, das zu hören, und hoffe, wir würden ›gegen die Japaner guten Gebrauch
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