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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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es Vaughan sagen. Dann ließ er die beiden allein.
    Hoover und Harry Vaughan, ein plumpvertraulicher politischer Drahtzieher mit einer Vorliebe für Bourbon und derbe Witze, verstanden sich prächtig. Der FBI-Direktor plauderte intime Details aus dem Privatleben von Roosevelts innerstem Zirkel aus. Er bot an, eine »Sicherheitsstudie für das Weiße Haus« zu liefern, um zu prüfen, wer loyal zu Truman stehe und wer nicht. Und er überließ Vaughan Mitschriften von Gesprächen unter den Machern in Washington.
    »Ich sagte: ›Was zum Teufel ist das?‹, und die sagten: ›Das ist ein Abhörprotokoll zu So-und-So‹«, erinnerte sich Vaughan.
    »Harry fragte: ›Was ist das für ein verdammter Mist?‹
    Ich sagte: ›Das ist ein Abhörprotokoll.‹
    Darauf er: ›Sorg dafür, dass das aufhört. Erklär dem FBI, dass wir für solchen Scheiß keine Zeit haben.‹« [181]  
    Präsident Truman nahm sich doch die Zeit. Hoovers Berichte nährten in ihm nämlich den Verdacht, dass das Weiße Haus eine Schlangengrube sei. Standen Roosevelts Berater loyal zu ihm? Konnte Truman ihnen vertrauen?
    Hoover lieferte eine neu angelegte Akte über einen Berater des Weißen Hauses, der unter Verdacht stand, Geheimnisse an die Presse durchsickern zu lassen: Edward Prichard, der einstige Mitarbeiter von Hoovers Erzfeind, dem Richter am Obersten Gerichtshof und Gründer der American Civil Liberties Union Felix Frankfurter. Vaughan informierte Hoover umgehend, der Präsident habe den Bericht über Prichard mit großem Interesse gelesen und wünsche »künftige Mitteilungen in dieser Richtung […] wann immer sie Ihrer Meinung nach notwendig sind«. [182]  
    Hoover ließ Prichard abhören. Der Lauschangriff lieferte bald Mitschriften seiner Gespräche mit Richter Frankfurter – der erste von zwölf Richtern des Supreme Court, der in FBI-Abhörprotokollen auftauchte. Die Überprüfung von Prichards Loyalität führte auch dazu, dass der einflussreiche Kolumnist Drew Pearson und der politisch bestens vernetzte Anwalt Tommy Corcoran, beide aus Washington, abgehört wurden. Alle vier übten scharfzüngige Kritik an dem neuen Präsidenten. Ein zweiter Truman-Berater – Ed McKim, auch er ein Kumpel aus Kansas City – berichtete dem FBI, der Präsident sei hinreichend beeindruckt. All das geschah innerhalb von sieben Wochen nach Trumans Vereidigung. Und es erfolgte im Namen des Präsidenten, um undichte Stellen zu schließen und politischen Klatsch zu belauschen. Vaughan hatte Hoover informiert, falls das FBI sich bei gesetzeswidrigen Handlungen erwischen lasse, müsse es das alleine ausbaden. Das Weiße Haus werde leugnen, auch nur das Geringste von den illegalen Lauschangriffen gewusst zu haben.
    Truman mochte einen gewissen Geschmack an politischen Geheimoperationen gefunden haben, aber er traute Hoover nicht. Am 4. Mai 1945 erklärte er dem Etatdirektor des Weißen Hauses, Harold D. Smith, er fürchte, Hoover sei im Begriff, »eine Gestapo aufzubauen«. Diese Formulierung wählte er bei mehreren Gelegenheiten. Das Wort hatte einen gewissen Nachhall in der Woche, als Adolf Hitler in seinem Bunker Selbstmord beging und das Dritte Reich zusammenbrach. »Wir wollen keine Gestapo, keine Geheimpolizei«, notierte Präsident Truman am 12. Mai in sein Tagebuch. »Das FBI tendiert in diese Richtung. Sie versuchen es mit Sexskandalen und schlichter Erpressung […] Das muss aufhören .« [183]  
    Es hörte nicht auf. Zwei Wochen später befand der von Misstrauen geplagte Präsident, er könne seinem Justizminister Francis Biddle nicht trauen. Er setzte ihn kurzerhand ab. Dies zählt zu den weniger ruhmreichen Entscheidungen seiner Präsidentschaft. Biddle tat sich anschließend beim Kriegsverbrecherprozess in Nürnberg hervor. Truman ersetzte ihn durch den blassen Parteisoldaten Tom Clark, einen professionellen Erdöllobbyisten aus Texas, der als Antitrustexperte ins Justizministerium gekommen war und sich bis zum Leiter der Abteilung für Strafrecht hochgearbeitet hatte. Viele Jahre später kam Truman zu dem Schluss, Clark sei kein schlechter Mensch gewesen – nur »ein dämlicher Mistkerl«. [184]  
    Hoover hatte dies von Anfang an geahnt. Nach Tom Clarks Amtsantritt am 1. Juli bereitete der FBI-Chef sofort einen Brief vor, den der neue Justizminister an den Präsidenten weiterleiten sollte. Das Schreiben besagte, Roosevelt habe Hoover die Befugnis erteilt, ohne richterliche Anordnung Telefone abzuhören. Aber Hoover verschwieg ein

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