FebruarNachtsTraum
Tag, an dem ich zum Zahnarzt musste, die Nacht im Krankenhaus, Valentinstag mit dem tollen, aufgewärmten, chinesischen Essen, natürlich auch Fasching, aber nicht nur, sondern auch die Abende auf dem Sofa, seine Hilfe bei der Arbeit. Unser letzter Kuss. Das letzte Mal, als er meinen Namen ausgesprochen hat. Unsere letzte Berührung. Glaubt er, er kommt hiermit so einfach davon? Wir sind noch nicht fertig miteinander! Das kann es nur heißen.
Genau deshalb nehme ich plötzlich die Beine in die Hand. Ich werfe das Buch aufs Bett, springe auf und renne aus der Wohnung.
»Kinder, ist das wieder aufregend!«, ruft Mama, als ich an ihr vorbeizische und droht allen Ernstes, in Ohnmacht zu fallen. Während meine Oma ruft: »Warte auf mich, Lizzy! Ich will das Beste nicht verpassen!«
Ich denke nicht an die richtige Kleidung. Winterstiefel sind völlig überbewertet, solange ich Hauspantoffeln anhabe. Was kümmert mich, ob ich einen Schlüssel dabei habe? Alexander ist erst vor fünf Sekunden weg und er kann noch nicht weit sein.
Als ich die letzte Treppenstufe nehme, steigt Alexander gerade in seinen Wagen, diesen fetten SUV, das Gangsterauto. Alle seine Sachen sind bereits verstaut. Er lässt den Motor an. Unsere Augen begegnen sich im Rückspiegel und mir wird warm unter diesem intensiven Blick. Die Art Wärme, die ich bei unserer ersten Begegnung gespürt habe.
Verzweifelt rufe ich nach Alexander, dass er warten soll. Ich kreische, ich tobe, ich winke aufgeregt. Ich sorge für richtig Lärm im Wedding und es ist mir schnurzpiepegal, denn einmal darf ja wohl auch ich hier im Bezirk ganz großes Theater veranstalten.
Einer türkischen Großfamilie fällt die Kinnlade herunter, zwei Afrikaner feuern mich an und ein Berliner Urgestein gibt auch noch seinen Senf dazu und bietet sich an, mich zu heiraten, falls es sich der Typ nicht anders überlegt.
Alles umsonst. Alexander schert aus der Parklücke aus, fädelt sich in den Samstagsverkehr aus Ausflüglern und Wochenendeinkäufern ein und ist weg. Puff!
Fassungslos starre ich ihm hinterher. Erst dem Wagen, dann dem kleiner werdenden Punkt, dann der Luft, die sich um die Stelle legt, an der er eben noch gestanden hat. Unsere Entscheidung mag die Klügste gewesen sein. Aber zum Teufel mit diesem Schlaumeier! Weise war sie nicht.
»Lizzy, Sweetheart, komm wieder rein! Hier draußen ist es echt kalt.« Roman ist mir lachend gefolgt und legt mir eine Jacke um die Schultern. Dann steckt er auch meine Oma, die das ganze Spektakel mit offenem Mund verfolgt, in ihren Mantel.
»Wo ist mein Handy?« Schnee taut auf meiner Haut. Ich zittere, aber das liegt nicht an der Kälte. Roman reibt meine Arme und bugsiert mich Richtung Hauseingang.
»Sicher in deiner Wohnung. Wo sonst, Sweetheart?« Amüsiert kräuselt mein fester Freund seine Lippen.
Wie eine Irre hetze ich die Treppen hoch und sehe mich schnaufend nach meinem Handy um. Das gibt es nicht! Das hier ist ein Notfall! Verdammt nochmal. Wo hab ich es hingetan?
Ich massiere meine Schläfen, aber der Geistesblitz bleibt aus. »Kathi! Schnell! Ruf mein Handy an!«
Ungeduldig laufe ich auf und ab, während Katharina meine Nummer wählt. Dann bleibt mein Herz stehen. Und mit mir horchen alle anderen um mich herum ebenfalls auf.
Come on over have some fun, dancing in the morning sun …
Mein alter Klingelton. Mein Lieblingslied. Das, zu dem ich unter der Dusche gesungen habe. Und es kommt aus der Sofaecke.
… look into the bright blue sky, come and let your spirit fly …
»Hat dir der andere Song nicht gefallen?«, fragt Roman und seine Augen mustern mich lachend.
Nein, hat er nicht. So selten, wie er zu meiner Situation gepasst hat, aber das muss ich Roman nicht jetzt gestehen. Statt einer Antwort wühle ich mich durch zusammengelegte Bettdecken, dann durch die Couchgarnitur und schließlich klappe ich mein Sofa mit einem Ruck wieder auf. Nach einem Monat beherrsche ich die Technik fehlerfrei.
… livin' it up this brand new day, summer sun, it's time to play …
Das muss Alexanders Werk sein und mir wird noch wärmer. Kam nicht von ihm dieser bescheuerte Vorschlag, alles beim Alten zu belassen und so zu tun, als wäre nichts geschehen? Klingt so etwa 'nichts'?
… doing things that feel so good, get into the motion …
Da ist es endlich! In den Bettkasten gefallen. Mit zitternden Fingern schicke ich nur ein einziges Wort an meinem Ex-Bodyguard. Wütend. Unbeherrscht. Impulsiv. Typisch ich. Lügner!
»Puh!« Jetzt
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