FebruarNachtsTraum
Mittagspause erneut um fünfzehn Minuten überschreitet.«
»Als würde es jemand schaffen, eine vollwertige Mahlzeit in einer halben Stunde zu essen!« Durch die Fakten geschlagen stehe ich dennoch auf. Mir reichts!
Als wir die Kantine verlassen, ist die Stimmung seltsam. Sabine und Jan ziehen sich weiter gegenseitig auf meine Kosten auf. Normalerweise stört mich das nicht. Seit Roman weg ist, sitzt mein Hosenbund jedoch etwas enger. Ich werde jetzt nicht jammern. Aber ich fühle mich unwohl in meiner Haut.
»Einen Kaugummi?«, fragt Alexander.
»Lizzy nimmt nie …«, grölt Sabine schon los, bis ich mit einem Nicken zugreife.
»Alles gut?« Alexander beobachtet mich, während ich mich von Jan und Sabine höflich verabschiede.
Ich habe mich hinter meinem Miss Energy-Gesicht verschanzt und auf Vollautomatik gestellt. Nein, nichts ist gut. Bin ich vielleicht fresssüchtig? Sollte ich zu Weight Watchers gehen? Oder zu den anonymen Kuchen-Liebhabern?
Findest du mich eigentlich dick? Romans Status steht bei WhatsApp auf online und ohne Umschweife chatte ich ihn an, sobald ich wieder an meinem Arbeitsplatz sitze und mich mein Bildschirm vor Alexanders neugierigen Blicken beschützt.
Schreibt mir da noch die gleiche Elizabeth, die ich kenne und liebe? Oder sollte ich mir schnell einen Skype-Zugang suchen, um dich live zu sehen? Vlad fand dich auf der Berlinale fabelhaft.
Am Donnerstag gehen wir alle zu einem All You Can Eat , schreibe ich als Erklärung und checke parallel meine E-Mails, solange ich auf eine Antwort warte.
Ich hab noch nie gehört, dass jemand bei so einer Veranstaltung 20 Kilo zugenommen hat. Selbst du schaffst das nicht.
Aber zwei, oder drei … Ich versuche Roman sanft an die Wahrheit heranzuführen und kaue auf meinem Stift herum.
Stört mich nicht, Sweetheart. Das ist ganz normal.
Ich muss mir auf die Lippen beißen, um keinen ungläubigen Laut von mir zu geben und tauche noch tiefer hinter meinem Bildschirm ab. Das meint ausgerechnet der Typ, der seine Bauchmuskeln hegt und pflegt!
Wenn du jetzt nichts sagst, dann mach ich mir Sorgen. Ich vermiss dich, Elizabeth Schneider, mehr als du dir vorstellen kann.
Das süße Ziehen, das mich seit Tagen verfolgt, ist zurück. Nur dieses Mal wird es zum Glück vom richtigen Mann verursacht. Ich bade dankbar in dem Gefühl. Ich vermiss dich auch, Roman Bernstein, und du weißt, ich hab ein großes Vorstellungsvermögen.
☺ Natürlich weiß ich das. Aber vielleicht sollte ich ausführlicher werden?
Nur zu ☺
Ich vermisse deine verrückten Haare. Mir fehlt der Duft deiner Haut, wenn ich abends einschlafe. Ich träume vom deinem Lachen. Und am Morgen wünsche ich mir, ich könnte das Strahlen in deinen dunkelblauen Augen sehen und nicht Vladimir bei seinen Liegestütz … mehr?
Och, weißt du …☺ Je länger die Liebeserklärung wird, desto breiter wird mein Grinsen, ein echtes 1.000-Watt-Lächeln, wie es nur Miss Energy zustande bringt.
Dann hab viel Spaß, Lizzy und stell nichts Dummes an! Es ist ja nicht mehr lange, bis wir uns wiedersehen.
Ist gut, mache ich , schreibe ich, lege mein Handy unauffällig und lautlos beiseite und starre meinen Bildschirmschoner an. Nicht mehr lange? Existiert in China eine andere Zeitrechnung? Zwei von zwölf Wochen sind erst vorbei! Selbst die Halbzeit ist noch nicht in Sicht.
Nachdenklich knabbere ich auf meiner Unterlippe herum, bis mir Alexanders Blick auffällt.
Sobald er bemerkt, dass ich ihn erwischt habe, wendet er sich ab und sieht mir in die Augen. »Soll ich dir helfen?«, rettet er sich.
Ich schüttle schnell den Kopf, sodass sich ein paar Zotteln meiner Frisur lösen. Ein klassischer Fall von Haarsprayversagen. Seit wann beobachtet Alexander mich so aufmerksam? Unsere Blicke verbinden sich, als könnte jeder die Gedanken des anderen lesen.
Lange schaue ich ihn an und das Kribbeln auf meiner Haut kehrt zurück, dieses Mal eindeutig wieder von meinem Bodyguard ausgelöst. Ich kann noch so viel arbeiten oder zu noch so vielen All You Can Eats gehen, zehn verbleibende Wochen sind zehn verbleibenden Woche. Und mit jedem Tag gewöhne ich mich mehr an ein Leben ohne Roman und an das mit Alexander.
Nein! Mir ist nur auf eine Art zu helfen! Irgendwie muss ich die Hypnose auflösen. Vorzeitig. Bevor ein Unglück geschieht und ich meinen so hart erkämpften Mister Right verliere. Und dafür fällt mir ad hoc nur ein Weg ein.
»Ich muss mal kurz für kleine Mädchen …« Mit meinem Handy
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