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Feder im Sturm: Meine Kindheit in China (German Edition)

Feder im Sturm: Meine Kindheit in China (German Edition)

Titel: Feder im Sturm: Meine Kindheit in China (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Wu
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machte ihm noch etwas zu essen, legte die gewaschenen Kleider zusammen, bezog sein Bett und verabschiedete mich. Ihm standen Tränen in den Augen. »Ich werde dich nie vergessen«, sagte er. »Du hast ein großes Herz.«
    Mama suchte seit Jahren nach einer Möglichkeit, unseren Zwangsaufenthalt auf dem Land zu beenden. Sie und Papa hatten überlegt, ob er nicht bei der Anhui-Universität ein Gesuch auf Wiedereinstellung als Dozent einreichen sollte. Mama war beim Bezirk angestellt und konnte sich nicht bei einer anderen Arbeitseinheit bewerben, aber Papa gehörte offiziell zu keiner Einheit und zu keiner Organisation. Allerdings durfte nur Mama reisen. Papa schrieb ein langes Gesuch, in dem er seinen Fall darlegte und darum bat, politisch rehabilitiert zu werden und seine Arbeit in Hefei zurückzubekommen. Mehrmals war Mama nach Hefei gefahren und hatte sein Gesuch vorgelegt. Diese Reisekosten hatten unsere Haushaltskasse arg strapaziert, doch meine Eltern hielten dieses Opfer für gerechtfertigt. »Wir müssen nach jedem Strohhalm greifen, um von hier fortzukommen«, sagte Papa.
    Als ich wieder zu Hause war, schilderte ich meinen Eltern meine Erlebnisse in Nanjing und gab Papa den Brief. Entzückt las er ihn. »Vielleicht ist das die Fahrkarte, die uns hier rausbringt«, sagte er. So wurde beschlossen, dass Mama nach Peking fahren und Li Zhisui persönlich um Hilfe bitten sollte.
    Meine Mutter suchte ihn an einem glühend heißen Sommertag auf. Sie war bei einem Cousin in Peking untergekommen. Um Fahrtkosten zu sparen, legte sie die sechs Kilometer von seiner Wohnung bis zu Li Zhisuis Haus zu Fuß zurück. Erschöpft und durstig kam sie dort an. Als sie an die Tür klopfte, öffnete ihr die Frau des Arztes, die Cousine meines Vaters. Meine Mutter hatte sie schon mehrmals in Peking gesehen und erkannte sie sofort wieder. Doch die Frau starrte sie an wie eine Fremde.
    Lächelnd sagte Mama: »Ich bin die Frau von Wu Ningkun. Es ist lange her, seit wir uns zuletzt gesehen haben.«
    »Und wer, bitte, ist Wu Ningkun?«, fragte die Frau schroff.
    »Er ist dein Cousin«, erwiderte Mama. »Erinnerst du dich nicht an ihn? Und an mich?«
    Die Frau sah sie kühl an. »Ich habe dich noch nie in meinem Leben gesehen. Und ich habe keine Ahnung, wer Wu Ningkun ist. Du verschwindest wohl besser wieder.«
    »Aber ihr seid im selben Haus aufgewachsen, ihr habt im selben Hof miteinander gespielt. Daran musst du dich doch erinnern.«
    »Das muss ein Irrtum sein. Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
    »Aber … dein Vater ist der Onkel meines Mannes.«
    Der Blick der Frau war nicht nur eisig, es spiegelte sich auch Angst darin.
    »Meine Tochter hat sich in Nanjing um deinen Vater gekümmert. Sie war letzten Monat dort. Er hat ihr deine Adresse gegeben. Ich habe einen Brief von ihm für dich dabei.«
    Schweigen.
    Da tauchte Li Zhisui, Maos Leibarzt, hinter seiner Frau im Korridor auf. Mama erkannte ihn. »Dr. Li«, sagte sie und spähte über die Schulter seiner Frau. »Ich bin gekommen, um dich um Hilfe zu bitten.«
    Doch der Arzt schwieg nur und betrachtete sie mit einer Mischung aus Neugier und Besorgnis. Dann verschwand er wieder.
    Meine Mutter streckte der Frau den Brief entgegen, doch sie schlug Mamas Hand weg. »Geh jetzt lieber«, sagte sie, »sonst hole ich den Sicherheitsdienst.«
    Mama sank das Herz, und sie kämpfte mit den Tränen. »Kann ich ein Glas Wasser haben?«, fragte sie. »Ich hatte einen langen Weg hierher. Es ist heiß, und ich habe solchen Durst.«
    »Verschwinde endlich«, entgegnete die Frau.
    Nach einem letzten verzweifelten Blick drehte Mama sich um und ging.

Kapitel 44
    M ama gab nicht auf. Zwar kam sie mit leeren Händen aus Peking zurück, doch sie unternahm immer wieder Reisen nach Hefei. Unermüdlich legte sie den dortigen Funktionären Papas Fall dar und setzte sich für seine Wiedereinstellung an der Universität ein. Doch die Verantwortlichen an der Anhui-Universität reagierten ungehalten und lehnten seine Gesuche ab. Dann aber geschah ein Wunder: Einige mitfühlende Menschen in der Provinzregierung, die sich an Papa erinnerten und ihn schätzten, teilten Mama mit, dass an der Anhui-Lehrerhochschule in der Stadt Wuhu eine Dozentenstelle frei war. Ende 1973 erfuhr Papa, dass er die vakante Stelle erhalten würde.
    Rasch widmeten sich meine Eltern dem für unseren Umzug notwendigen Papierkram. Jedes einzelne Formular musste von der gesamten Bürokratie des Bezirks mit Unterschrift und Siegel

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