Federschwingen
er dazu und ...“
Dantalion verstummte, als Seeres urangrüne Iriden zornig aufleuchteten und für den Bruchteil einer Sekunde sogar dämonisch rot wurden.
„Zieh dich an. Von hier an übernehme ich“, befahl Seere, obwohl ihm das eigentlich nicht zustand. Sie waren gleichgestellte Kollegen. Dennoch gehorchte Dantalion ihm ausnahmsweise. Er war zu entkräftet und zu sehr von seinem schlechten Gewissen geplagt.
Er sah zu, wie Seere in Eraels lange Haare griff und den Bewusstlosen spielend leicht daran in die Höhe zerrte. Seere streckte die freie Hand aus, die Handfläche nach oben, seine Augen leuchteten für eine Sekunde wild auf. Ein schwarzer Dolch mit geflammter Klinge erschien aus dem Nichts in seiner Hand.
„Erael!“ Seeres Ton jagte eine Gänsehaut über Dantalions Rücken. Er hatte Seere oft wütend erlebt, aber sobald es um Morten ging, kannte Seere weder Gnade noch Grenzen.
„Erael! Wach auf!“
Matt ächzend blinzelte Erael und wandte den Kopf in Seeres Richtung. Dantalion beobachtete, wie er die Lage zu begreifen versuchte, und erkannte den Moment, in dem seine Situation in seinem Denken einschlug. Diesen Augenblick nutzte Dantalion, um ihn mental zu infiltrieren. Es dauerte knapp fünf Sekunden, bis er wusste, wo Morten war, doch er zog sich nicht aus Eraels Geist zurück. Eraels Gedankenströme waren so warm und friedlich, wie es Dantalion bisher selten erlebt hatte. Das hatte nichts mit den bewussten Gedanken zu tun, die sich wild in Eraels Kopf überschlugen und allesamt von Zorn, Angst und Hass erfüllt waren. Die Ströme konnte man nicht beeinflussen, sie waren wie eine Aura, die den Verstand umgab und die jeweilige Persönlichkeit reflektierte. Erst als Seere ein scharfes „Dante!“ ausstieß, löste er die Verbindung, atmete durch und fokussierte seine Aufmerksamkeit auf Seere.
„Morten ist im Haus der Engel.“
„Halt den Kleinen fest“, befahl Seere, warf das schwarze Messer zu Dantalion und schubste Erael in seine Arme.
Dantalion reagierte instinktiv und sofort. Einen Arm schlang er ihm um die Brust, mit seiner Waffenhand hielt er ihm das Messer an die Kehle. Das fiel ihm leicht, schließlich kniete Erael auf dem Boden, während er sich hinter ihm befand. Hätte Erael aufrecht gestanden, hätte er das nicht gekonnt, denn Erael war gut einen Kopf größer als er selbst.
Genau das gleiche hast du mit Morten gemacht, wage ich mich zu erinnern, raunte er in Eraels Geist.
Erael hatte wahrscheinlich keine Ahnung gehabt, wie sich ein telepathischer Übergriff anfühlte, er versteifte sich in seiner Umklammerung. Dabei war Dantalion ganz sanft vorgegangen, sowohl zuvor, als auch jetzt. Seine Stimme in Eraels Kopf hatte einen warmen, beruhigenden Ton, obwohl er ihm indirekt drohte.
„Zamael“, sagte Seere in einem Tonfall, der alles andere als warm und beruhigend war, und wandte sich damit an den Engel auf dem Bett. „Du wirst mich jetzt zu ihm bringen und ihn mir übergeben.“
„Wage es ja nicht“, zischte Erael. Oh, so viel Ehrgefühl, das war äußerst lobenswert, in seiner Situation allerdings eher kontraproduktiv.
„Was glaubst du, Zamael, wie viel Schmerz kann ein Engel ertragen, ehe er darum bettelt, umgebracht zu werden? Wir beide gehen jetzt. Dantalion wird sich mit deinem Freund beschäftigen, bis Morten bei mir ist, ist das klar?“
„Nein! Tu das nicht, Zamael! Es ist ega...“ Was immer Erael hatte sagen wollen, es wurde von Dantalions Hand erstickt. Außerdem zuckte seine andere Hand, die den Dolch hielt, und presste die Klinge gegen Eraels Hals. Den folgenden Schrei hätte selbst der beste Knebel nicht unterdrücken können.
Zamael keuchte, ein entsetzt klingender Laut, der Seere zum Lachen brachte.
„Dachtest du, ich scherze?“, fragte er spöttisch. „Zamael, schau genau hin. Du kennst den Dolch, oder? Zumindest solltest du von ihm gehört haben und von den Schmerzen, die er einem Engel bereiten kann.“
„Der Hellraiser, getränkt mit feinster schwarzer Magie“, säuselte Dantalion fröhlich, als befände er sich in einem Werbespot. „Nur effektiv gegen Engel und andere Lichtgestalten. Und seit Neuestem mit in Dämonenblut geschärfter Klinge.“
„Ihr Barbaren“, hauchte Erael, der wieder zu Atem gefunden hatte.
„Dämonen.“ Dantalion konnte es nicht lassen, Erael mit sanftem Tadel zu korrigieren. „Das ist ein Unterschied.“
Erael begann in seinem Arm zu zittern, und Dantalion hielt unwillkürlich die Luft an, als Erael dadurch der
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