Federschwingen
nicht mehr allein sein willst.“
Erael zwang sich zu einem Lächeln. „Ich möchte erst ein wenig schlafen.“ Ja, und sein Kissen vollheulen, aber das brauchte Zamael nicht zu wissen. Zudem wäre ein langes, heißes Bad nicht schlecht. Vielleicht könnte er sich ja in der Wanne ersäufen … Nein, solche Gedanken standen ihm nicht zu, sie bedeuteten die höchste Sünde, die er begehen könnte. Trotzdem war eine Stunde in der Badewanne sicher nicht verkehrt. Oder zwei Stunden.
„Okay, ich komme rüber, sobald ich soweit bin.“
Zufrieden nickte Zamael auf diese Zusage hin. „ Gut . Bis nachher.“
Erael betrat sein Zimmer und schlug Zamael die Tür vor der Nase zu. Er war sich sicher, dass Zamael nicht gegangen wäre, bis er ihm verständlich zeigte, dass er allein sein wollte.
Seufzend ließ er sich auf sein Bett fallen, tastete nach einem der Kissen, die darauf verstreut lagen, und nahm es in die Arme. Das war seltsam tröstlich, allerdings kein echter Ersatz für denjenigen, den er jetzt eigentlich im Arm halten wollte. Seine Augen begannen zu brennen, als hätte ihm jemand Säure hineingeschüttet. Unwillig blinzelte er. Nein, er würde garantiert nicht heulen. Auf keinen Fall! Nicht wegen einem Dämon! Das war lächerlich und unwürdig.
Egal, wie sehr sein Verstand ihm das ausreden wollte, Eraels Tränen kamen trotzdem und reichlich. Er fühlte sich betrogen, von Dantalion, vor allem aber von sich selbst. Er hatte von Anfang an gewusst, dass Dantalion ihn nicht lieben konnte, dass er nur mit ihm schlafen wollte. Und trotzdem hatte er diese Avancen gestattet, sich von ihm anmachen lassen, ihn zum Gegenstand seiner feuchten Träume gemacht.
Sich vor seinen Augen – mehr oder weniger indirekt – einen runtergeholt. Jetzt im Nachhinein würde er dafür am liebsten vor Scham im Erdboden versinken. Insgesamt würde er sich gern irgendwo eingraben und nicht mehr herauskommen, seine Gefühle, seinen Schmerz begraben, sein Herz wegschließen, dass niemand mehr es verletzen könnte. Er hatte es schon einmal versucht und war gescheitert. Dantalion hatte seine Abwehr kinderleicht zerfetzt und all seine Vorsichtsmaßnahmen gesprengt, hatte nicht locker gelassen, bis er ihm endlich nachgegeben hatte. Und wofür? Für ein einziges Mal.
„Ich hasse dich! Ich hasse dich dafür!“ Er schluchzte mit künstlich aufgebauschtem Zorn in sein Kissen, das bereits nass von seinen Tränen war.
In Wahrheit hasste er Dantalion nicht dafür, dass er mit ihm gespielt hatte. Dieser wunderschöne Dämon hatte ihm nie etwas vorgemacht, ihn nie angelogen. Erael hasste Dantalion dafür, dass er ihn dazu gebracht hatte, ihn zu lieben. Ihm hätte doch klar sein müssen, dass das nie etwas werden konnte!
Eraels Gedanken drehten sich in einem Kreis aus Schmerz, Wut und Zorn auf sich selbst und Sehn sucht nach Dantalion.
Als er das nächste Mal auf die Uhr sah , bemerkte er, dass es bereits vier Uhr nachmittags war. Eigentlich müsste er Hunger haben. Aber er hatte absolut keinen Appetit. Er beschloss , endlich eine Dusche zu nehmen – für ein Bad hatte er jetzt keine Kraft mehr. So oder so würde er Dantalions Geruch von seiner Haut abwaschen, es war egal, auf welche Art das passierte.
Er packte seinen Bademantel und machte sich auf den Weg zum Badezimmer. Mitten auf dem Flur blieb er stehen. Wollte er den Duft, den er so mochte, überhaupt loswerden? Ein eiskalter Klumpen bildete sich in seinem Magen, den restlichen Weg zum Bad rannte er mit vor den Mund geschlagener Hand, weil sich ihm der Magen umdrehte. Es schie n, als hielte ih n der Liebeskummer in grausamen Krallen wie ein bösartiges Tier, das ihm das Innere zerfetzen wollte. Genau das hatte er jetzt gebraucht … Danke, Dantalion. Wütend schlug er die Tür hinter sich zu und riss sich die Kleider vom Leib. Das Gefühl, sich übergeben zu müssen, hatte aufgehört, kaum dass er ins Bad gekommen war.
Nachlässig warf er die Kleidungsstücke auf den Boden, stieg in die gläserne Duschkabine und drehte das heiße Wasser auf. Nur das heiße. Bald war die Kabine und wahrscheinlich das ganze Bad erfüllt mit Wasserdampf, und Eraels Haut wurde krebsrot, doch er spürte die Hitze nicht. Die Kälte in seinem Inneren war intensiver als das Gefühl verbrühter Haut. Bis er seine Flügel direkt unter den Wasserstrahl hielt. Schockiert zischte Erael auf, drehte wild am Temperaturregler herum, bis das Wasser eine annehmbare Wärme hatte. Vorsichtig schielte er an sich hinunter und
Weitere Kostenlose Bücher