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Fee und der Schlangenkrieger

Fee und der Schlangenkrieger

Titel: Fee und der Schlangenkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Foucher
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hob die Hand und berührte das Gesicht ihres Bruders.
    „Du hast ihm viel zu lange so viel Macht über dich gegeben. Denk daran, wie es war mit Ennaj, was dein Leben war, was für dich klar und wahr war. Und frag nicht mehr, was an seinen Behauptungen dran ist oder nicht. Welchen Unterschied macht das noch? Du brauchst dich nicht mehr an deinem Wunsch festzuhalten, Rache für Ennaj zu nehmen. Ich habe gesehen, wie Fee dich ansieht, wenn sie glaubt, dass niemand auf sie achtet.“ Plötzlich war Fee nicht mehr kalt sondern sehr heiß. „Ich gehe jetzt zu Freya, Lenyal“, flüsterte Freja, „aber du bist noch am Leben. Es wird Zeit, dass du dein Leben wieder genießt.“
     
    Freja bat Lenyal, sie nicht in ihren Alkoven zu tragen. Fee schlief irgendwann ein. Als sie erwachte, saß Freja noch immer auf den Fellen, gegen die Wand gelehnt, Lenyal stumm neben ihr. Die Schlangenfrau sah aus, als schliefe sie, doch Fee sah, dass das Leben sie verlassen hatte. Irgendwann in der Nacht war Freja gestorben. Lenyal sah sehr mitgenommen aus. Er warf Fee einen Blick zu, und Fee hätte gern seine Hand gedrückt, oder noch lieber, sein Gesicht berührt, aber sie rührte sich nicht. Sie konnte nicht vergessen, nur weil er heute traurig war, wie unbarmherzig und skrupellos er war. Stattdessen kniete Juja neben ihm nieder, legte die Arme um ihn und zog ihn an sich. Fee war erleichtert die beiden so zu sehen. Was Freja letzte Nacht über sie und Lenyal gesagt hatte, ergab keinen Sinn. Lenyal und Juja aber passten zusammen. Auch wenn Juja glaubte, er sähe sie nicht, so sollte es sein und so war es richtig.
    Masral holte Lenyal ab und gemeinsam machten sie sich auf, um den Grabhügel von Lenyals Eltern zu öffnen. Fee und Juja bereiteten gemeinsam Frejas Körper für die Bestattung vor. Sie schnitten die Kleider, die sie getragen hatte, auf, und Fee rieb Freja mit wohlriechenden Ölen ein. Sie hatte noch nie eine Tote berührt, doch es störte sie nicht. Es war, was getan werden musste, und Fee hatte Freja gemocht. Sie war froh, dies für sie tun zu können. Gemeinsam schafften sie es, Freja trotz der Totenstarre in ihr bestes Gewand zu kleiden.
    „Sie wusste, dass sie stirbt“, sagte Juja, während sie Freja einen Schleier umlegte und mit einem bronzenen Stirnband fixierte, „deshalb ist sie am Feuer sitzen geblieben.“
    „Was meinst du damit?“
    „Es ist Brauch bei uns, die Toten beim nächsten Sonnenuntergang zu bestatten. Hätte sie auf dem Rücken gelegen, hätten wir ihre Knie brechen müssen.“
    Fee sah Juja irritiert an und erinnerte sich dann, dass es bronzezeitliche Bestattungen gab, in denen die Toten in Embryonalstellung beigesetzt worden waren. Offenbar war das bei den Schlangenleuten so Brauch. Die Sonnenleute bestatteten ihre Toten auf dem Rücken und bei Sonnenaufgang. Nachdenklich hielt sie Frejas Spiralkopfnadel in der Hand.
    „Warum bestattet ihr die Toten auf der Seite, mit angezogenen Knien?“
    Juja nahm ihr lächelnd die Nadel aus der Hand und stach sie durch Frejas Brusttuch.
    „Die Erde ist die große Mutter, die uns alles schenkt, was wir zum Leben brauchen. Von ihr kommen wir; von ihr bekommen wir unsere Lebensenergie. Und wenn wir sterben, geben wir ihr Lebensenergie zurück. Die Grabhügel, in denen wir unsere Toten bestatten, bilden den Bauch der großen Mutter ab, aus der sie das neue Leben hervorbringt. Was wir von ihr bekommen haben, geben wir ihr zurück, und sie gibt uns das Leben erneut. Wie eine Spirale, die sich ewig dreht.“ Sie beschrieb eine kreisende Bewegung mit dem Finger. „Wie die Windungen einer Schlange.“
     
    Den ganzen Tag über kamen Menschen ins Haus, um sich von Freja zu verabschieden. Kedine kam mit Elephe und Naten, um für Freja zu singen und ihrer Seele zu helfen, den Weg in die Anderswelt zu finden. Juja ging Frejas Sachen durch, und wählte die Gegenstände aus, die sie auf der Reise brauchen würde. Auf Nenis Anweisung hin kümmerte Fee sich um die Gäste und verteilte Honigwein und Apfelsaft. Sie sah Lenyal an, als er nach Hause kam. Er sah furchtbar aus. Fee senkte den Blick.
    Als die Sonne unterging, spannte Masral Frejas Lieblingspferd vor einen Wagen, auf den sie ihre leblose Hülle und alle Beigaben, die Juja sorgfältig in Tücher eingewickelt hatte, legten. Da Frejas Sohn abwesend war, führte Masral den Begräbniszug an, hinter dem Wagen kamen Lenyal, Juja und Fee mit Masrals Familie, und dann schlossen sich die Priesterinnen und die Dorfbewohner an.

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