Fee und der Schlangenkrieger
ereignet hat und dieser hier, wo es einen Schlangenstein gibt, der zu der Legende passt. Das Grab hier ist zu viel dicht am Dorf, da hätte die Kriegerin den Weg nach Haus doch allein gefunden. Hannaj...“, Lenyal wandte sich ihr zu und sah sie an, „Hannaj, ich werde Nings Familie nicht töten. Du hattest recht. Freja hatte auch recht. Ich hab mich viel zu weit von meinem Hass auf Ning treiben lassen. Ich war wirklich besessen, konnte an nichts anderes mehr denken als an Rache.“
Er sah elend aus. Fee nickte. Sie wünschte sich, dass sie sich wirklich getäuscht hatte. Sie wollte glauben, dass er besser war als dieser grausame, rachsüchtige Mann, den sie gesehen hatte.
„Du bist alleine gewesen“, sagte sie, „du brauchtest jemanden, der dich aufhält.“
„Danke, dass du mich aufgehalten hast.“
Fee sah ihn an. Er war vier Jahre lang allein gewesen. Er lernte erst wieder, sich jemandem zu öffnen. Dafür machte er das sehr gut.
„Jederzeit wieder“, sagte Fee verlegen.
Lenyal biss sich auf die Unterlippe. „Die ganzen Dinge, die ich getan habe... Ich will mich nicht herausreden, aber die Sonnenleute haben genau dasselbe getan, weißt du. Bei uns sind auch Menschen verschwunden... aber das ist keine Entschuldigung.“ Fee sah ihn an. Lenyal trat einen Schritt auf sie zu. „Du hast mich wachgerüttelt, Hannaj“, sagte er leise, „ich hätte besser sein müssen als er. Was ich getan habe, habe ich getan, damit muss ich leben. Aber das ist vorbei. Hannaj“, seine grauen Augen sahen wie Schiefer aus, nicht so dunkel vor Wut oder hart wie grauer Stahl, wie sie sie so oft gesehen hatte. Es waren einfach nur seine Augen, in seinem Gesicht, dem zum ersten Mal die kontrollierte Neutralität zu entgleiten drohte. „Hängst du immer noch an Ning?“
Fee seufzte. Darüber brauchte sie nicht lange nachzudenken. Aber sowenig sie ausgerechnet mit Lenyal darüber sprechen wollte, sie konnte ihn nicht anlügen.
„Nein“, sie hob den Kopf und sah ihn an, „das ist lange vorbei.“
„Hängt er noch an dir?“
Fee lachte humorlos auf.
„Das denke ich nicht.“
„Ich denke schon.“
Überrascht blinzelte Fee ihn an.
„Lenyal...“, Fee suchte nach Worten, „da war nie wirklich etwas zwischen Ning und mir. Ich mochte ihn mal ganz gerne, und er mich auch, glaube ich, aber das ist nie... außerdem ist das ewig her, da waren wir zwei ganz andere Menschen als heute.“
„Ja.“
Fee erstarrte. Sie hatte gemeint, dass sie Fee Maiwald aus Bonn und Tom Maler, der Dozent, gewesen waren, und dass sie sich zu anderen Menschen entwickelt hatten. Aber es hatte geklungen als spräche sie von Ennaj und einem jüngeren Ning. Etwas fiel Fee wieder ein, was sie die ganze Zeit im Hinterkopf gehabt hatte. Etwas, das Ning gesagt hatte, an ihrem ersten Tag in der Bronzezeit.
„Ich bin nachts aufgewacht, weil ich dein Gesicht gesehen hab...“ Sie hatte sich immer gewundert, dass er trotz der Amnesie ihr Gesicht in Erinnerung behalten hatte und nicht Elinoraks, die doch seine große Liebe gewesen war.
Lenyal sah sie angespannt an. Sein Gesicht war ihrem ganz nah.
„Oh Göttin“, flüsterte Fee, „sie hatten was miteinander!“
Die Versammlung war vorbei und die Ältesten, Monal und seine Eltern hatten sein Haus verlassen. Ning hatte Kopfschmerzen. Er hatte schließlich zustimmen müssen, nicht zum Schlangennest zu reiten. Es war zum Verrücktwerden! Jeden Augenblick, der verging, in dem Fee bei Lenyal war, war Agonie. Er wünschte sich, Ela wäre auch gegangen, er wollte allein sein. Stattdessen legte sie die schlafende Elena in ihr Körbchen, drehte sich um und sah ihn an.
„Ning“, sagte sie, „was ist los mit dir? Ich erkenne dich überhaupt nicht wieder.“
„Lass es gut sein, Ela“, sagte er müde, „die Versammlung war anstrengend genug, jetzt geh du mir nicht auch noch auf die Nerven.“
Er wollte nachdenken. Er brauchte einen neuen Plan. Wie konnte er die Ältesten bloß überzeugen, dass Fee unbedingt befreit werden musste? Unruhig lief Ning im Langhaus hin und her. Vielleicht konnte er die Ältesten irgendwie umgehen...
Ela sah beleidigt aus. „Geht's noch?“, fragte sie. „Wie redest du denn mit mir?“
Er wünschte, sie würde ihn in Ruhe lassen.
„Was soll das Ganze überhaupt?“, fuhr Ela fort, „Du weißt doch genau, dass die Schlangen die Sonnenscheibe nicht haben.“
Ungeduldig verdrehte Ning die Augen.
„Ich muss die Krieger hinter mir wissen, Ela, verstehst du das
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