Fee und der Schlangenkrieger
spinnst ja“, schrie Ela wieder und rappelte sich auf. „Sie hat neun Monate im selben Dorf wie du gelebt und nicht ein einziges Mal versucht, dir näherzukommen. Du phantasierst dir 'was zusammen!“
„Weil sie es nicht zugeben kann! Weil sie Angst vor Lenyal hat! Er wird Ennaj nie gehen lassen.“
Fee wusste es, so sicher wie sie wusste, dass die Erde unter ihr und der Himmel über ihr war. Ennaj und Ning hatten etwas miteinander gehabt. Wusste sie das, weil sie es aus Lenyals Worten schlussfolgerte? Oder – Fee wurde schwindlig – war dies etwa eine Erinnerung?
„Deshalb hast du mich gefragt, ob ich Gefühle für ihn habe!“ Fee machte einen Schritt auf Lenyal zu. Die ausdruckslose Maske, hinter der er immer seine Emotionen verborgen hatte, war verschwunden. Er sah furchtbar aus.
„Das
ist der Grund, dass du ihn so sehr hasst, nicht wahr? Du denkst, sie hatten was miteinander!“
Lenyal hatte den Atem angehalten. Jetzt atmete er hörbar aus und wandte sich ab.
„Ich weiß es nicht!“, stieß er dann hervor und sah Fee verzweifelt an. „Ich hab mir drei Jahre lang gesagt, dass es alles Lügen waren, was er behauptet hat, aber die ganze Zeit hat es an mir genagt, nicht zu wissen, ob an seinen Lügen nicht doch was dran ist!“ Lenyal raufte sich die Haare und machte nervös ein paar Schritte hier- und ein paar Schritte dorthin. Fee hätte beinahe gelacht. Endlich, endlich! war es um seine Selbstbeherrschung und Kontrolliertheit geschehen. Aber genau die brauchte er jetzt, damit sie die Wahrheit herausfinden konnte.
„Lenyal!“, sagte sie scharf. Er sah sie an. „Was genau hat Ning damals gesagt?“
Lenyal atmete durch und versuchte, sich zu beruhigen. Er lehnte sich gegen den Schlangenstein und sah Fee an. Die Sonne fiel durch die Bäume auf sein Haar, brachte es zum Leuchten. An sich hätte es ein herrlicher Frühlingstag sein können. Fee nickte ihm ermutigend zu.
„Ning kam damals ins Schlangendorf“, begann Lenyal, „ich dachte, er wolle auf meine Bedingungen eingehen. Ich dachte er sei wirklich an Handel und an Frieden mit uns interessiert.“ Lenyal ballte die Hände zu Fäusten. „Ich war so naiv. Er kam zum Tor und die Wachen ließen ihn durch, ich hatte ihn ja selbst eingeladen. Wir empfingen ihn im Versammlungshaus, Ennaj, ich, Masral und noch einige andere. Er hatte tatsächlich die Sonnenscheibe dabei, aber er achtete überhaupt nicht auf mich oder Elinorak, oder auf irgendetwas, das ich sagte.“ Lenyal atmete tief durch. „Er ging direkt zu Ennaj und sagte, sie solle mit ihm kommen, er werde Elinorak und das Sonnenvolk verlassen. Sie sollte mit ihm kommen und ein neues Leben mit ihm beginnen. Und Ennaj sah ihn nur an. Ganz ruhig.“ Fee sah die Ereignisse, die er beschrieb, wie einen Film vor sich, so deutlich , als wäre sie dabei gewesen. „Ning sagte, er habe die Scheibe und den Segen der Götter, sie könnten Handel treiben, sie würden ein neues Dorf gründen und viele Kinder haben und ein neues Volk begründen. Und Ennaj sah mich an. Ich konnte überhaupt nicht begreifen, was passierte. Ich erwartete, dass Ennaj ihn jeden Augenblick auslachen müsste. Aber sie sah mich einfach nur an.“ Lenyal blickte einen Moment lang in die Ferne. Fee nahm an, dass er auch nicht die Bäume sah. „Wir hatten Elinorak offenbar nicht sorgfältig genug gefesselt. Und wir hatten auch ihre Stärke unterschätzt. Sie schaffte es, sich loszumachen, riss einer meiner Kriegerinnen das Schwert aus der Hand und ging auf Ning los. Sie... kochte vor Wut. Sie warf Ning Treulosigkeit und Verrat an ihrem Volk vor, und forderte die Sonnenscheibe zurück. Doch Ning war damals ein sehr geschickter und schneller Krieger. Er überwältigte Elinorak und schlug ihr mit ihrem eigenen Schwert den Kopf ab.“
Fee schlug die Hände vor's Gesicht.
„Einfach so.“
„Ja“, sagte Lenyal, „einfach so. Das brachte Ennaj zur Besinnung. Als ob sie aus einem Tagtraum aufwachte oder so. Sie sagte Ning, dass sie nicht mit ihm gehen würde, er sei verrückt und wie er annehmen könnte, sie wolle mit ihm gehen. Natürlich zog ich sofort mein Schwert, ich war darauf vorbereitet, dass er auch uns angreifen würde. Ning machte einen Schritt auf Ennaj zu. Er sagte“, Lenyal schluckte, „,Ich liebe dich Ennaj, und du weißt, dass du mich auch liebst. Komm mit mir.' Ich weiß es noch ganz genau, ich habe die Wörter in meinem Kopf tausendmal gehört. Ennaj sah mich an. Ich war entsetzt darüber, was er da sagte.
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