Fee und der Schlangenkrieger
mitkommen?“
Sie lachte. „Das fragst du? Natürlich!“
Juja sah ihnen nach.
Es schien, dass Lenyal sich wirklich Mühe geben wollte, sie kennenzulernen. Er achtete zwar immer noch darauf, seinen Gesichtsausdruck neutral zu halten, aber er nahm Fee mit zur Koppel, holte Karalo und verließ gemeinsam mit ihr das Dorf. Heute Vormittag waren auffallend wenig Kämpfende auf der Wiese vor der Palisade. Die anderen ruhten sich wohl nach dem Fest gestern noch aus. Fee zog ihren Umhang enger um sich. Sie begrüßte Svepja, suchte sich einen Fleck, wo sie nicht im Weg stand und sah zu, wie die beiden miteinander trainierten. Svepja war kleiner und hatte kürzere Arme als Lenyal, also schulte er sie auf Schnelligkeit und Wendigkeit. Fee lächelte vor sich hin beim Zusehen. Sie hatte sich eine schöne Märchenphantasie zusammengeträumt. Nie im Leben könnte sie so etwas lernen! Es dauerte nicht lange und die beiden warfen ihre Umhänge fort. Sie verausgabten sich, sparten sich ihre Kräfte nicht auf, und schenkten sich nichts. Nach einer Weile wischte Svepja sich den Schweiß von der Stirn und warf Fee einen Blick zu.
„Was ist mit dir?“, rief sie ihr zu, „möchtest du nicht auch mal?“
„Ha“, machte Fee erschrocken, „das kann ich nicht. Ich kann nicht mal reiten.“
„Du kannst nicht reiten?“
Verständnislos sah Svepja Lenyal an. Dem hingen die Haare schon wieder nass ins Gesicht. Aber wenigstens hatte er heute seine Tunika anbehalten. Er schnappte nach Luft und hob eine Augenbraue. „Dann wird sie es wohl lernen.“
So kam es, dass Fee reiten lernte. Jeden Vormittag nach ihrem Training mit Lenyal unterrichtete Svepja sie auf ihrer Stute Senna. Ein trägeres, weniger lebhaftes Pferd hätte Fee weniger Angst gemacht, aber sie sah ein, dass es nichts brachte, sich zu verstecken. Schließlich
wollte
sie reiten lernen. Es gab keinen Sattel und keine Steigbügel und Fee musste ihre Beine benutzen, um auf Sennas Rücken zu bleiben und ihr mitzuteilen, was sie von ihr wollte. Sie entdeckte zu ihrer Freude, dass sie fitter war, als sie gedacht hatte, aber dennoch taten ihr in den ersten Tagen die Oberschenkel und ihre Bauch- und Rückenmuskeln so weh, dass sie gute Lust hatte zu jammern und sich anzustellen. Da sie jedoch so froh war, dass endlich etwas Spannendes passierte, hütete sie sich, sich zu beschweren. Nachmittags holte Svepja sie zu einer weiteren Trainingseinheit ab. Die Kinder johlten, als sie Fee in den ersten Tagen auf Senna sahen. Wenn sie auf dem Pferderücken saß, saß sie höher, als es von unten den Anschein hatte, sie konnte sich nirgends richtig festhalten und fühlte sich ängstlich und ausgeliefert. Bei den Schlangen lernten schon die ganz kleinen Kinder reiten und sie fanden es höchst unterhaltsam, eine erwachsene Frau zu sehen, die nicht reiten konnte. Fee nahm es ihnen nicht übel. Und es dauerte nicht lange, bis sie Fortschritte machte und bis ihr die Muskeln nicht mehr so furchtbar wehtaten. Sie wusste, dass sie noch tonnenweise Dinge zu lernen hatte, bevor sie richtig reiten konnte, aber sie lernte jeden Tag ein bisschen mehr und es machte ihr Spaß. Manchmal kam Lenyal vorbei und sah zu.
„Die Waden an Sennas Körper anlegen“, rief er ihr zu, oder „Halt die Hände dichter zusammen!“ Fee sah auf seinem Gesicht denselben wachsamen, konzentrierten Ausdruck, den es hatte, wenn er Svepja oder andere Krieger unterrichtete, und sie freute sich, dass er es offenbar nicht lächerlich fand, dass sie mit sechsundzwanzig noch reiten lernen wollte, in einem Alter, in dem die anderen Frauen im Dorf ihr zweites oder drittes Kind hatten und ihre Tage als Kriegerinnen bereits hinter ihnen lagen. Dann fiel ihr ein, dass Lenyal nicht wusste, wie alt sie war. Sie fragte sich, wie alt er sie wohl schätzte.
Abends kam Masral oft mit Hajets Tochter zum Abendessen zu ihnen. Lenyal fragte Ravon, die eine junge Stute zum Kämpfen ausbildete, nach ihren Fortschritten und gab ihr fachmännischen Rat. Neni schien Lenyal nicht mehr vorzuwerfen, dass er Fee ins Schlangendorf gebracht hatte. Oder sie hatte es überwunden, um Zeit mit Freja verbringen zu können, und geselllte sich ebenfalls oft zu ihnen. Fee saß meistens mit Juja zusammen und nähte Kleidungsstücke, wie sie es bei Slowen im Sonnendorf gelernt hatte. Juja lehrte sie die feineren Handarbeiten, die Stücke mit kleinen Bronzeperlen und Tituli und Lunulae zu besticken oder mit weichem Fell zu verbrämen. Wenn es spät wurde erzählte
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