FEED - Viruszone
Man weiß, wie solche Ausbrüche vonstattengehen, obwohl man sich wünscht, es nicht zu wissen. Das Virus ist verlässlich, nicht kreativ.
Ich brauchte zwanzig Minuten, um die Scheune abzusuchen. Als ich fertig war, hatte ich es so eilig, rauszukommen, dass ich vergaß, meine Sonnenbrille aufzusetzen, bevor ich wieder ins Sonnenlicht trat. Die plötzliche Grellheit war mehr, als ich vertrug. Taumelnd hielt ich mich am Stalltor fest und kniff die Augen zu.
»Daran sieht man, dass sie sich nicht verwandelt hat«, bemerkte Shaun zu meiner Linken. »Echte Zombies werden nicht vom Sonnenlicht geblendet, wenn sie ihre Sonnenbrille vergessen.«
»Fick dich doch selber«, brummte ich, während Shaun den Arm um mich legte und mich vom Stall wegführte.
»Küsst du deine Mutter mit diesem Mund?«
»Unsere Mutter und dich auch, Arschgesicht. Gib mir meine Sonnenbrille.«
»Und wo ist die?«
»In der linken Hemdtasche.«
»Hab sie.« Das war Ricks Stimme, und es war Rick, der mir die Brille in die Hand drückte.
»Danke.« Ich stützte mich weiter auf Shaun, während ich sie aufsetzte. Die Kameras der beiden nahmen alles auf, doch das war mir eigentlich egal. »Hat wer von euch was gefunden?«
»Ich nicht«, sagte Shaun. Aus irgendeinem Grund klang es, als ob er … lachte? Seine Scheune konnte kaum besser ausgesehen haben als meine. Wenn überhaupt musste sie sich in einem noch schlimmeren Zustand befinden, da der Großteil der Tierärzte wahrscheinlich Nachtdienst gehabt hatte. »Aber ganz offensichtlich hat Rick mehr Glück gehabt als wir.«
»Ich konnte schon immer gut mit Frauen«, sagte Rick. Im Gegensatz zum offensichtlich belustigten Shaun klang er beinahe peinlich berührt.
Ganz offensichtlich musste ich mir selbst ansehen, was los war, wenn ich etwas verstehen wollte. Vorsichtig öffnete ich erst ein Auge und dann das andere. Da war Shaun, der den Arm noch immer um mich gelegt hielt und mich, so gut es ging, aufrecht hielt. Meine Augen sind einer der Hauptgründe dafür, dass ich mich so widerwillig ins Feld begebe, und niemand versteht das besser als er. Und dann war da Rick, der mit einer Mischung aus Sorge und Verwirrung im Gesicht ein paar Meter weiter stand.
Ricks Schultertasche bewegte sich.
Ich fuhr hoch, »Was ist das? «
»Das ist Ricks neue Freundin«, sagte Shaun kichernd. »Er ist einfach unwiderstehlich, George. Du hättest ihn sehen sollen. Sie konnte gar nicht von ihm lassen, als er aus dem Stall gekommen ist. Ich habe ja schon früher anhängliche Freundinnen gesehen, aber die da ist ein ganz anderes Kaliber.«
Ich beäugte das neueste Mitglied meines Reporterteams misstrauisch. »Rick?«
»Er hat recht. Sie hat sich an mich drangehängt, sobald ich den Stall betreten habe und sie festgestellt hat, dass ich nicht mit einer Desinfektionspistole auf ihr Gesicht ziele und nicht vorhabe, ihr wehzutun.« Rick öffnete den Verschluss seiner Schultertasche. Ein schmaler, orange-weißer Kopf lugte heraus, und gelbe Augen musterten mich misstrauisch. Ich blinzelte. Der Kopf verschwand in der Tasche.
»Eine Katze.«
»Alle anderen waren tot«, sagte Rick und machte die Tasche wieder zu. »Irgendwie hat sie sich wohl tiefer ins Heu gegraben als der Rest. Oder vielleicht war sie draußen, als der Säuberungstrupp reingegangen ist, und ist später irgendwie eingesperrt worden.«
»Eine Katze .«
»Laut Testergebnis ist sie sauber, George«, sagte Shaun.
Säugetiere unter fünfundzwanzig Kilo können nicht umgewandelt werden – irgendwie fehlt ihnen das entscheidende Verhältnis von Körper- und Gehirnmasse – , aber manchmal übertragen sie das aktive Virus, zumindest so lange, bis es sie tötet. Das kommt selten vor. Meistens schütteln sie es einfach ab und leben nicht infiziert weiter. Aber im Feld verlässt man sich nicht darauf, dass etwas »selten« vorkommt.
»Wie viele Bluttests?«, fragte ich Shaun.
»Vier. Einen pro Pfote.« Er hob die Hand, als er meine nächste Frage vorausahnte. »Nein, sie hat mich nicht gekratzt, und ja, ich bin mir sicher, dass das Miezekätzchen sauber ist.«
»Und er hat mich bereits angeschrien, weil ich sie auf den Arm genommen habe, bevor ich mir da sicher war«, sagte Rick.
»Glaub bloß nicht, dass ich dich deshalb nicht auch noch anschreien werde.« Ich machte mich von Shaun los. »Ich warte bloß damit, bis wir wieder drinnen sind. Wir haben drei saubere Ställe und eine lebende Katze, meine Herren. Können wir fortfahren?«
»Ich habe heute
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