FEED - Viruszone
plärrte es: »Legen Sie Ihre Testeinheiten hin und treten Sie zurück. Wir werden im Austausch saubere Einheiten für sie hinterlassen. Nähern Sie sich nicht unserem Personal. Wenn Sie sich nicht an unsere Anweisungen halten, werden Sie terminiert.«
Die Scheinwerfer des Konvois waren selbst durch meine Sonnenbrille noch blendend hell. Ich hob die Hand mit meiner Lizenz, um mir die Augen abzuschirmen, und schaute blinzelnd zum Truppentransporter.
»Joe? Sind Sie das?«
»Sie haben’s erfasst, meine Liebe«, antwortete die Stimme nun weniger förmlich. »Wären Sie dann einfach so freundlich, die Einheiten hinzulegen?«
»Ich lege meine Lizenzmarke zur Testeinheit«, rief ich. »Sie enthält wichtige medizinische Daten.« Wenn diese Leute mich zwangen, meine Brille abzusetzen, würde das Licht ihrer Scheinwerfer mich wahrscheinlich erblinden lassen.
Eine weitere Stimme, diesmal weiblich und deutlich klinischer, kam durch den Lautsprecher. »Wir wissen von Ihrem Netzhautleiden, Ms Mason. Bitte befolgen Sie die Anweisungen.«
»Wir befolgen sie ja, liebe Güte!«, rief Shaun, ließ seine Testeinheit fallen und legte seine Lizenzmarke obenauf. Ich bückte mich, um meine eigene Marke etwas behutsamer abzulegen, und Rick tat es mir nach. Dann gingen wir langsam rückwärts.
Wir kamen etwa fünf Meter weit, bevor Joes Stimme erneut aus dem Lautsprecher drang. »Das ist weit genug, meine Liebe. Jetzt bitte alle drei stillhalten.« Die Tür des Krankenwagens öffnete sich, und drei Techniker in Schutzanzügen kamen zum Vorschein. Ich konnte das Geräusch der Überdruckpumpe hören, die ihre sterile Zone vor den Partikeln der Außenwelt schützte.
Mit einer Eleganz, die verriet, dass sie schon Hunderte, wenn nicht Tausende von Stunden in den klobigen Anzügen verbracht hatten, kamen die Techniker heran, um unsere Testeinheiten und Marken einzusammeln und stattdessen drei versiegelte Einheiten hinzulegen. Anschließend zogen sie sich zurück, und Joes Stimme erklang erneut. »Bitte treten Sie näher, öffnen Sie die Testeinheiten und bleiben Sie an Ort und Stelle, bis wir saubere Testergebnisse haben.«
»Ist ja wie dieses Spiel, ›Simon sagt‹«, brummte Shaun, während wir langsam vortraten.
»Wo ich aufgewachsen bin, hat Simon keinen Truck voll Napalm auf einen gerichtet«, sagte Rick.
»Weichei«, sagte Shaun.
Die von den Technikern hinterlassenen Testeinheiten waren Apple XH-229-Modelle, nahe an den besten Geräten, die es überhaupt gab. Shaun stieß einen leisen Pfiff aus.
»Wow. Wir sind wohl echt bedrohlich.«
»So in der Art.« Ich verzog das Gesicht, krempelte meinen Ärmel hoch und steckte die Hand in eine der Einheiten.
Der antiseptische Dunst fühlte sich auf meiner aufgescheuerten Hand trügerisch kühl an, ein Gefühl, das nur eine Sekunde anhielt, bevor sich die Nadeln in mein ohnehin schon beschädigtes Fleisch bohrten und mein Blut nach aktiven Viren absuchten. Das Licht fing an zu blinken, wurde erst rot, dann gelb und dann grün, als die komplizierten Analyseprozesse in Gang kamen.
Ich konzentrierte mich so sehr auf die Lichter und darauf, was sie für meine Zukunft bedeuten mochten, dass ich die Schritte hinter mir und das Brummen der Überdruckgeräte nicht hörte. Auch die Hypospritze spürte ich erst, als man sie mir in den Nacken drückte. Eine Welle der Kälte schwappte über mich hinweg, und ich stürzte.
Das Letzte, was ich erblickte, war eine Reihe von Lichtpunkten, die stetig grün leuchteten. Dann schloss ich die Augen und sah gar nichts mehr.
Die Frage, die man mir seit meinem Wechsel von den traditionellen Nachrichtenmedien in die Online-Welt am häufigsten gestellt hat, lautet: »Warum?«. Warum sollte man eine Laufbahn aufgeben, in der man sich etabliert hat, um sich auf ein neues Gebiet zu wagen, wo die Erfahrungen, die man bisher gemacht hat, nicht nur lachhaft sind, sondern geradezu hinderlich? Warum sollte ein vernünftiger Mensch – und die meisten Leute betrachten mich als einen vernünftigen Menschen – etwas Derartiges tun?
Meistens habe ich mit den hübschen Lügen geantwortet, die man von mir erwartet hat: Ich wollte eine Herausforderung, ich wollte mich selbst auf die Probe stellen, und ich glaube daran, dass Journalisten die Wahrheit verbreiten sollten. Nur der letzte Teil ist wahr, denn ich glaube tatsächlich, dass es wichtig ist, die Wahrheit zu sagen. Und das mache ich heute.
Ich habe jung geheiratet. Ihr Name war Lisa. Sie war klug, sie war schön,
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