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FEED - Viruszone

FEED - Viruszone

Titel: FEED - Viruszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Grant
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funktionierenden Fahrstühlen von Zombies attackiert. Man sollte meinen, dass die Leute sich nach so einem Vorfall die Mühe machen würden, ein paar Treppen zu steigen, aber dem ist nicht so. Manchmal ist die hartnäckigste Gewohnheit eben die, nichts außer dem absolut Notwendigen zu tun.
    Ich brauchte etwa fünfzehn Minuten, um die drei Etagen nach unten zurückzulegen und an dem oberflächlichen Sicherheitscheck zwischen dem Messebereich und dem Konferenzbereich vorbeizukommen, den nur die Kandidaten, ihre unmittelbaren Familienangehörigen, ihr offizieller Stab und die Presse betreten durften. Bei der Überprüfung scannte man lediglich meinen Presseausweis, um sich zu vergewissern, dass es sich nicht um eine Fälschung handelte, tastete mich nach nicht genehmigten Waffen ab und führte einen einfachen Bluttest mit einer billigen, tragbaren Einheit durch, die von einer Firma stammte, deren Geräte nach meinen Quellen in drei von zehn Fällen falsche Negativmeldungen anzeigen. Ich schätze, wenn man an so einem Ort erst einmal drinnen ist, machen die Leute sich keine großen Sorgen mehr darüber, ob man gesund ist.
    Die Ruhe im Konferenzbereich war eine willkommene Abwechslung zum wilden Treiben in den Etagen darüber. Hier unten war das Warten auf Ergebnisse eine richtiggehende Beschäftigung. Es gab immer ein paar Hoffnungsvolle, die bis zum Ende durchhalten würden, selbst wenn die Zahlen bereits deutlich machten, dass sie kaum Aussichten auf den Chefsessel hatten – letztlich weiß man, dass fast immer die Parteikandidaten nominiert werden, die am Superwahldienstag gewinnen, und dass man ohne den Rückhalt der Partei kaum eine Chance auf einen Sieg bei den Präsidentschaftswahlen hat. Man darf es gerne versuchen, aber gewinnen wird man wohl nicht. Neun von zehn derjenigen, die während der letzten paar Monate durchs Land getourt sind, können nach der Bekanntgabe der Abstimmungsergebnisse nach Hause gehen. Erst in vier Jahren haben sie die nächste große Gelegenheit, und für manche von ihnen ist diese Wartezeit zu lang: Eine Menge Kandidaten aus diesem Jahr werden es nicht wieder versuchen. An Tagen wie diesem werden Träume geboren und zerschlagen.
    Der Senator und sein Team hielten sich in einem mit zahlreichen Polstermöbeln ausgestatteten Konferenzzimmer auf halber Höhe des Korridors auf. Eine Wandplakette identifizierte den derzeitigen Bewohner als »Senator Ryman, Rep., WI«, aber ich klopfte trotzdem, bevor ich auf die Klinke drückte, nur für den Fall, dass drinnen etwas vorging, wobei ich besser nicht stören sollte.
    »Herein«, rief jemand kurz angebunden und verärgert. Ich nickte, und da ich offenbar nicht störte, trat ich ein.
    Als ich Robert Channing kennengelernt hatte, war mir der Chefassistent des Senators wie ein kleinlicher und selbstgefälliger Mann vorgekommen, der alles verabscheute, was sich seinen Plänen widersetzen könnte. Auch jetzt, nachdem ich ihn ein paar Monate kannte, musste ich diesen Eindruck nicht revidieren. Allerdings war mir inzwischen klar geworden, dass er seine Arbeit sehr gut macht. Er begleitet den Konvoi nicht. Normalerweise hält er sich im Büro des Senators in Wisconsin auf, bucht Säle für seine Auftritte und koordiniert die Pressearbeit, da »drei Amateurjournalisten mit einer völlig unprofessionellen Website nicht gerade eine flächendeckende Berichterstattung gewährleisten«. Komischerweise respektiere ich ihn vor allem deshalb, weil er mir solche Sachen bereitwillig ins Gesicht sagt. Vom ersten Tag an ist er sehr freimütig alles angegangen, was den Einzug des Senators ins Weiße Haus beeinflussen könnte, und wenn er dafür ein paar Leuten auf die Zehen treten muss, macht ihm das offenbar nichts aus. Er ist kein besonders netter Kerl, aber es ist gut, ihn auf seiner Seite zu haben.
    Channing schaute mich mit zusammengekniffenen Augen an, und ihm war anzusehen, dass er derzeit wohl eher nicht auf meiner Seite stand. Sein Schlips hing schief, und sein Jackett hatte er über einen Stuhl geworfen. Das verriet mir noch deutlicher als das aufgeknöpfte Jackett des Senators und dessen fehlender Schlips, dass die beiden einen harten Tag hinter sich hatten. Senator Ryman ist recht schnell dabei, auf Korrektheiten zu pfeifen, aber Channing zieht sein Jackett nur aus, wenn der Stress zu groß wird, um ihn mit Tweedstoff am Leib zu ertragen.
    »Ich dachte mir, ich komme mal vorbei und schaue, wie es im Fort läuft.« Ich schloss die Tür hinter mir.

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