FEED - Viruszone
durch die Menge und ging neben mir her, während ich meinen Weg zu Gouverneur Tates Büro fortsetzte. »Hast du eine Sekunde?«
»Eigentlich nicht«, erwiderte ich und griff nach der Türklinke.
Er legte mir eine Hand auf die Schulter und beachtete nicht, wie ich mich versteifte. »Die Kongressabgeordnete ist gerade aus dem Rennen ausgeschieden.«
Ich erstarrte, wandte mich ihm zu und rückte meine Sonnenbrille gerade weit genug vor, damit ich sein Gesicht gut sehen konnte. Das Licht der Deckenlampen brannte mir in den Augen, doch das spielte keine Rolle: Ich sah seine Miene gut genug, um zu wissen, dass er nicht log. »Was willst du?«, fragte ich und schob meine Brille wieder hoch.
Er warf einen Blick über die Schulter zu den übrigen versammelten Journalisten. Keiner schien bislang das frische Blut gewittert zu haben. Zumindest noch nicht. Doch bald würden sie es merken, und dann würden wir in der Klemme stecken.
»Ich bringe alles mit, was ich habe – und zwar auch Videomaterial, einen Haufen Zeug, die Stimmen, Einzelheiten darüber, wo sie ihren verbliebenen Einfluss geltend macht – , und du nimmst mich in dein Team auf.«
»Du willst zu Ryman?«
»Das will ich.«
Ich dachte mit ausdrucksloser Miene darüber nach. Schließlich nickte ich sehr langsam. »Sei in einer Stunde bei unseren Büroräumen, mit Kopien all deiner jüngeren Veröffentlichungen und mit allem, was du über Wagman hast. Dann reden wir weiter.«
»Wunderbar.« Er trat zurück und ließ mich meinen Weg fortsetzen.
Die Sicherheitsagenten von Gouverneur Tate nickten, als ich durch die Tür zu seinem Büro trat und dabei meinen Presseausweis zur Überprüfung hochhielt; man ließ mich passieren.
Gouverneur Tates Räumlichkeiten sahen genau wie die von Senator Ryman aus und waren wahrscheinlich auch fast identisch mit denen von Wagman. Da die Präsidentschaftsanwärter in den Tagungszentren derzeit dicht an dicht gepackt sind, achten die Organisatoren peinlich genau darauf, nicht den Eindruck zu erwecken, dass irgendeiner der Kandidaten bevorzugt werden würde. Einer der Leute hier würde als Kronprinz der Partei abreisen und den anderen nur Almosen übrig lassen, aber bis die Stimmen ausgezählt waren, standen alle gleich da.
Das Büro war voller freiwilliger Helfer und Stabsangehöriger, und die Wände waren erwartungsgemäß mit Tate-for-President -Plakaten zugekleistert, aber trotzdem herrschte eine stille Atmosphäre, die beinahe an eine Trauerfeier erinnerte. Die Leute sahen nicht ängstlich aus, sie konzentrierten sich lediglich auf ihre jeweiligen Tätigkeiten. Mit einem Druck auf den Knopf an meinem Kragen schaltete ich eine Kamera ein, die alle fünfzehn Sekunden ein Standbild aufnehmen würde. Sie hatte genug Speicherplatz für zwei Stunden, bevor ich die Bilder auf einer Festplatte abladen musste. Die meisten Aufnahmen würden wertlos sein, aber wahrscheinlich würde es ein oder zwei verwendbare geben.
Ich schlug ein paar Minuten tot, indem ich mir eine Tasse Kaffee einschenkte, die ich gar nicht wollte, bevor ich weiterging und bei den Wachtposten vor der Bürotür des Gouverneurs meinen Presseausweis vorzeigte.
»Georgia Mason, Nach dem Jüngsten Tag . Ich bin hier, um mich mit Gouverneur Tate zu treffen.«
Einer der beiden schaute mich über seine Sonnenbrille hinweg an. »Sie sind spät dran.«
»Ich wurde aufgehalten«, antwortete ich lächelnd. Meine eigene Sonnenbrille saß fest an ihrem Platz und machte es schwer, wenn nicht gar unmöglich, festzustellen, ob das Lächeln bis zu meinen Augen reichte.
Die Wachtposten wechselten einen Blick. Ich habe festgestellt, dass Männer mit Sonnenbrillen es zutiefst verabscheuen, wenn sie die Augen anderer Leute nicht sehen können – es ist, als ob die Aura des Geheimnisvollen, die sie erzeugen möchten, nicht mit anderen geteilt werden darf, insbesondere nicht mit blöden Journalistinnen, die zufälligerweise an einer Augenkrankheit leiden. Ich gab nicht nach und lächelte weiter.
Ob ich nun spät dran war oder nicht, sie hatten keinen vernünftigen Grund, mich nicht reinzulassen. »Machen Sie das nicht wieder«, sagte der Größere der beiden und öffnete die Tür zum Privatbüro des Gouverneurs.
»Klar«, sagte ich und ließ mein Lächeln verblassen, während ich an den beiden vorbeiging. Ein hartes Klicken erklang, als sich die Tür hinter mir schloss. Ich drehte mich nicht um. Schließlich erwartete mich der erste Eindruck vom Privatbüro des Mannes, der die
Weitere Kostenlose Bücher