Feenkind 2: Im Reich der Feen (German Edition)
brauchte.
Sie fuhr sich mit den Händen über das Gesicht, um diese fruchtlosen Gedanken zu vertreiben, sie musste sich konzentrieren, sie musste nachdenken. Selbstmitleid half ihr nicht weiter.
Plötzlich ertastete sie das Symbol, das Viorel auf ihre Stirn gezeichnet hatte. Hastig sah sie sich im Zimmer um, bis sie einige Stifte und Pergament entdeckt hatte. Anscheinend hatten Fiona und ihre Freundin sich die Zeit mal mit Zeichnen vertrieben, obwohl keine von beiden großes Talent dazu zu haben schien.
Dhalia hielt sich ihr Silberblatt als Spiegel vors Gesicht und bemühte sich, die Rune auf ihrer Stirn möglichst genau abzuzeichnen. Dann verließ sie das Zimmer. In dem Tunnel blieb sie kurz stehen und holte tief Luft. Dann streckte sie ihren Kopf entschlossen durch das Kraftfeld und rubbelte mit ihren Händen energisch auf ihrer Stirn. Nachdem sie sich prustend wieder aufgerichtet hatte, blickte sie wieder in ihr Blatt. Beruhigt stellte sie fest, dass die Farbe restlos abgegangen war.
Diese Nacht würde keiner ihre Gedanken teilen und auch sie würde von fremden Gedanken verschont bleiben. Morgen würde sie sich wieder mit den aufdringlichen Stimmen ihrer neuen Freunde herumplagen. Jetzt hatte sie sich Ruhe verdient.
Sie legte sich ins Bett und zog die Bettvorhänge ganz fest zu. In der relativen Sicherheit ihres Refugiums begann sie, über ihre Situation nachzudenken.
Sie musste einen Weg finden, die Unterwassersiedlung zu verlassen.
Sie musste die verschüttete Quelle finden.
Vielleicht musste sie ein schreckliches Ungeheuer bezwingen, um an das Wasser der Quelle zu gelangen.
Und dann musste sie einen Weg zurück finden. Zurück in ihre Welt. Zurück zu ihrer selbst erwählten Bestimmung. Zurück zu Chris.
Nichts leichter als das, kommentierte Dhalia zynisch ihre Situation. Doch wenn sie jemals wieder nach Hause zurückkehren wollte, blieb ihr nichts anderes übrig, als all dies irgendwie zu bewerkstelligen.
Sie gähnte und kuschelte sich in ihre Decke. Morgen würde sie damit anfangen, einen Weg zu finden, unter Wasser zu überleben. Es gab bestimmt eine Möglichkeit, sie musste sie nur finden.
Am nächsten Morgen malte sie sich die Rune wieder sorgfältig auf die Stirn, bevor sie ihr Zimmer verließ. Anscheinend hatte ein Tag genügt, um allen Wasserbewohnern Klarheit über sie zu verschaffen. Sie waren offensichtlich zu dem Schluss gelangt, dass Dhalia ein wenig eigen war, dass sie nicht mit ihnen spielen wollte und komische Fragen stellte. Wenn sie ihr begegneten, nickten sie ihr freundlich zu, ließen sie jedoch ansonsten in Ruhe. Dhalia hatte sogar das Gefühl, dass sie ihren Schritt beschleunigten, wenn sie sie sahen, damit sie sie mit ihren Fragen nicht von ihrem Spiel abhalten konnte. Einige wenige, die sie bisher noch nicht zu Gesicht bekommen hatten, blieben noch neugierig stehen, um sie sich anzuschauen und sich ein eigenes Bild von ihr zu machen, doch das nahm im Laufe des zweiten Tages immer mehr ab. Gegen Abend konnte Dhalia relativ sicher sein, alle kennengelernt zu haben. Sie hatte jedoch niemanden gefunden, der ihr ihre Fragen nach dem Brunnen, nach dem Monster oder nach den Gründen für ihre Unterwasserwelt beantworten konnte. Schließlich zog sie sich in ihr Zimmer zurück und starrte nachdenklich aus dem Fenster.
Sie fühlte sich so furchtbar allein.
Wenn Fiona in den nächsten Tagen - nein, keine Tage, ohne die Sonne gab es nur abwechselnde Phasen von Schlaf und Wachen - nicht ab und zu doch noch kurz vorbei geschaut hätte, hätte Dhalia sich für das einzige Wesen in der kalten, halbdunklen Unterwasserwelt halten können.
Fiona spürte, dass ihrer Freundin etwas fehlte, und versuchte, sie auf ihre Art aufzuheitern. Sie brachte Dhalia ein paar glänzende Muscheln und eine Blüte für ihr Haar mit. Eine Geste, die Dhalia dankbar mit einem müden Lächeln quittierte.
Als die erhoffte Begeisterung über die Geschenke ausgeblieben war, zog sich Fiona beleidigt zurück. Es hatte sie große Überwindung gekostet, all die schönen Dinge, die sie gefunden hatte, einfach so der anderen Frau zu überlassen.
Nachdem Fiona verschwunden war, stellte Dhalia sich entschieden vor das Fenster. Es musste einfach einen Weg geben. Wenn sie durch die Kraftfelder gehen konnte, konnte sie bestimmt auch unter Wasser atmen.
Sie holte tief Luft, beugte sich nach vorn und streckte ihr Gesicht in das kalte Wasser. Vorsichtig versuchte sie, durch die Nase ganz leicht einzuatmen, und sofort strömte Wasser in ihren
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