Feenkind
gsetzt."
"Das müssen sie sein." Eliza schnippte dem Mann eine Münze zu, die dieser geschickt auffing. Sie konnte gar nicht so schnell gucken, wie die Münze irgendwo im zerschlissenen Gewand verschwunden war. Einladend hielt sie die nächste Münze in die Luft. "Wisst Ihr auch, wo sie hin wollten?"
Der Mann zuckte bedauernd die Achseln. "Hab se net danach gefrocht. Un sie ham's mir ah net gesacht." Eliza wollte schon die Münze wieder verschwinden lassen, als er plötzlich weiter sprach. "Obwohl, ich kann mer vorstelle, dass se zu em Heiler gange sinn."
"Wieso denn das?"
"A, weil s'Mädel gar net gut ausgsehe hat. Do war en arg Wund an de Schulder. Ich habs Blut am Verband gesehe." Er beugte sich über Bord und spuckte eine beträchtliche Menge braunen Speichels ins Wasser.
Angewidert rümpfte Eliza die Nase, ließ sich davon aber nicht beirren. "Gibt's denn in der Nähe einen Heiler?" fragte sie aufgeregt. Endlich waren die Flüchtlinge zum Greifen nah. Verletzt, geschwächt und mit einem knappen Vorsprung. Sie hoffte bloß, dass sie sie rechtzeitig fand, bevor ein Stümper, der sich selbst Heiler nannte, dem Mädchen den Rest gab. Sie wollte die Kleine lebend.
"In de Stadt gibt's en Heiler", berichtete der Mann. "Aber die is fascht zwee Tachesreise entfernt. Ansonste gibt's noch en Kloschter irgendwo im Wald. Die Mönche dort sinn komisch und sehr verschlosse, aber ma sacht, sie verstehen was von de Heilkunscht." Er spuckte erneut.
"Wo ist das Kloster?"
"Ich weeß net. Ich halt mich fern vom Wald unn dem Gsindel, des do drinn haust." Er schielte gierig auf die Goldmünze und dachte offensichtlich, dass er genug gesagt hatte, um sie sich zu verdienen.
Eliza lächelte verächtlich - die käuflichen Menschen waren ihr im Umgang noch die liebsten - und warf dem Mann die zweite Münze zu. Aus ihm war nichts mehr herauszuholen.
Doch das war nicht tragisch. Ein ganzes Kloster zu finden, dürfte nicht allzu schwierig für sie werden.
Kapitel 8
Chris hatte Schwierigkeiten, den Weg auf dem Waldboden auszumachen. Das Unterholz war dicht und Bruno hatte kaum Platz auf dem schmalen Trampelpfad. Er hoffte sehr, dass es kein Fehler gewesen war, dem jungen Mönch zu vertrauen. Je mehr er darüber nachdachte, desto merkwürdiger kam ihm das Interesse des jungen Mannes an dem Schicksal zweier Fremder vor.
Chris hatte bewusst den Fährmann nicht nach einem Heiler gefragt, er wollte ihre Spur für Eliza nicht zu offensichtlich machen. Er hatte gehofft, unterwegs auf Menschen zu treffen, die ihm weiterhelfen konnten. Der junge Mönch, der auf einem flachen Stein am Straßenrand Rast machte, war ihm vertrauenswürdig genug erschienen, um ihn um Hilfe zu bitten. Doch Chris war gar nicht erst dazu gekommen, ihm sein Anliegen vorzutragen. Nach einem aufmerksamen Blick auf Dhalia hatte der Mann ihm von sich aus angesprochen und von seinem Kloster erzählt, das einige große Heiler beherbergte. Dann hatte er Chris den Weg zu dem im Wald verborgenen Kloster genau beschrieben.
Chris war zwar nicht besonders wild darauf gewesen, erneut in den Wald zu gehen, nachdem sie ihn gerade erst verlassen hatten, doch Dhalias geschwächter Zustand hatte ihm keine Wahl gelassen.
Ihr Kopf, der jetzt schwer an seiner Brust ruhte, während er mühsam den Weg durch das dichte Unterholz suchte, fühlte sich unnatürlich heiß an. Chris war bei weitem kein Heiler, doch auch er konnte ein Fieber erkennen, wenn er es sah. Anscheinend hatte sich die nur notdürftig gesäuberte Wunde entzündet. Vor einer Weile war Dhalia dann in einen Fieberschlaf gefallen. Und obwohl er sich wie ein Eindringling dabei fühlte, lauschte er fasziniert dem Kampf, den sie mit den Geistern ihrer Vergangenheit ausfocht.
"Vater, Mutter, verlasst mich nicht", murmelte sie von Zeit zu Zeit traurig, um dann immer wieder den einen Satz zu wiederholen: "Ich
bin
Dhalia, ich
bin
eure Tochter!"
Manchmal schweiften ihre Gedanken weiter und dann schien sie besessen davon zu sein, die Feen zu finden. Die Worte
Feen, Feenreich
und
Auserwählte
konnte er immer wieder in dem undeutlichen Gemurmel ihrer fiebrigen Fantasien ausmachen.
Chris brannte darauf, ihre Geschichte zu erfahren. Er hatte schon vor einiger Zeit die Vorstellung aufgegeben, dass sie eine einfache Schatzsucherin war. Spätestens in dem Moment, als er sie aus dem Gras auftauchen sah, um dem Viszerer, der ihn gefangen genommen hatte, die Stirn zu bieten, wusste er, dass sie anders war. Noch nie zuvor hatte ein Geschäftspartner
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