Feenkind
vorhin erwähnt habt."
Als der Mann Elizas stolze und aufrechte Gestalt sah, wandelte sich sein Gesichtsausdruck.
"Entschuldigt mich", wandte er sich hastig an seine Zuhörer, "doch Geschäfte haben Vorrang."
Die Männer entfernten sich murrend zu ihren eigenen Tischen. Hastig zog der Kaufmann einen Stuhl für Eliza zurecht. "Kommt doch näher, werte Dame, setzt Euch."
Obwohl sie keine Ahnung hatte, was eigentlich vorging, trat sie hoheitsvoll näher und ließ sich mit einer flüssigen Bewegung auf den zerkratzten Barhocker nieder, als wäre er ein Königsthron. Die Miene des Mannes wurde, wie Eliza es auch bezweckt hatte, noch eine Spur ehrerbietiger. Es konnte nicht schaden, wenn er sie für eine wichtige Person hielt.
"Ihr interessiert Euch also für Pferde, meine Dame?"
"Unter anderem." Elizas Gesicht war undurchdringlich. Sie hätte nur zu gern gewusst, wie Pferde mit ihrer Suche zusammenhingen.
"Uns interessiert insbesondere das Pferd, das Ihr auf dem Weg nach Umballa gesehen habt", warf Jonah rasch ein.
"Ich sagte doch, dass ich das Pferd nicht habe", sagte der Händler missmutig. "Doch ich habe viele andere, nicht weniger edle.
"Daran zweifle ich nicht, doch ich würde wirklich sehr gern mehr über das eine Pferd erfahren."
Plötzlich wurde der Händler misstrauisch. "Wieso interessiert es Euch so sehr?"
Eliza schwieg in der Hoffnung, dass Jonah wieder das Wort ergreifen würde.
"Meiner Herrin wurde vor einiger Zeit genau so ein Pferd gestohlen. Vielleicht sogar dieses."
"Bitte", Eliza beugte sich vor und legte einen drängenden Ton in ihre Stimme. "Wenn Ihr etwas wisst, das mir helfen könnte, die Diebe zu fassen, sagt es mir." Sie sah ihn flehend an und ließ sogar ihre Augenlider einige Male auf und zu klappen.
Aber so leicht war der Pferdehändler nicht einzuwickeln. Natürlich könnte sie etwas von ihrem Feencharme spielen lassen, doch sie sollte vorsichtig mit magischen Aktivitäten sein.
"Was springt für mich dabei heraus?" verlangte der Händler zu wissen.
"Wieso sollten wir Euch Geld für etwas bezahlen, das Ihr vor einer halben Stunde lauthals herausposaunt habt?!" brauste Jonah auf.
Doch Eliza legte ihm ihre Hand beschwichtigend auf die Schulter.
Sie holte ein Goldstück heraus und legte es auf den Tisch. "Ich denke, das genügt, um Eure Kehle während der Erzählung feucht zu halten. Sollte ich im Anschluss an unser Gespräch den Eindruck haben, dass Ihr tatsächlich die Diebe meines Pferdes gesehen habt, werde ich mich dafür erkenntlich zeigen."
Die Münze verschwand augenblicklich unter der fleischigen Hand des Mannes. "In Ordnung", brummte er.
"Wo habt Ihr das Pferd gesehen?"
"Es war auf der Straße nach Umballa, ungefähr zwei Tagesreisen von hier."
"Und wer hatte es?"
"Es waren zwei junge Mönche, unterwegs nach Umballa, wie sie mir sagten."
"Mönche?" Ärgerlich blickte Eliza zu Jonah herüber. "Und wie bist du darauf gekommen, dass es die waren, die wir suchen?" fragte sie streng.
"Sie sagten zwar, sie wollten nach Umballa, doch sie sind nie dort angekommen", erklärte Jonah hastig. "Nicht wahr?" wandte er sich zur Bestätigung an den Kaufmann.
"Ja, das stimmt. Es war schon eine merkwürdige Geschichte. Ich wollte ihnen das Pferd abkaufen, es war ein sehr schönes Tier. Außerdem hat es mich gewundert, wie ein armer Mönch zu einem so prächtigen Pferd kommt. Doch sie sagten, es wäre eine Opfergabe an den Tempel in Umballa und stünde unter einem besonderen Schutz der Götter. Da ich ohnehin in der Gegend zu tun hatte, kehrte ich einige Tage später in Umballa ein. Ich wollte schauen, ob ich dem Prior das Tier nicht doch noch abkaufen konnte. Doch dort hatte niemand etwas von diesen Mönchen oder dem Pferd gehört."
Eliza lächelte zynisch. Die Geschichte mit der Opfergabe diente wahrscheinlich nur dazu, die Mönche vor der Gier des Kaufmanns zu beschützen, doch sie zog es vor, ihn nicht darauf hinzuweisen. Wenn sie schon mal hier war, konnte sie ihn auch nach den beiden Mönchen ausfragen. "Die Mönche, wie sahen sie aus?"
Der Händler blickte sie überrascht an. Er hätte erwartet, dass sie ihn nach dem Pferd ausfragte. Wenn es nicht das ihre war, konnte es ihr doch egal sein, wer die beiden Mönche gewesen waren. Doch sie blickte ihn so gespannt an, dass er es nicht wagte, ihr zu widersprechen. Dann war es eben nicht das Pferd, hinter dem sie her war. Ihm konnte es egal sein, so lange sie nur bezahlte. "Es waren zwei Männer, wobei der eine, glaube ich, eher noch ein Bursche war.
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