Feenkind
Ruhe."
"Wartet!" So lange sie ihm zuhörte, hatte Chris die Chance, doch noch seinen Vorteil aus diesem ganzen Schlamassel zu ziehen. "Ich kann Euch helfen."
"Na, da bin ich gespannt!"
Er hörte deutlich, dass sie es nicht war. Zudem begann sie, wieder in ihrem Rucksack zu suchen. Offensichtlich wollte sie ihre Drohung mit dem Knebel tatsächlich wahr machen.
"Ihr habt bestimmt einen Schatz entdeckt, dessen Wert Ihr nicht einmal erahnen könnt", versuchte Chris sein Glück.
"Danke, ich komme schon klar."
Also hatte sie tatsächlich etwas gefunden. Wenn er nur wüsste, was es war.
"Wie heißt Ihr eigentlich?" wechselte er prompt das Thema.
Sie schien ehrlich überrascht. "Das geht Euch nichts an", sagte sie schließlich.
"Ungewöhnlicher Name: "Das geht Euch nichts an". Ich heiße Christopher, aber meine Freunde nennen mich Chris." Er lächelte vielsagend.
"Christopher also", stellte sie kühl fest.
Seine Enttäuschung über diese Abweisung war nur zum Teil gespielt.
Dhalia unterdrückte mühsam ein Gähnen. Es war nach Mitternacht und ihr Körper forderte nun seinen Tribut. Unsicher musterte sie ihren Gefangenen: Würde er versuchen zu fliehen? Würde er sie berauben?
Nach einem kurzen Zögern trat sie zu ihm und bedeutete ihm aufzustehen. Dann führte sie ihn zu der Eiche und band ihn am Baum fest. Derart beruhigt, trat sie zu ihrem eigenen Lager.
"Gute Nacht, Christopher." Sie legte sich hin, wobei sie ihren Bogen und ihren Dolch griffbereit neben sich ließ. Der Rucksack sollte ihr als Kopfkissen dienen.
"Und was ist mit mir?" beschwerte sich der Mann. "Wie soll ich Eurer Ansicht nach schlafen?"
"So gut Ihr könnt", antwortete sie trocken.
"Könnt Ihr nicht wenigstens die Fesseln lockern?"
"Gute Nacht!" betonte sie noch einmal und schloss demonstrativ die Augen.
"Kommt schon, so grausam seht Ihr doch gar nicht aus."
"Ach, wirklich?" Sie richtete sich auf ihrem Ellbogen auf und sah ihn aufmerksam an. "Und wie sehe ich Eurer Ansicht nach aus?"
"Als könntet Ihr einen Freund gebrauchen."
Sie schnaubte verächtlich. "Und Ihr wollt wohl dieser Freund sein? Ein Mann, der eine hilflose Frau bei Nacht überfällt. Danke, ich verzichte."
Sie legte sich wieder hin und drehte ihm den Rücken zu.
Er seufzte tief. Ihm war der Schlaf vergangen.
Chris wachte auf, als ihm ein appetitlicher Duft in die Nase stieg: Rührei mit Speck, so wie Viola es immer machte. Er wünschte, sie würde das Kochen noch etwas verschieben und zurück zu ihm ins Bett kommen. So lecker das Frühstück auch schmecken mochte, Violas wahre Begabung lag definitiv auf anderem Gebiet. Er wollte sich gerade genüsslich auf die Seite drehen, um den köstlichen Zustand zwischen Wachen und Schlafen noch etwas länger festzuhalten, als er merkte, dass etwas nicht stimmte. Seine Bewegungsfähigkeit war stark eingeschränkt und seine Wange drückte schmerzhaft gegen etwas Hartes, Raues.
Irritiert öffnete er ein Auge. Sein Gesicht war gegen den dicken Stamm eines Baumes gepresst und die Rinde schnitt unangenehm in seine Haut. Seine Arme waren eingeschlafen und seine Schultern taten weh von der ungewohnten Spannung, in der sie die ganze Nacht von den Fesseln gehalten worden waren.
Er wünschte, er wäre nicht aufgewacht. Doch der Schmerz hatte den Rest der Trägheit aus seinem Bewusstsein vertrieben. Er blickte sich um. Lange konnte er nicht geschlafen haben, die Morgendämmerung brach gerade erst an. Sein Quälgeist schien jedoch schon richtig munter und mit den letzten Vorbereitungen fürs Frühstück beschäftigt zu sein. Es gab tatsächlich Rührei. Sein Magen knurrte vernehmlich. Wenigstens hatte er diesen Teil nicht geträumt.
"Oh, auch schon wach?" bemerkte die junge Frau beiläufig, als sie seinen Blick spürte. Dann wandte sie sich wieder um und schien seine Gegenwart völlig vergessen zu haben.
"Mmhh ..." Chris sog den Essensduft genüsslich in seine Nase. "Das duftet aber gut!" sagte er schließlich, um sie an seine Existenz - und seinen Magen - zu erinnern.
"Danke, es schmeckt auch ausgezeichnet", sagte sie, während sie sich das Essen energisch auf den Teller schaufelte.
Eine Zeit lang sah Chris ihr beim Essen zu.
"Und was ist mit mir?" meldete er sich schließlich zu Wort.
"Was soll mit Euch sein?"
"Soll ich etwa verhungern?"
Sie warf ihm einen amüsierten Blick zu. "Ein Mensch kann mehrere Tage ohne Nahrung auskommen, ohne Schaden zu nehmen", belehrte sie ihn. "Ja, ich bin sicher, das trifft auch auf Männer zu", setzte sie hinzu, bevor er
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