Feenkind
Dunkelfeen dürfen solche Orte nicht ohne weiteres betreten."
"Das ist ja interessant", murmelte sie nachdenklich. Dann stockte sie plötzlich. "Woher weiß die Dunkelfee überhaupt von mir?" fragte sie misstrauisch. "Ihr habt ihr von mir erzählt, nicht wahr? Um Eure eigene Haut zu retten!" Sie fühlte sich verraten. Sie hatte gerade angefangen, ihm ein wenig zu trauen.
"Das war gar nicht nötig", drang Christophers ruhige, müde Stimme durch ihre Gedanken. "Sie hatte bereits nach Euch gesucht. Von mir wollte sie gar nichts."
"Aber wieso?"
"Ich hatte gehofft, Ihr könntet mir das sagen."
"Kann ich nicht", stellte sie klar.
Er glaubte ihr und dennoch spürte er, dass es noch eine weitere Wahrheit gab, die sie vor ihm verbarg.
Dhalia dachte kurz nach. "Wenn es stimmt, dass sie mich sucht, muss ich mich wohl verstecken. Irgendwann wird sie die Suche schon abbrechen." Die Verzögerung wäre zwar ärgerlich, doch sie wollte auf keinen Fall eine Dunkelfee im Nacken haben, wenn sie versuchte, das Portal zur Feenwelt zu öffnen.
Christopher schaute betreten zu Boden. "Ich fürchte, so einfach entkommt Ihr ihr nicht."
"Wieso?" Sie sah ihn scharf an.
"Eliza hat einen Kompass, der immer in Eure Richtung zeigt. Sie weiß also, dass Ihr nach Annubia wollt."
"Und woher hat sie den?"
"Von mir", gab er kleinlaut zu. "Ich habe Eure Spur aufgenommen, um Euch im Wald besser folgen zu können. Den hat sie mir abgenommen. Aber ich bin Euch sofort gefolgt, um Euch zu warnen, oder etwa nicht?" setzte er hastig hinzu, als er sah, wie sich das Gesicht des Mädchens verfinsterte.
"Danke. Vielen, vielen Dank", bemerkte sie trocken. "Jetzt, da ich weiß, dass ich ihr nicht entkommen kann, fühle ich mich schon viel besser."
Trotz ihres Spottes hörte er die Besorgnis in ihrer Stimme. "Hört mir zu." Verschwörerisch rückte er näher an sie heran. "Auf der Karte, die mich nach Marterim geführt hat, war noch ein weiterer Feenort verzeichnet. Vielleicht können wir dort etwas finden, um die Ortung des Kompasses zu neutralisieren." Erwartungsvoll sah er sie an.
Erst, als Dhalia empört von ihm zurückwich und die Arme vor ihrer Brust verschränkte, merkte er, dass er einen großen Fehler gemacht hatte.
Dhalias Gedanken rasten, während sie Christopher wütend musterte. Sie konnte es kaum fassen, dass sie ihm beinahe geglaubt hatte. Das ganze Gerede von Dunkelfeen diente anscheinend nur dazu, ihr soviel Angst einzujagen, dass sie mit ihm ging und wer weiß was für ihn tat. Nicht mit ihr! Mit ihm war sie fertig. Ohne den Mann eines weiteren Blickes, geschweige denn eines Wortes zu würdigen, stand sie energisch auf. Doch anstatt - wie sie es vorgehabt hatte - ihren Stuhl zurückzuschieben und in ihre Kammer zu rauschen, gaben ihre Knie auf einmal nach und sie fiel kraftlos in ihren Stuhl zurück.
Von ihrem bleichen Gesicht beunruhigt, blickte Christopher sie fragend an. Doch sie machte ihm nur schnell ein Zeichen, still zu sein.
"Wenn ich es dir doch sage, da war tatsächlich eine Dunkelfee in Annubia. Ich habe sie selbst gesehen", drang eine Männerstimme vom Nachbartisch zu ihnen herüber. Mehrere Köpfe wandten sich nach dem Sprecher um, der wohl schon einige Becher Bier gekippt hatte. Der Mann schien die Aufmerksamkeit, die er auf sich zog, entweder nicht zu bemerken, oder es war ihm egal, denn er fuhr, ohne die Stimme zu senken, fort. "So ein Prachtweib habe ich bisher selten gesehen. Die Flügel stören natürlich ein wenig, aber auch so hätte ich sie nicht von der Bettkante gestoßen." Der Sprecher grinste lüstern und machte eine obszöne Bewegung mit den Hüften. Die Männer um ihn herum johlten.
"Ich wäre da lieber ein wenig vorsichtig", mischte sich ein anderer in das Gespräch ein. "Die könnte dir bestimmte Körperteile mit ihren Feuerbällen glatt wegrösten, wenn du ihr zu nahe kommst." Schützend hielt er sich eine Hand vor den Schritt und lächelte anzüglich.
Der erste Sprecher merkte, dass er die Aufmerksamkeit seines Publikums zu verlieren drohte, und riss das Gespräch wieder an sich. "Ach was. An mir war sie gar nicht interessiert. Sie hatte nach einem Mädchen gesucht. Die Kleine soll ganz alleine eine ganze Straßenbande niedergemacht haben."
Fassungslos presste Dhalia sich eine Hand vor den Mund. Zum Glück hatte außer Christopher das niemand bemerkt.
"Die Dunkelfee hat die Spur des Mädchens bis zur Bibliothek verfolgt und dort für große Aufregung gesorgt. Mindestens fünf Menschen wurden vor den Augen der anderen
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