Feenkind
wollte, sich selbst wünschte er dieses Schicksal noch viel weniger.
"Wo ist eigentlich Euer Pferd geblieben?" fragte Dhalia, als ihr Begleiter trotz seines geäußerten Wunsches, mit ihr zu sprechen, hartnäckig schwieg.
"Ich musste es ... verlassen. Eliza wird es jetzt wohl haben." Er beobachtete sie aufmerksam, in der Hoffnung, dass sie ein Zeichen des Erkennens oder der Furcht bei der Erwähnung der Dunkelfee offenbarte. Doch nichts deutete darauf hin, dass sie den Namen schon einmal gehört hatte.
"Hat sie Euch dafür dieses Pferd hier gegeben? Das war aber kein besonders guter Tausch."
Bedauernd blickte Chris auf das Tier unter sich. Wie Recht die Kleine hatte. "Nein, das hier habe ich mir später beschafft."
"Ihr meint wohl - gestohlen."
"Wie schnell Ihr doch bereit seid, Menschen zu verurteilen, Gnädigste. Aber selbst ein gemeiner Dieb wie ich bezahlt ab und zu für die Dinge, die er braucht!" entfuhr es ihm beleidigt.
"Oh", machte Dhalia nur und schien, ein wenig kleiner zu werden. "Wollt Ihr mir nicht endlich von dieser Gefahr erzählen, in der ich angeblich schwebe?" fragte sie schließlich.
Chris beschloss, nicht näher auf das Wort ‚angeblich' einzugehen. "Eliza ist hinter Euch her!"
"Aber ich kenne die Frau nicht einmal!" rief Dhalia überrascht aus. "Was kann sie denn von mir wollen?"
"Eliza ist keine Frau", sagte Chris leise, "sie ist eine Dunkelfee." Trotz der zunehmenden Dunkelheit sah er, wie das Mädchen erbleichte. Sie hatte also genug über Dunkelfeen gehört, um vor ihnen Angst zu haben. Er bezweifelte jedoch, dass sie in der Lage war, den vollen Ernst ihrer Situation zu erfassen.
"Trotzdem verstehe ich nicht, was sie von mir wollen kann", sagte Dhalia nach kurzem Schweigen.
"Sie folgt Euch schon länger." Wieder sah Chris sie abwartend an, doch sie sah genauso ratlos aus wie vorhin. Entweder war sie eine äußerst gute Schauspielerin oder sie hatte tatsächlich keine Ahnung, in was sie da hinein geraten war. Irgendwie tendierte er zur letzteren Annahme.
"Woher wisst Ihr das?" fragte Dhalia plötzlich misstrauisch.
"Ich bin Ihr begegnet." Unbewusst rieb Christopher sich sein schmerzendes Kinn. Da, wo Gheorghes Faust ihn getroffen hatte, war mittlerweile eine hübsche Schwellung entstanden.
"Hat ... hat sie das etwa gemacht?" Schockiert wies das Mädchen auf sein Gesicht.
Chris lachte auf. Doch es lag keine Freude darin. "Wohl kaum. Brutale Gewalt ist nicht ihr Ding. Die Drecksarbeit erledigen ihre beiden Wächter. Sie ist eher diejenige, die einem anschließend elegant den Rest gibt."
"Klingt, als würdet Ihr sie gut kennen."
"Sagen wir mal, ich bin ihr schon früher begegnet", antwortete Chris freudlos.
"Und jetzt hat sie Euch einfach so gehen lassen?" Argwöhnisch blickte sie ihn an. Langsam wanderte ihre Hand wieder zum Knauf ihres Schwertes.
"
Gehen lassen
ist nicht gerade der Ausdruck, den ich wählen würde. Ich habe mir den Weg freikämpfen müssen."
Sie sah in unverwandt an. "Ihr könnt mir viel erzählen." Er hatte schon einmal versucht, sie zu berauben. Sie durfte ihm nicht trauen. Auf einmal fühlte Dhalia sich gar nicht wohl dabei, mit ihm auf einer einsamen Straße am Rand des Waldes zu sein. Sie suchte die Umgebung nach Anzeichen anderer Menschen ab. Zum Glück entdeckte sie in einiger Entfernung ein freundliches Licht etwas abseits der Straße.
"Ich glaube, da vorne ist eine Herberge." Sie deutete mit der Hand auf das erleuchtet Rechteck des Fensters.
Chris nickte nur. Das Gespräch ließ sich mit vollem Magen bestimmt besser fortsetzen. Schweigend ritten sie neben einander her, bis sie die Herberge erreichten.
Als Dhalia das baufällige Haus sah, bereute sie fast ihre Entscheidung, nicht im Wald zu übernachten. Andererseits würden die Mauern zumindest Schutz vor dem Nachtwind bieten, der bereits unangenehm kalt geworden war.
Sie banden ihre Pferde in der Scheune an und gingen zum Haupthaus. Als sie die quietschende Tür öffneten, schlug ihnen stickige Luft entgegen. Über Kälte brauchte Dhalia sich dort drin wahrlich nicht zu beklagen. Angewidert rümpfte sie die Nase. Es roch nach ranzigem Fett und menschlichen Ausdünstungen. Sogar das Stroh, das den Boden bedeckte, war zu einer braunen Masse verkommen.
Die Klientel schien der Einrichtung zu entsprechen. Kein Reisender, der eine Wahl hatte, wäre hier freiwillig abgestiegen. Allein hätte sie sich nie getraut, diese Schankstube zu betreten. Und auch jetzt musste sie den Impuls unterdrücken, einfach kehrt zu machen und
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