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Feenkind

Feenkind

Titel: Feenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Zeißler
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besser verwenden können - um sich selbst zu retten oder um sich einen sorgenfreien Lebensabend zu erkaufen. Aber nein, er musste sich ja von blonden Locken und großen ehrlichen Augen einwickeln lassen. Idiot! Und jetzt musste er wohl oder übel wieder rein und sie vor ihrer eigenen Dummheit beschützen, damit das Geschenk seines alten Freundes nicht völlig verschwendet wurde.
Chris suchte sich in der Herberge eine ruhige Ecke, in der er ein kleines Nickerchen halten konnte. Bei jedem Geräusch schreckte er jedoch hoch, in der Angst, dass entweder er beraubt oder das arglose Mädchen oben im Zimmer angegriffen wurde. Sie hätte ihnen beiden viel Ärger erspart, wenn sie ihn zu sich ins Zimmer gelassen hätte. Aber nein, das Fräulein musste die Sittsame spielen. Als ob er sich ihr freiwillig genähert hätte. Wer wusste schon, wo sie noch überall Waffen versteckte! Eher hätte er sich in ein Bett mit wütenden Katzen gelegt. Da hätte er zumindest gewusst, worauf er sich einließ. Ganz anders als bei der Kleinen. In einem Augenblick schaut sie einen naiv und unschuldig mit ihren großen Augen an und im nächsten Augenblick möchte man ihr am liebsten eine reinhauen. Mal abgesehen davon, dass ihm das wahrscheinlich gar nicht erst gelingen würde. Er konnte sich sehr gut vorstellen, dass sie in der Lage war, alleine eine ganze Bande auszuschalten. Mit ihm hatte sie jedenfalls nicht die geringsten Schwierigkeiten gehabt. Ein einziges Rätsel, die Kleine. Unwillig runzelte Chris seine Stirn. Wenn er nicht auch noch Kopfschmerzen bekommen wollte, sollte er am besten aufhören, über sie zu grübeln.

Zwischendurch musste er doch eingenickt sein, denn als er aufwachte, war es ungewöhnlich still. Vorsichtig öffnete er die Augen. Die meisten der anderen Gäste schliefen ebenfalls. In der gegenüber liegenden Ecke des Raumes hockten jedoch zwei Männer, die immer wieder begehrliche Blicke zu Dhalias Kammer warfen.
Chris seufzte resigniert. Es war wohl besser, wenn er das Mädchen schnell von hier fort brachte. Eine Prügelei würde nur unnötiges Aufsehen erregen.
Er erhob sich gähnend und wankte zur Tür, scheinbar, um sich zu erleichtern. Dass er seinen Rucksack dabei mitnahm, schien niemandem aufgefallen zu sein.
Draußen lief er hastig um das Haus herum und versuchte zu erraten, welches Fenster zur Kammer des Mädchens gehörte. Er wollte nur äußerst ungern in das Zimmer der Wirtin hereinplatzen. Er wusste ja nicht, was sie mit dem unverhofften Männerbesuch anstellen würde.
Gerade, als er meinte, das richtige Fenster gefunden zu haben, wurde es von innen heraus geöffnet. Chris versteckte sich rasch hinter einem Busch. Dann sah er, wie sich erst ein, dann zwei schlanke Beine über den Fenstersims schwangen. Danach erschien auch schon die gesamte Gestalt des Mädchens. Sie griff hinter sich, holte etwas hervor und ließ es auf die Erde fallen.
Ihr Gepäck.
Chris wollte seinen Augen nicht trauen. Sie haute ab! Einfach so, ohne ihm Bescheid zu sagen. Und er hatte sich Sorgen um sie gemacht!
Wütend sprang er aus seinem Versteck. Das Mädchen, das mit dem Gesicht zur Wand mit dem Abstieg beschäftigt war, hatte ihn noch nicht bemerkt. Er wartete, bis sie in seine Reichweite kam.
Sie quiekte erschrocken auf, als ihr eine Hand um den Mund und die andere um die Taille griff und sie unsanft zu Boden zerrte.
"Soll ich Euch bei Eurem Abstieg vielleicht behilflich sein, Gnädigste?" zischte Chris ihr ins Ohr.
Sie machte sich energisch von ihm los und drehte sich um. "Was macht Ihr hier?" fuhr sie ihn an.
Ihre Frechheit verschlug ihm für einen Augenblick die Sprache. "Was ich hier mache? Was ich hier mache?" wiederholte er wütend. "Ich rette Euch vor den Männern dort drinnen, Mädel."
"Nennt mich nicht immer Mädel!" fauchte sie zurück.
"Wie soll ich Euch denn sonst nennen, Gnädigste? Euren Namen habt Ihr mir ja noch immer nicht verraten."
Sie stutzte kurz. "Dhalia", brachte sie fast widerwillig hervor.
"Was dagegen, wenn ich ‚Dali' sage? Oder wie nennen Euch Eure Freunde?"
"Dhalia", wiederholte sie nachdrücklich.
"Also, bisher noch keine Freunde gehabt, wie?" Christopher zwinkerte ihr spöttisch zu. "Aber wie Ihr wollt, teuerste Dhalia. Was macht
    Ihr
hier?"
"Dhalia genügt völlig", sagte sie nun etwas ruhiger. "Warum müsst Ihr mich ständig ärgern?"
Christopher machte eine Geste mit den Armen, die wohl soviel wie ‚so bin ich halt' bedeuten sollte. "Ihr seid allerdings auch nicht ganz ohne", setzte er hinzu.

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