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Feenkind

Feenkind

Titel: Feenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Zeißler
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mochte ihn. Er war einfach nicht unterzukriegen, hatte immer einen frechen Spruch auf den Lippen.
Nicht, dass es ihm viel nützen würde. Eliza hatte schon sehr früh gelernt, wie wichtig es war, ihre Gefühle von ihrer Arbeit zu trennen. Sie war stolz darauf, dass nichts sie von der Ausübung ihrer Pflicht abhalten konnte. Doch insgeheim hoffte sie, dass Chris noch am Leben war. Sie mochte ihn eben.
In einer bestimmten Hinsicht beneidete sie ihn sogar. Er hatte bereits so viele alte Feenorte betreten. Sie selbst hatte sie immer nur von außen gesehen. Sie brannte vor Neugier zu erfahren, was sich darin verbarg. Vielleicht war das ja genau der Grund, warum ihr die Erlaubnis noch immer verwehrt blieb. Es war falsch, sich für den schwächlichen, ausgestorbenen Zweig des Feenvolkes zu interessieren. Es war falsch, sich zu fragen, warum Zeugnisse ihrer Existenz im ganzen Reich verstreut lagen, wenn sie doch so unbedeutend und machtlos gewesen waren. Vielleicht würde sie die Genehmigung endlich erhalten, wenn sie dem Herrscher das Mädchen brachte. Das Mädchen, das sich mit unglaublicher Leichtigkeit ein Recht angemaßt hatte, das ihr selbst noch immer vorenthalten wurde.
Sie zog den Kompass aus der Tasche, den Chris ihr so hilfsbereit überlassen hatte. Die Nadel zeigte noch immer in Richtung Annubia. Die Dunkelfee lächelte. Das Mädchen gehörte schon so gut wie ihr. Sobald die Kleine die Stadt erreichte, würde Jonah sie festhalten, bis Eliza ankam. Und dann würde sie endlich das Geheimnis des Mädchens erfahren. Sie wunderte sich bloß, wieso die Kleine nach Annubia zurückkehrte. Sie musste sich doch denken, dass man dort auf sie warten würde. Eliza stockte kurz, dann lachte sie leise auf. War es möglich, dass das Mädchen gar nicht wusste, dass sie verfolgt wurde? Das wäre äußerst faszinierend.
Die Dunkelfee schlug ihrem Pferd sanft die Fersen in die Seiten und es beschleunigte gehorsam seinen Schritt. Sie konnte es kaum noch erwarten, das Mädchen in die Finger zu kriegen.

Als Eliza das Lager endlich erreichte, erfasste sie die Lage sofort auf den ersten Blick. Weder Chris noch seine Sachen waren irgendwo zu sehen und Gheorghe hockte beschämt und ängstlich auf einem Baumstumpf. Anstatt sich also auszuruhen und vielleicht sogar ein wenig zu meditieren, musste sie sich nun mit dem Wächter befassen. Sie durchquerte die kleine Lichtung und baute sich dicht vor dem großen Mann auf, der scheinbar zuviel Angst vor ihrem Zorn hatte, um sie auch nur anzublicken. Unterwegs stellte sie überrascht fest, dass Christophers Pferd noch immer da war. War er etwa zu Fuß geflohen? Aber dann hätte ihn Gheorghe doch sicherlich eingeholt und zurückgebracht.
"Was ist geschehen?" verlangte sie mit strenger Stimme zu wissen.
"Er ist geflohen, Herrin."
"Das sehe ich auch! Die Frage ist, wie ihm das gelingen konnte."
Gheorghe blickte noch immer zu Boden.
"Sieh mich an!" befahl sie.
Er schaute gehorsam hoch und hatte das Gefühl, in zwei Gletscher zu blicken.
"Und jetzt sprich."
Er nickte hastig. So gefährlich ruhig hatte er seine Herrin schon öfter erlebt. Doch dieses Mal war es anders, dieses Mal war ihre Wut auf ihn gerichtet. "Ich habe ihn losgebunden, um ... um eine alte Rechnung zu begleichen. Er hatte sich am Anfang fast gar nicht gewehrt und dann ... dann hatte er auf einmal so eine magische Kugel auf mich abgefeuert."
"Einfach so?"
"Mit so einem Ding, das wir in seinem Beutel gefunden haben."
"Und dann?"
Gheorghe kratzte sich am Kopf. "Als ich dann aufwachte, wurde er von einem Strudel in die Luft geschleudert und stieg immer höher, bis ich ihn aus den Augen verloren habe."
Hastig ging Eliza zu den Sachen, die sie bei Gheorghe zurückgelassen hatte. Sie durchsuchte alles. Einmal, zweimal. Es konnte keinen Zweifel geben. Ihr gesamter Vorrat an Feenstaub war fort.
Für einen Augenblick musste der Aufruhr in ihrer Seele ihr ansonsten so beherrschtes Gesicht berührt haben, denn sowohl Gheorghe als auch Traian wichen einige Schritte zurück.
Du hirnloser Idiot! schrieen ihre Gedanken Gheorghe entgegen. Er war gefesselt, er war hilflos und du lässt ihn entkommen! Weißt du überhaupt, was du angerichtet hast?!
Chris hatte nicht nur ihren Vorrat an Feenstaub drastisch reduziert. Wenn er seinen Flug tatsächlich überlebte, was wohlgemerkt nicht sehr wahrscheinlich war, könnte er das Mädchen finden und es warnen. Eliza bezweifelte, dass Gheorghes Spatzenhirn die Reichweite seines Vergehens überhaupt erfassen

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