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Feenland

Feenland

Titel: Feenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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weite
Fernen.
    »Irgendwie bist du total weggetreten«, fährt er
fort. »Die partielle Persönlichkeit benutzt dich. Sie
zwingt dich, die Dreckarbeit zu machen, verstehen Sie? Sie setzt
Reflexe ein, die du bewußt niemals beherrschst, und sie hat
keine Skrupel, keine Spur von Moral. So was wie ein
Zwangshandeln…«
    »Psychopathisch?«
    Justin lächelt. »Klar.«
    »Ich dachte, sie würden lediglich die Reflexe der
Soldaten verstärken.«
    »Sicher, die Teilpersönlichkeit hat Zugriff auf fest
verschaltete Chip-Prozeduren und all den Schrott. Aber du selbst bist
offline, damit sie nicht von den Sozialisierungsmustern gehemmt wird,
die dir im Lauf deiner Kindheit eingeprägt wurden. Sie will
verhindern, daß deine Reflexe ihre Reflexe blockieren. Also
betätigt sie den großen roten Schalter in deinem Gehirn,
bootet die Software, und du bist weg. Wenn du deinen Job getan hast,
kommst du wieder zu dir, denn die Legion hätte viel zu tun, wenn
ihre Verrückten auf Dauer verrückt herumliefen. Du
erinnerst dich an nichts. Das behaupten sie jedenfalls. Nur –
manchmal ist es so, daß du träumst. Du träumst wirres
Zeug, und es vermischt sich mit deinem normalen Leben. Das ist
schlimm.«
    »Kann ich mir vorstellen.«
    »Können Sie sich nicht vorstellen!« sagt
Justin ruhig. »Keine Ahnung haben Sie! Wenn sie dich entlassen,
zerstören sie die Codes auf deinem Chip, damit deine
Vergangenheit für immer gelöscht ist. Ich bin ihnen
abgehauen, sozusagen durch die Maschen geschlüpft, aber ich habe
selbst dafür gesorgt, daß mein Chip entfernt wurde. Du
willst diesen Kram nicht länger als unbedingt nötig im Kopf
haben. Die Träume bleiben nämlich, auch wenn dein Chip raus
ist.«
    Morag sieht dem gequälten jungen Mann in die Augen und
murmelt: »Das tut mir leid.«
    »Sie wollten wissen, was mit Armand los ist. Ich hab’s
Ihnen gesagt. Lebt er noch?«
    »Ich glaube schon.«
    »Wir nannten seine partielle Persönlichkeit Mister Mike.
Weil er Funker war, verstehen Sie. Wenn seine Software gebootet
wurde, dann unter dem Kennwort Mister Mike. Wissen Sie, warum ich
Ihnen das alles erzähle?«
    »Nein.«
    »Es geht das Gerücht, daß Armand sich in einen
Werwolf verwandelt hat. In einen Killer, verstehen Sie? Als ich ihn
das letzte Mal traf, funktionierte sein Chip noch. Er habe Angst, ihn
entfernen zu lassen, sagte er. Mister Mike habe ihm verboten, das zu
tun. Armer Armand, er war stärker von der Rolle als die meisten
von uns.« Justin steht unvermittelt auf und wendet sich zum
Gehen. »Und jetzt entschuldigen Sie mich, Mademoiselle.«
Morag ruft ihm ein Danke nach, aber er dreht sich nicht mehr um.
    »Schauen Sie später noch mal vorbei!« rät ihr
Claude. »Ich habe meine Leute, die sich umhören und mehr
über diesen Kerl herauszufinden versuchen.«
    Es ist möglich, daß die Polizei ihn geschnappt hat,
aber Morag bezweifelt das sehr. Sie ist sicher, daß die Puppe
– die Fee – die ihr in der Eingangshalle begegnet war, ihn
von seinem Bann befreit hat. Schon jetzt könnte er wieder auf
ihrer Spur sein.
    Erstmals seit Afrika kauft sich Morag ein Päckchen
Zigaretten. Die erste schmeckt furchtbar, und der Nikotinstoß
wirkt so brutal, daß ihr schwindlig wird. Die zweite ist schon
besser. Zum Henker mit den guten Vorsätzen! Die Krebsgefahr ist
heute nicht mehr das größte Risiko der Welt.
    Sie sitzt in einem kleinen Café. Allmählich wird ihr
wärmer. Kaffee und Zigaretten. Wer probierte als erster diese
segensreiche Kombination aus? Man sollte ihn oder auch sie
heiligsprechen.
    Als sie sich beruhigt hat, ruft sie Dr. Science an. Es dauert
zwanzig Minuten, bis sie seine Abschirmung durchbrochen hat, und als
sie Dr. Science endlich am Hörer hat, weigert er sich
zunächst glatt, sie zu empfangen.
    »Ich gehe an die Öffentlichkeit«, erklärt
Morag. Und als sich Stille breitmacht, fügt sie hinzu: »Ich
meine es ernst. So kann die Sache nicht weitergehen.«
    »Welche Sache, Morag?«
    »Nicht am Telefon. Können Sie vorbeischauen und mit mir
sprechen?«
    Dr. Science schlägt ein Treffen im Depot vor, aber sie lehnt
ab und erklärt ihm, wo er sie treffen kann. Er stimmt
zögernd zu, und das verschafft ihr eine vage Befriedigung,
dünn wie eine Eisschicht über einem tiefen, kalten,
schwarzen See. Endlich ist es ihr gelungen, das Steuer in die Hand zu
nehmen.
     
    Dr. Science kommt zu spät. Er ist sauer, weil er Mühe
hatte, das Lokal zu finden, und will wissen, warum das Gespräch
nicht im Depot oder zumindest in

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