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Feenland

Feenland

Titel: Feenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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die
Schnauze halten.
    Bloch kommt zurück, und sie gehen weiter, bis sie die
unkrautüberwachsenen Schmalspur-Schienen erreichen. Vor ihnen
schimmern Wege im Halbdunkel. Der große Berg in der Mitte des
Sees reißt einen schwarzen gezackten Fetzen aus dem Neonglanz
des Interface. Einen Moment lang rührt sich nichts; dann stiebt
eine Wolke kleiner Motten um sie auf, streifen mit papiertrockenen
Flügeln die nackte Haut und hinterlassen auf den Schutzbrillen
Sprenkelspuren, die an Pollen erinnern. Armand schnappt nach den
Motten, weil sie schwach nach Soma riechen, aber dann setzt Bloch
eine Spraydose ein, und die Motten verschwinden so plötzlich,
wie sie gekommen sind.
    »Horcht!« sagt der Dicke. »Ist das ein
Helikopter?«
    Armand hört ihn ebenfalls.
    Bloch meint: »Das kommt von der anderen Seite. Vermutlich ein
Fernseh-Team, das den Protestmarsch filmt.«
    Armand kichert. »Die suchen nach euch«, sagt er.
    Sie beachten ihn nicht. Bloch bildet die Vorhut auf dem Weg zum
Bahnhof; er beobachtet unentwegt den Schirm eines tragbaren kleinen
Bewegungsmelders. Armand hat so ein Ding in Afrika benutzt, als er
von Haus zu Haus ging, um Heckenschützen aufzuspüren.
    Der Fahrkartenschalter besteht lediglich aus einem roh gezimmerten
Holzrahmen mit einer Ziegelfassade. Drinnen stinkt es nach Pisse und
der Asche längst erloschener Feuer. Bloch scharrt mit der
Schuhspitze Schmutz vom Deckel des Einstiegs, besprüht die
Verschlüsse mit Kriechöl und entriegelt die Querstange. Er
und der Dicke heben den Deckel auf.
    Rotes Licht flammt in dem schmalen Spalt auf. Aus der Tiefe dringt
ein dumpfes Knurren herauf. Dann wird das Licht verdunkelt, und das
Knurren verstärkt sich. Etwas klettert den Schacht nach
oben.
    Armand versucht sich von der blonden Frau loszureißen. Im
Schacht lauert ein Beschützer, und Beschützer fragen nicht
lange, ob einer zum Feenvolk gehört oder nicht.
    Bloch läßt den Deckel fallen und schafft es, zwei der
Ösen zu verriegeln, ehe von innen etwas mit einem gewaltigen
Klirren gegen das Metall kracht. Staub fliegt auf, und Bloch stolpert
rückwärts. »Raus!« ruft er. »Los, raus
hier!«
    Draußen erklärt die blonde Frau von der
Sicherheits-Patrouille: »Noch drei Minuten. Danach gibt es keine
Garantie mehr, weil die KI-Einheiten die Schnecke bis dahin wohl
enttarnt haben.«
    »Die lassen uns nur rein, wenn es ihnen paßt,
Bloch«, sagt der Dicke. »Das wissen Sie ganz
genau.«
    »Im Grenzland«, entgegnet Bloch, »gibt es Dutzende
von Schlupflöchern durch die Konzessionsläden.«
    »Sie hatten den Auftrag, diesen Einstieg
auszuspähen«, faucht die blonde Frau.
    »Ich glaube, wir haben zu laut an ihrer Tür
geklopft«, meint der Dicke und deutet zum Berg hinüber.
    Gestalten, klein und spillerig wie Kinder, wuseln über die
Klippen oder zeichnen sich schemenhaft gegen den hellen Schein des
Himmels ab.
    »Sie wissen, daß wir ihren Werwolf haben«, sagt
Bloch. »Sie werden nichts unternehmen.«
    Armand riecht seinen eigenen Schweiß.
    Bloch fährt fort: »Wir gehen durch die
Grenzland-Kulissen.«
    Sie setzen sich in Bewegung. Der Weg ist mit Metallsplittern
übersät – Teile der Maschinen, die von Spionen und
Spinnern eingeschleust wurden. Armand kickt das Zeug beiseite, bis
die blonde Frau ungeduldig an seiner Handschelle ruckt. An einer
Schmalstelle des Sees schwingt sich eine Brücke von Ufer zu
Ufer. Im schwarzen Wasser unter ihrem Bogen driften und kreiseln
Inseln aus Schaum, steif wie geschlagenes Eiweiß. Auf der
anderen Seite öffnet sich eine Straße, die mit
Häusern aus dem Wilden Westen gesäumt ist – eine
Filmkulisse, die dreidimensionale, detailgetreue Nachbildung eines
Ideals, das es so niemals gab. Die Bauten schimmern vage, wie mit
Silber-Phosphoreszenz überhaucht. Die Zeichen der Feen kriechen
wie schwarze Schlangen durch den schwachen Glanz. Feen stehen in
jedem Hauseingang, spähen von Veranden, Baikonen und
Flachdächern.
    »Gehen Sie voraus, Armand«, sagt der dicke Mann.
»Führen Sie uns zu ihr!«
    Plötzlich fegen zwei Riesen im wilden Galopp die Straße
entlang – oder nein, es sind schmächtige Menschenkinder,
die rittlings auf den breiten, vorgebeugten Schultern von bulligen,
muskelbepackten Puppen kauern. Die Wesen tragen Zaumzeug, und Geifer
tropft aus ihren Mäulern mit den krummen Zahnreihen, als die
Reiter sie geschickt herumreißen und vor den vier Menschen zum
Stehen bringen.
    Es sind die Zwillinge. Sie deuten auf Armand und sagen im
Chor:
    »Mister Mike

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