Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feenland

Feenland

Titel: Feenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
Vom Netzwerk:
zu
verhandeln.«
    »Dann ist sie die Frau, die Sie schon so lange
kennen?« Mistress Powell überrascht ihn immer wieder mit
ihrem Scharfsinn. »Wollen Sie mir nicht mehr über sie
erzählen? Ich sehe Sie als den romantischen Ritter par
excellence, ein Leben lang auf der Suche nach der verlorenen
Liebe.«
    Alex lächelt. Ihm ist eben zu Bewußtsein gekommen,
daß er sich in diesen stillen, uralten Ruinen glücklich
fühlt.
    »Wer ist sie?« sagt er versonnen. »Sie behauptet,
daß sie in direkter Linie von Daphoene abstammt, der
Mondjägerin, der dreifachen Göttin, der Herrscherin
über Luft, Erde und die unergründlichen Gewässer des
Todes. Es ist symbolisch, daß die Steine hier einen Triumph der
Männer über einen Ort darstellen, der ursprünglich
Frauen geweiht war. Sie fielen in den Tempel der Göttin ein,
töteten ihre Pythons und spannten ihre heiligen Pferde vor ihre
Streitwagen. Sie fällten auch die Lorbeerbäume, aber der
Lorbeer ist nachgewachsen.«
    Mistress Powell hat die Augen halb geschlossen. »Ja«,
murmelt sie. »Genau so war es.«
    Alex hat sich für das Thema erwärmt. »Das Zeitalter
der Vernunft bedeutete um ein Haar das endgültige Aus für
die Dreifachgöttin, aber in seinem Ende liegt ihr Neubeginn.
Denn das vorige Jahrhundert erlebte die Absetzung des Gottvaters, der
so lange die Macht behauptet hatte, den Zeusthron, der eigentlich ihr zustand. Das Zeitalter der Theokratie im Westen war
bereits im Zerfall begriffen, als in unserem Land Cromwell mit Gewalt
die Zeremonien abschaffte, die Gott von den Menschen trennten. Er
ahnte nicht, daß das Zeitalter der Vernunft, in dem jedermann
das Recht hatte, die Schrift zu lesen und zu deuten, der
Todesstoß für den Gottbegriff sein würde. Apollo, der
Gott der Wissenschaft und Logik, wurde erhöht, und zu seiner
Rechten und Linken standen Pluto und Merkur. Als ich jung war,
verehrte ich Apollo und Merkur, aber jetzt steht Pluto im
Aszendenten. Pluto, der Schätzesammler, der Gott der alten
Knacker, der Gott all der Leute, die sich in den Rand-Arkologien und
in der virtuellen Welt verkriechen, voller Neid auf die Jungen und
voller Angst vor dem Sterben, weil sie mit dem Tod alles verlieren
würden, was sie zusammengerafft haben.
    Aber ich denke, daß Apollo seine Rache bekommen wird. Der
Endspurt des Technikzeitalters brachte die Puppen hervor, die
seelenlosen Sklaven, Tiere in der Maske von Menschen. Die Frau, die
ich suche, hat sie erhöht, ihnen Seelen gegeben – obwohl
sie damals nur ein verrücktes, neunmalkluges kleines Ding war.
Und ich glaube, daß sie sich jetzt zur Göttin dieser
Geschöpfe machen will. Sie hält sich für die
wiedergekehrte Dreifachgöttin. In katholischen Ländern war
die ja nie ganz verschwunden, denn der Marienkult war wenig mehr als
eine Verwässerung ihres Kultes. Kreuzfahrer brachten eine
Version der Legende aus dem Morgenland mit, obwohl Maria in unserem
Land rasch zu Marian wurde, der Gefährtin dieses Waldburschen
Robin Hood. Sie wartet wie ein Saatkorn in der bitteren
Erde.«
    »Manche von uns haben den Glauben nie verloren«, sagt
Mistress Powell.
    »Natürlich. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts schien es,
als sei eine neue Göttin erstanden – Gaia, die Erde selbst.
Aber Gaia ist die Welt, nicht der Sinn der Welt. Gaia hat vor uns
existiert und wird nach uns existieren. Wir müssen sie nicht
anbeten, denn wir sind ein Teil von ihr. Die Dreifachgöttin war
unsere Fürsprecherin bei Gaia. Sie ordnete das Leben unserer
Vorfahren. Ohne sie hätte es keine Opfer der zeitweiligen
Könige gegeben; ohne sie keine Jahreszeiten, keine Ernte. Und
nun ist sie wieder da, verkörpert in der selbsternannten
Feenkönigin. Sie hat einen Bann über mich geworfen, vor
langer Zeit, als sie ihre erste Fee schuf. Seitdem versuche ich, die
Zusammenhänge zu verstehen. Ich denke, daß ich sie
allmählich durchschaue. Ich denke, ich weiß, was sie
zurückbringen will, und mir gefällt weder, daß sie es
tut, noch wie sie die Sache in Angriff nimmt.
    Ich denke, daß der Kinder-Kreuzzug ein erster Schritt war.
Ein Test, um herauszufinden, ob sie ein Religions-Virus verbreiten
kann. Aber sie besitzt die Feen nicht. Die sind ihrer Kontrolle
längst entglitten. Seltsame Dinge leben wieder auf, nicht nur
wegen des Krieges, sondern weil es nun alle Möglichkeiten gibt.
Feen können die Dinge nach Belieben verändern und erneuern.
Sie können die Fembots in ihren Blutbahnen direkt steuern. Ich
vermute, daß Glass diese Fähigkeit für

Weitere Kostenlose Bücher