Feenland
des Kreuzzugs
ebenso vernichten wie die Elfen und Feen, denn in ihrem Blut befinden
sich die Codes, mit deren Hilfe dir die Cowboys folgen könnten.
Doch dazu hast du nicht das Recht, Milena!«
»Puppen werden von ihren Herstellern tagtäglich
vernichtet, zu Tausenden und Abertausenden. In gewisser Hinsicht
stehen Feen noch eine Stufe unter den Puppen – sie existieren
nur dank radikaler Neurochirurgie. Entferne ihnen die Chips, und sie
haben einen weit geringeren Nutzen als die Puppen, die sie einmal
waren!«
»Sie sind etwas Neues, Milena. Mag sein, daß du sie
erschaffen hast, aber du weißt nicht, was du erschaffen
hast.«
»Ich weiß genau, was ich getan habe, Alex. Ich
wußte immer, was ich tat, auf jedem Abschnitt meines Weges.
Meine Töchter waren mir vielleicht eine Spur zu ähnlich. Sie fanden eine Möglichkeit, die letzten
Überlebenden des Kinder-Kreuzzugs zu steuern. Nun, die
Geschichte mit dem flammenden Mann ist dir ja nicht neu – aber
selbst diese kleine Panne wird bald behoben sein. Trotz deiner
Einmischung, wenn ich das hinzufügen darf.«
»Das zumindest war nicht Teil deiner Pläne.«
Milena lächelt. »Vielleicht, vielleicht nicht. Aber du
mußt zugeben, daß wir beide das gleiche Ziel haben: Wir
wollen den Kinder-Kreuzzug zum Stillstand bringen. Wir wissen beide,
daß es zu gefährlich wäre, ihn in irgendeiner Form
fortbestehen zu lassen, insbesondere wenn Frodo McHale und seine
Söldner ihn als Machtinstrument mißbrauchen. Du hast keine
andere Wahl, als mir zu helfen, wenn du die wilden Feen retten
willst.«
»Ich will sie tatsächlich retten. Das ist der
Unterschied zwischen dir und mir. Du willst sie ausrotten, weil du
befürchtest, sie könnten dir folgen.«
»Den Feen droht die Vernichtung durch Kräfte, die nichts
mit mir zu tun haben, Alex. Ihre Zeit ist vorbei, seit die Menschen
wissen, daß die Feen sie verwandeln können – so wie
sie selbst einst die Puppen in Feen verwandelten. Ich muß kaum
eingreifen. Aber ich sehe, du glaubst mir nicht. Du hoffst immer noch
auf ihre Rettung.«
»Du hast eine moralische Verantwortung. Nicht nur für
die Feen, sondern auch für die Menschen, die du verändert
hast. Für die Kreuzfahrer, die du als lebende Inkubationskammern
benutzt hast.«
»Die meisten sind bereits von dem Bann befreit, der ihr
Handeln steuerte. Die übrigen, eine winzige Minderheit,
müssen ausgeschaltet werden. Du weißt, daß es zu
riskant wäre, sie am Leben zu lassen. Weil in ihrem Blut ein
brisantes Wissen zirkuliert. Weil sie die diejenigen sind, in denen
sich die Interface-Codes am besten entwickelten. Selbst die UN stuft
sie als gefährlich ein. Du bist übrigens nicht weniger
gefährlich, Alex. Wie konntest du dich bewußt so
infizieren, dich in eine Brutstätte verwandeln…? Du bist
ein Mann mit jeder Menge Fettreserven, ich weiß, aber du
solltest keinen derartigen Raubbau mit deinem Körper
treiben.«
»Wenn ich ehrlich bin, hatte ich mir mein Leben auch anders
vorgestellt.«
»Ich weiß. Manchmal wünsche ich mir, ich
könnte mehr Mitgefühl mit dir haben.«
Milena schlendert an das andere Fenster. Ihre Gestalt verschwimmt.
Alex kann den weiß getünchten Adams-Kamin durch ihre
Silhouette erkennen. »Da ist noch etwas«, sagt sie und
öffnet das Rollo mit ihrem Geisterfinger – oder vielleicht
löst es sich auch von selbst auf wie ein Nebel. Kaltes gelbes
Jupiterlicht fällt durch das Fenster, hinter dem der virtuelle
Homeroom von Max sichtbar wird. Die Wolkenlandschaft von Jupiter
erscheint realer als das weiße Zimmer, das wie Milena
transparent wirkt.
»Komm her«, sagt sie.
Und Alex ist bei ihr.
»Ich mache dir ein letztes Geschenk«, erklärt
Milena. »Wenn du es annimmst, wird es dir helfen, den Kreuzzug
aufzuhalten.«
Ihre Geisterform schrumpft plötzlich und verdichtet sich,
gewinnt an Masse, Kontur und Licht. Abgesehen von Alex und den beiden
Fenstern mit Blick auf Jupiter und Feenland, ist sie das einzige
reale Ding im Raum. Sie schwebt in der Luft, klein wie ein
Schmetterling, mit durchsichtigen Flügeln, einem Kleid wie einer
umgestülpten Tulpe und locker aufgestecktem Silberhaar. Sie
zieht die freche kleine Nase kraus, wirft Alex eine Handvoll
Sternenstaub zu und schießt davon, mitten durch die
Geisterscheibe des Fensters nach Feenland. Ein Kondensstreifen aus
funkelndem Licht folgt ihr, als sie in den weiten, makellos blauen
Himmel entschwebt.
Der Himmel verschwindet. Was bleibt, ist das Fenster zum Jupiter.
Ein brodelndes
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