Feentod
stieà sie an eine Stelle, an der ein kleines Holzkreuz angebracht war. Nick â 11. Juni 2011 prankte darauf. Daneben stand ein grüner Krug mit gelben Tulpen. Noraya fragte sich, ob Kati wohl immer frische Blumen hier vorbeibrachte? Ihr Blick wanderte an der Mauer entlang. An dieser Stelle konnte man ohne Weiteres auf die breite Befestigung steigen, aus deren bröckeliger Oberfläche Pflanzen wuchsen.
Aber warum, in aller Welt, hatte Faris sich da draufgestellt? Oder hatte ihn der Täter dazu gezwungen? Noraya wurde übel, wenn sie nur daran dachte, sie traute sich gar nicht erst, einen Blick über die Mauer zu werfen. Sie wusste auch so, wie tief es dort hinabging. Schon mehr als einmal war sie auf dem unteren Weg, der im Graben verlief, spazieren gegangen. Teilweise erhob sich die Mauer vier Meter über dem Graben.
Es ist ein Wunder, dass Faris diesen Sturz überlebt hat, dachte Noraya. Die Vorstellung, dass derjenige, der Faris da hinuntergestoÃen hatte, vielleicht seinen Tod gewollt hatte, lieà Noraya erschauern.
Plötzlich hörte sie ein Knacken. Ganz deutlich näherten sich Schritte. Noraya sprang so hastig von der Mauer weg, dass sie fast im Gebüsch landete. Dann ging sie in ausgreifenden Schritten los. Nur weg von der Absturzstelle. Weil der Weg einen Bogen machte, konnte sie denjenigen, der da kam, noch nicht sehen. Aber den Schritten zufolge musste es eine einzelne Person sein.
Jetzt endlich sah sie den Entgegenkommenden. Wie angewurzelt blieb sie stehen. Es war Hagen. Hatte Alina ihn etwa mit hierher geschleppt? Er hob die Hand zum Gruà und wurde langsamer. Noraya trat einen Schritt auf ihn zu. »Wo ist Alina?«
Hagen zuckte mit den Schultern und atmete durch. »Keine Ahnung. Ich suche sie auch.«
»Also wir sind gleich verabredet. Am Grabmal vorne.« Noraya deutete in die Richtung, aus der Hagen gerade gekommen war.
»Weià ich. Aber da ist sie nicht.«
»Alina ist niemals pünktlich.« Noraya musste lachen. Dann fragte sie Hagen direkt: »Warum bist du eigentlich hier? Nichts gegen dich, aber ich bin fest davon ausgegangen, dass nur ich und Alina uns treffen.«
»Ach ja?« Hagen schaute sie erstaunt an.
»Also ⦠Ich mein ja nur. Das hatte ich so verstanden.«
»Mir hat sie gesagt, ich soll herkommen, damit sie von uns beiden hört, dass da nie was zwischen uns war.«
»Das ist einfach lächerlich«, entfuhr es Noraya. Mit schnellen Schritten ging sie den Rest des Pfades entlang, dessen Ende schon in Sicht war. Irgendwie behagte es ihr nicht, auf dem engen Weg entlang der Mauer mit Hagen allein zu sein. Am Ende sah Alina sie hier zusammen und tickte völlig aus.
»Wie kommt sie nur auf diesen Schwachsinn?«
»Welchen Schwachsinn?«
»Na, du und ich. Dass wir was miteinander haben. Das ist doch total lächerlich.«
»Du findest das lächerlich?« Hagen holte den Abstand zwischen ihnen schnell auf und hielt sie an der Schulter fest.
Noraya durchfuhr ein stechender Schmerz. Es war die Schulter, auf die sie gestern gefallen war. Reflexartig griff sie nach der schmerzenden Stelle und drehte sich von Hagen weg. »Ja, Alinas Verdächtigungen sind einfach lächerlich«, antwortete sie, nachdem der Schmerz etwas nachgelassen hatte.
Sie waren nun wieder auf dem offenen Platz angekommen. Seitlich davon befand sich das alte Grabmal aus der Römerzeit. Es war ein rundes, circa 20 Meter hohes Bauwerk, dessen grobe Steine unverputzt waren, was nicht nur dem Monument, sondern auch dem ganze Ort die Wirkung einer antiken Kultstätte verlieh.
Noraya sah sich um. Von Alina fehlte jede Spur. »Wenn sie uns zwei zusammen hat kommen sehen, dann ist die Kacke am Dampfen.«
Hagen kratzte sich am Kinn. Er sah besorgt aus. Anscheinend setzte ihm der Streit mit Alina ziemlich zu. Wieder musste sich Noraya im Stillen korrigieren â sie hatte Hagen mit ihren Unterstellungen wirklich unrecht getan.
»Ich ruf sie mal an«, entschied Noraya. Aber auf Alinas Handy meldete sich noch nicht einmal die Mailbox. The person you have called is temporarily not available.
Hagen ging das Gelände ab und kam alleine wieder zurück. »Hat es sich wahrscheinlich anders überlegt.« Sichtlich niedergeschlagen setzte er sich auf einen Mauervorsprung.
»Wie kommt sie nur auf diese hirnrissige Idee«, begann Noraya wieder mit dem Thema, das sie nicht loslieÃ. Sosehr sie sich
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