Feentod
sagt. Das ist doch schrecklich!«
»Hoffentlich ist das bei Faris nicht so!« Tarek riss die Augen auf.
»Das glaub ich nicht«, beruhigte Staff Tarek und auch ein Stück sich selbst. »Faris hat doch bisher einen guten Eindruck gemacht.«
»Wollen wir es hoffen.«
28.
D ie raue Wand war kalt. Aber der harte Stein an ihrer Wange fühlte sich besser an als alles andere an diesem Ort. Noraya war zu Boden gegangen, als Hagen ihr noch einmal einen Schlag gegen die verletzte Schulter versetzt hatte. Seitlich an die Mauer gelehnt, zog sie die Knie ganz eng an ihren Oberkörper und drückte ihre Stirn dagegen.
Hagen schien überrascht, dass sie gleich zusammengesackt war. Auch er verharrte reglos gegen die Mauer gelehnt. Dabei summte er die Melodie von Feentod.
Wenn ich ihm anbiete, seine Freundin zu sein, vielleicht lässt er mich dann gehen? Norayas Geist war jetzt hellwach. Als ob ihr eng zusammengezogener Körper es ihr ermöglichte, sich zu sammeln. Allein schon, dass Hagen sie nicht mehr berührte und sie nicht länger seinen Atem auf ihrer Haut ertragen musste, lieà sie wieder zu Kräften kommen.
»Wenn ich das gewusst hätte«, sagte sie leise.
Hagen reagierte nicht. Er summte weiter.
Vielleicht hat er mich gar nicht gehört? Noraya wagte einen Blick zu ihm. Eine Hand gegen die Wand gelehnt, die andere in seine Jeans eingehakt, sah er ausdruckslos auf sie hinunter. Zum ersten Mal bemerkte Noraya, dass unter seinem blonden Haar ein dunkler Haaransatz herauswuchs. Sein Summen wurde immer intensiver, er wirkte erregt.
»Wenn ich gewusst hätte, dass mich jemand wie du toll findet, dann wäre vielleicht alles anders gekommen.« Sie stoppte wieder und behielt Hagen im Blick. Er summte weiter. »Ich meine, dann hätten wir vielleicht eine Chance gehabt. Alina ist immer diejenige, nach der sich alle Kerle umdrehen. Ich wäre niemals daraufgekommen, dass du auf mich stehen könntest.«
»So, so, was du nicht sagst. Das Märchen vom Aschenputtel. Verdammt zu einem Leben ohne Liebe. Dass ich nicht lache, du kleines Flittchen!« Hagen lachte bitter und Noraya musste sich beherrschen, ihn nicht anzuspucken, sondern weiterhin die Verständnisvolle zu spielen.
»Klar bin ich kein Kind von Traurigkeit. Aber du weiÃt doch genau, wie mein Vater drauf ist.«
»Oh ja. Das weià ich. Hat mir Alina ja alles brav erzählt. So eine beste Freundin ist ein idealer Informant. Ich muss nur ein Stichwort fallen lassen und schon plaudert sie drauflos. Ãber deinen Vater, dein kleines Schwesterchen, deine Knutschereien, dass du nie rote Sachen anziehst. Na ja. Und deine SMS und E-Mails konnte ich ja selber lesen.« Hagen lachte und präsentierte Alinas Handy wie eine Trophäe.
Mit einem Schlag wurde Noraya alles klar. Hagen hatte Alina nur benutzt.
»Kennst du daher auch meinen neuesten Song?«
»Der Text-Ausdruck lag ja unübersehbar auf Alinas Schreibtisch rum. Da warst du geplättet, was?«
»Du hast ja âne richtige Show für mich inszeniert. Krass! Und die erste Droh-SMS auf meinem Handy hast du auch gelöscht, oder?« Noraya versuchte, so viel Bewunderung wie nur möglich in ihre Stimme zu legen.
Hagen grinste sie selbstgefällig an.
»Gefällt dir der neue Song eigentlich?«, fragte sie, um Hagen bei Laune zu halten.
»Spinnst du? Ich weià doch genau, um wen es da geht. Um diesen Affen, diesen Weiberheld. Wie der dich angegraben hat. Unglaublich! Und du bist auch noch voll drauf angesprungen. Ekelhaft! Ich hätte kotzen können.«
»Hast du mich auch auf dem Festival beobachtet?« Noraya wollte jetzt alles wissen. Aber Hagen antwortete nicht. Nur eine harte Falte zwischen seinen Augenbrauen verriet ihr seine Anspannung.
Noraya erstarrte. Plötzlich kam ihr ein schrecklicher Gedanke: Faris. Und dann spielte sich vor ihrem Geist eine Szene ab, die sie innerlich aufschreien lieÃ. Hagen, der Faris und sie verfolgte. Hagen, der Faris von der Mauer stieÃ. Blankes Entsetzen breitete sich in ihr aus. Es erforderte ihre gesamte Willenskraft, um nicht laut aufzuschreien. Einen Satz formulierte sie stumm wie ein Gebet an sich selbst: Er darf nicht merken, dass ich es weiÃ.
»Was um Himmels willen meint er damit?« Tarek blickte Staff aufgewühlt an.
»Faris kann nur mühsam sprechen. Aber er sagt andauernd Norayas Freund warâs. Hat die etwa einen Typen?
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