Feenzorn
sogar noch heller, zorniger.
»Stahl«, murmelte ich. »Dann bist du also auch ein Feenwesen.« Ich blickte zu den riesigen Regalen hinauf, während ich zwischen ihnen entlangrannte. Gleich darauf hörte ich, wie der Chlorofeind sich umdrehte und mir folgte. Im Laufen sammelte ich bereits meine Willenskraft und ließ den Schild fallen. Jetzt war meine Verteidigung gerade noch stark genug, um den Nebel daran zu hindern, mir den Kopf zu verkleistern. Ich würde meine ganze Kraft brauchen, um meinen verzweifelten Plan umzusetzen – und wenn es nicht klappte, dann würde mich mein Schild sowieso nicht mehr schützen. Früher oder später würde der Chlorofeind sich durch meine Verteidigung prügeln und mich in Dünger verwandeln.
Ich rannte vor ihm weg, doch er wurde schneller und holte auf. Als ich das Ende des Ganges erreichte, das Ende der Stahlregale, drehte ich mich um.
Bei den Toren der Hölle, das Biest war groß. Sogar größer als Grum. Stellenweise konnte ich hindurchsehen, weil die Lücken zwischen den Ästen und Blättern nicht überall mit Erde gefüllt waren, aber das machte es nicht weniger übermächtig oder gefährlich.
Wenn mein Plan nicht funktionierte, würde ich nicht einmal lange genug leben, um es zu bedauern.
Meist ist die Magie ziemlich zeitaufwendig – Kreise malen, die Kraft aufbauen und bündeln. Die schnellen, schmutzigen Sprüche, die Beschwörungen, entstehen direkt aus der Willenskraft des Magiers und werden ungezielt und unkontrolliert freigesetzt. Das ist ebenso schwierig wie gefährlich. Ich mag die Beschwörungen nicht und kannte sowieso nur ein paar, auf die ich mich verlassen konnte. Selbst die brauchten einen Brennpunkt wie mein Schildarmband oder den Sprengstock, um einigermaßen kontrolliert abzulaufen.
Aber mit großen, tumben Gegnern, die man mit viel Energie und wenig Raffinesse bekämpfen kann, komme ich gewöhnlich gut zurecht.
So hob ich beide Arme, bis sich im Nebel ein Luftzug regte. Der Chlorofeind trampelte herbei, und ich schloss die Augen, sandte noch mehr Energie aus und griff nach dem Wind. »Vento«, murmelte ich, als die Kräfte erwachten. Der Chlorofeind brüllte wieder, dass mich die nackte Angst durchzuckte. Der Wind wurde stärker. » Vento! Vento, ventas servitas!«
Kraft und Magie schossen durch meine ausgestreckten Arme in die Nacht hinaus. Der Wind wurde zum Orkan, zu einem kreischenden Zyklon, der direkt vor mir aufwirbelte und zu den schweren Metallregalen wanderte.
Abermals kreischte der Chlorofeind, doch jetzt wurde er fast von dem Sturm übertönt, den ich wenige Meter vor mir heraufbeschworen hatte.
Die riesigen schweren Regale, in denen Tonnen von Material lagerten, stöhnten protestierend und kippten endlich um, genau auf den Chlorofeind. Dabei entstand ein ohrenbetäubender Lärm, unter mir bebte der Boden.
Der Chlorofeind war zwar stark, aber nicht so stark. Er ging unter wie ein Busch unter einem Bulldozer und kreischte noch einmal, als die Stahlregale herunterkamen und ihn verbrannten. Ein übler, grauer Rauch stieg von den Trümmern auf, unter denen der Chlorofeind sich wand, dass die Regale ruckten und zitterten.
Nach dem Spruch stand ich keuchend da und starrte das Chaos an. »Angeschlagen, aber nicht erledigt«, schnaufte ich. »Verdammt.« Einen Moment lang beobachtete ich die Regale, dann entschied ich, dass der Chlorofeind vermutlich noch ein paar Minuten brauchte, um sich zu befreien. Ich wandte mich zum Tor. Hoffentlich hatte Grum es nicht so sehr verbogen, dass ich nicht mehr hinauskam.
Meine Hoffnungen wurden enttäuscht. Er hatte den Metallriegel des Tors mit seinen Krallen völlig zerfetzt. Wie eine mächtige Metallschere hatten sie den Stahl durchdrungen. Nicht vergessen: Glaube ja nicht, Stahl könnte Grums Fingernägel aufhalten. Nach einem Blick nach oben beschloss ich, über den Zaun zu klettern und irgendwie den Stacheldraht zu überwinden.
Als ich auf halber Höhe war, tauchte Murphy auf der anderen Seite des Zauns humpelnd aus dem Nebel auf und zielte mit ihrer Pistole auf mich.
»Ruhig, Murph, immer mit der Ruhe.« Ich hob die Hände und fiel prompt herunter. »Ich bin’s.«
Sie ließ die Waffe sinken und atmete vernehmlich aus. »Meine Güte, Harry, was tun Sie da?«
»Käfigkampf, ich habe gewonnen.« Hinter mir stieß der Chlorofeind abermals einen Schrei aus, woraufhin über ihm die Regale knirschten. Ich schluckte schwer und wandte mich wieder an Murphy. »Der Revanchekampf sieht nicht günstig für
Weitere Kostenlose Bücher