Feenzorn
behandeln«, widersprach ich. »Entspanne dich, ich bleibe bei dir.«
Sie öffnete die Augen und sagte überraschend energisch: »Nicht ins Krankenhaus. Dort finden sie mich.«
Ich startete den Motor. »Verdammt, was soll ich denn sonst tun?«
Sie schloss die Augen wieder, und ihre Stimme wurde bei jedem Wort schwächer. »Aurora. Sommer. Rothchild Hotel. Hinten gibt es einen Aufzug. Sie wird mir helfen.«
»Die Sommerlady?«, fragte ich. »Du machst Witze.«
Elaine antwortete nicht. Ich betrachtete sie, und mir stockte der Atem, als ihr Kopf hilflos hin und her pendelte, während sie in sich zusammensackte. Also legte ich einen Gang ein und lenkte den Käfer eilig auf die Straße.
»Rothchild Hotel«, murmelte ich. »Schon wieder Feenwesen. Wie schön.«
Ich fuhr zum Hotel, einem der schöneren Gebäude am Ufer des Michigansees. Dem großen Parkplatz für die Gäste nahe der Zufahrt wich ich aus und lenkte den Käfer auf die hinteren Stellflächen, um nach einer Lieferanteneinfahrt, einem Lastenaufzug oder vielleicht auch nur einem Schild mit einer passenden Aufschrift zu suchen: SOMMERHOF DER FEEN – BITTE HIER ENTLANG.
Ich spürte einen warmen Lufthauch am Ohr, dann flatterte Elidee vor meinem Gesicht umher und prallte gegen das Fenster. Ich kurbelte die Scheibe ein Stück herunter, damit die Elfe nach draußen fliegen und mich zum hinteren Teil des Parkplatzes lotsen konnte. Dort hielt sie inne und kreiste vor einem unauffälligen, unbeleuchteten Durchgang. Dann schoss sie davon, da ihre Aufgabe offenbar erledigt war.
Rasch stellte ich den Wagen ab und zog die Handbremse an. Elaine war schlank, andererseits jedoch zu kräftig, um ein Leichtgewicht zu sein. Sie hatte schon früher den Körperbau einer Langstreckenläuferin gehabt, langgliedrig, schlank und stark. Jetzt kam sie gerade weit genug zu sich, um es mir etwas leichter zu machen, indem sie die Arme um meinen Hals legte und den Kopf an meine Schulter lehnte, als ich sie hochhob. Sie zitterte und war eiskalt. Zweifel nagten an mir, als ich sie durch den überdachten Gang trug. Vielleicht hätte ich nicht auf sie hören und sie einfach ins Krankenhaus bringen sollen.
Egal, ich ging weiter, bis es zu dunkel wurde, um etwas zu erkennen. Gerade als ich Elaine absetzen wollte, um mein Amulett herauszuholen und mir eine eigene Lichtquelle zu verschaffen, öffneten sich vor mir zwei Aufzugtüren. Licht und Fahrstuhlgedudel drangen heraus.
In der Tür stand ein Mädchen, höchstens einsfünfzig groß und zierlich, das goldene Haar zu einem Zopf geflochten. Sie trug ein blaues T-Shirt und einen weißen Overall und hatte zahlreiche Kleckse abbekommen, vermutlich Ton. Entsetzt öffnete sie den rosenroten Mund, als sie mich mit Elaine im Gang stehen sah.
»Oh nein!«, rief sie und winkte mir aufgeregt. »Komm, bring sie herein. Die Lady kann sich um sie kümmern.«
Meine Arme und Schultern brannten schon vor Anstrengung, nachdem ich Elaine eine Weile getragen hatte, also verschwendete ich meine Kraft nicht mit unnützen Worten. Ich beförderte Elaine in die Kabine und lehnte mich keuchend an die Rückwand. Das Mädchen schloss die Tür, nahm einen Schlüssel aus der Tasche ihres Overalls und steckte ihn in das Schlüsselloch, das dort war, wo sich normalerweise die Knöpfe für die Stockwerke befanden. Mit einem kleinen Ruck setzte sich der Aufzug in Bewegung.
»Was ist mit Ela passiert?«, fragte mich das Mädchen. Sie blickte zwischen mir und Elaine hin und her und nagte an ihrer Unterlippe.
Ela? »Keine Ahnung. Ich habe sie so in meinem Auto gefunden. Sie sagte mir, ich solle sie hierher bringen.«
»O Gott«, erwiderte das Mädchen. Wieder musterte sie mich. »Du gehörst zum Winter, nicht wahr?«
Ich runzelte die Stirn. »Woher weißt du das?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Das sieht man.«
»Ich arbeite momentan für den Winter, aber das ist eine einmalige Angelegenheit. Du könntest mich eher als freischaffend betrachten.«
»Mag sein. Trotzdem bist du ein Agent des Winters. Bist du sicher, dass du hier sein willst?«
»Nein«, gab ich zurück. »Ebenso sicher bin ich jedoch, dass ich Elaine nicht im Stich lasse, solange ich nicht überzeugt bin, dass sie in guten Händen ist.«
»Oh.« Das Mädchen runzelte die Stirn.
»Kann das Ding nicht etwas schneller fahren?« Mir taten die Schultern und der Rücken weh, meine Prellungen juckten, und Elaines Atem wurde immer schwächer. Ich musste mich zurückhalten, um nicht vor Frustration zu
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