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Fehlfunktion

Fehlfunktion

Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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warf sich den Rucksack über die Schulter und hob Shona hoch. Mehrere Erwachsene hatten sich draußen vor der Kirche versammelt. Weitere kamen hinzu. Horst stieg die Treppen hinunter und mißachtete sie demonstrativ. Jay drückte sich eng an seine Seite. Sie starrten ihn an, doch niemand machte eine Bewegung. Er wandte sich ab und ging auf den Dschungel zu. Überrascht stellte er fest, daß Ingrid Veenkamp ihm folgte.
    »Ich hab’s Ihnen doch gesagt«, sagte sie. »Die anderen haben keinen Mut. Sie sind sicherer, solange ich bei Ihnen bin. Sie wissen, daß ich zurückschlagen kann.«
    »Und? Würden Sie das tun?«
    »Vielleicht. Um des Mädchens willen. Aber ich glaube nicht, daß es soweit kommen wird.«
    »Bitte, Lady«, sagte Jay. »Wissen Sie, wo meine Mami steckt?«
    »Bei den anderen. Bei den Bösen. Such nicht nach ihr, sie ist nicht mehr deine Mutter. Verstehst du, was ich dir sage?«
    »Ja«, murmelte Jay.
    »Wir holen sie für dich zurück, Jay«, sagte Horst. »Eines Tages, irgendwie. Ich verspreche es dir.«
    »Soviel Glaube«, sagte Ingrid Veenkamp.
    Im ersten Augenblick glaubte er, sie würde sich über ihn lustig machen, doch auf ihrem Gesicht war keine Spur von Spott. »Was ist mit den anderen Kindern?« fragte Horst. »Warum haben Sie nicht Besitz von ihnen ergriffen?«
    »Weil sie Kinder sind, Vater. Keine Seele möchte in ein Gefäß, das so klein und zerbrechlich ist, jedenfalls nicht, wenn es Erwachsene im Überfluß gibt. Millionen allein auf diesem Planeten.«
    Sie waren bei den Feldern angekommen, und der weiche Lehm klebte in dicken Klumpen an Horsts Stiefeln. Mit dem Gewicht des Rucksacks auf den Schultern und der verletzten Shona auf den Armen war er nicht sicher, ob seine Kraft reichte, um auch nur bis unter die ersten Bäume zu kommen. Schweiß troff in Strömen von seiner Stirn. »Schicken Sie mir die Kinder hinterher«, ächzte er. »Sie sind hungrig, und sie haben Angst. Ich werde mich um sie kümmern.«
    »Sie geben einen schlechten Rattenfänger ab, Vater. Ich bin nicht einmal sicher, ob Sie bis zum Abend durchhalten werden.«
    »Machen Sie sich über mich lustig, soviel Sie wollen, aber schicken Sie mir die Kinder. Sie werden mich finden. Gott weiß, daß ich weder schnell noch weit komme.«
    Sie nickte knapp. »Ich werde den Kindern Bescheid sagen.«
    Horst stapfte mit Jay an seiner Seite in den Dschungel. Ihre große Umhängetasche schlug gegen ihre Beine. Der Priester schaffte weitere fünfzig Meter durch das hinderliche Geflecht aus Schlingpflanzen und Unterholz, dann sank er in die Knie. Sein Gesicht war hochrot und heiß, und er ächzte nach Luft.
    »Fehlt Ihnen etwas, Vater?« fragte Jay.
    »Nein, alles in Ordnung. Wir müssen nur langsam machen, das ist alles. Ich denke, für den Augenblick sind wir in Sicherheit.«
    Jay öffnete den Verschluß der Umhängetasche. »Ich habe Ihre Thermoskanne mitgenommen«, sagte sie. »Ich dachte, Sie würden sie vielleicht benötigen. Ich habe diesen Multivitaminsaft hineingefüllt, den ich in Ihrem Zimmer gefunden habe.«
    »Jay, du bist ein absolutes Goldstück!« Er nahm die Flasche aus ihren Händen und trank einen Schluck vom Saft; sie hatte den Thermostat so niedrig eingestellt, daß er zäh war wie Brei. Dann hörten sie Schritte, die in ihre Richtung kamen, und wandten sich um. Es waren Russ und Andria, die ersten der Kinder.
     
    Es war nicht ganz der Ferientag, den Jay sich vorgestellt hatte, als sie durch die Savanne trottete. Trotzdem war es schön, einmal weg zu sein von dem Gehöft, selbst wenn es nur ein paar Stunden dauerte. Jay hätte außerdem zu gerne das Pferd geritten, doch sie würde auf gar keinen Fall bei Vater Horst in Gegenwart der beiden Jungen darum betteln.
    Nach vierzig Minuten Marsch erreichten sie die ehemalige Heimstatt der Ruttan-Familie. Verlassen und ohne Pflege hatte es sichtlich unter dem Wind und Regen von Lalonde gelitten. Die offengelassene Tür war hin und her geschwungen, bis die Angeln gebrochen waren, und jetzt lag sie auf der kleinen Veranda. Tiere (wahrscheinlich Sayce) hatten hin und wieder Schutz im Innern gesucht und die Unordnung noch vergrößert.
    Jay wartete mit den beiden Jungen, während Vater Horst mit erhobenem Lasergewehr nach drinnen ging und die drei Räume durchsuchte. Das verlassene Blockhaus war unheimlich nach dem Lärm und der Betriebsamkeit ihres eigenen Gehöfts. Jay vernahm ein fernes Rumpeln und blickte nach oben, weil sie glaubte, es wäre ein heraufziehende Gewitter.

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