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Fehlfunktion

Fehlfunktion

Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Schritten, im Rhythmus mit seinen eigenen. Sie lächelte ihn von der Seite herauf an, dann blickte sie wieder nach vorn. Sie schien vollkommen zufrieden.
    Horst spürte, wie seine eigene Spannung abklang. Jay so dicht neben sich zu haben war wie die Zeit gleich nach jener zurückliegenden schrecklichen Nacht. Sie hatte geschrien und gegen ihn gekämpft, als er sie von Ruth und diesem Jackson Gael weggezerrt hatte. Horst hatte sie durch das Dorf und in den Dschungel gezogen und nur ein einziges Mal zurückgeblickt. Da hatte er alles gesehen, im Licht des Feuers, das in ihrem ruhigen, behäbigen Dorf gewütet und ihre Pläne von einer fairen Zukunft so rasch ausgelöscht hatte wie der Regen die Schlammburgen, die von den Kindern am Flußufer errichtet wurden. Satans Armeen waren über sie gekommen. Immer und immer mehr Gestalten waren aus den dunklen Schatten in das orangefarbene Licht der Flammen marschiert, Kreaturen, wie selbst Dante in seinen kühnsten Fieberträumen sie nicht schrecklicher hätte ausmalen können, und die Schreie der in der Falle sitzenden Siedler waren wie in einem Crescendo lauter und lauter geworden. Horst hatte niemals zugelassen, daß Jay sich umdrehte und nach hinten sah. Nicht einmal dann, als sie die Bäume erreicht hatten. Er hatte damals gewußt, daß es die größte Dummheit wäre, auf die Rückkehr des Siedlertrupps zu warten. Ihre Lasergewehre und Jagdflinten konnten den dämonischen Legionen nichts anhaben, die Luzifer in seiner Rache auf das Land losgelassen hatte.
    Horst und Jay waren weitergelaufen, tiefer und tiefer in den Dschungel hinein, bis die betäubte, vor Angst zitternde Jay schließlich zusammengebrochen war. In der Morgendämmerung waren sie zusammengekauert und aneinandergekuschelt zwischen den Wurzeln eines Qualtook-Baums erwacht, durchnäßt und vor Kälte zitternd, weil es irgendwann in der Nacht in Strömen geregnet hatte. Sie waren vorsichtig in Richtung Aberdale zurückgeschlichen und hatten sich zwischen den Schlingpflanzen versteckt, von denen die Lichtung umgeben war. Was sie sahen, war ein Dorf, das wie in einem Traum zu leben schien.
    Mehrere Gebäude waren bis auf den Boden niedergebrannt. Die Menschen gingen vorüber, ohne die schwelenden Ruinen eines Blickes zu würdigen. Menschen, die Horst gekannt hatte, seine Schafe, die wegen der Schäden hätten außer sich sein müssen. Da hatte Horst erkannt, daß Satan gewonnen hatte, daß seine Dämonen Besitz ergriffen hatten von den Siedlern. Was er bereits bei der Zeremonie der Zettdees beobachtet hatte, das hatte sich hier wiederholt, immer und immer wieder.
    »Wo ist Mami?« hatte Jay kläglich gefragt.
    »Ich weiß es nicht«, hatte Horst wahrheitsgemäß geantwortet. Er sah weniger Menschen, als eigentlich in seinem Dorf wohnten, vielleicht achtzig oder neunzig aus einer Bevölkerung von fünfhundert. Sie bewegten sich ziellos durch das Dorf. Sie gingen langsam, und sie blickten sich immer wieder um wie in benebelter Überraschung. Keiner sprach ein Wort.
    Die Kinder bildeten die einzige Ausnahme. Sie rannten zwischen den schlafwandelnden Erwachsenen umher und weinten und schrien. Doch sie wurden einfach ignoriert oder manchmal derb zur Seite gestoßen, wenn sie im Weg standen. Horst konnte ihre verstörten Rufe bis in sein Versteck hinein hören, und das verstärkte seine seelischen Qualen noch. Er beobachtete, wie ein Mädchen, Shona, hinter seiner Mutter hertrottete und sie anflehte, etwas zu sagen. Einen Augenblick lang sah es aus, als hätte sie endlich Erfolg. Ihre Mutter wandte sich um. »Mami!« kreischte Shona. Doch die Frau hob eine Hand, und ein Feuerball schoß aus ihren Fingern und krachte dem Kind mitten ins Gesicht.
    Horst zuckte zusammen und bekreuzigte sich, als das Kind wie ein Stein zu Boden fiel und nicht einmal mehr einen Schrei über die Lippen brachte. Dann erfüllte ihn mit einem Mal Wut über seine eigene erbärmliche Feigheit. Er stand auf und stapfte zielstrebig über die Lichtung.
    »Vater!« kreischte Jay hinter ihm. »Vater! Nicht!«
    Er schenkte ihr keine Beachtung. In dieser verrückt gewordenen Welt machte ein Wahnsinniger mehr auch keinen Unterschied. Er hatte sich geschworen, Christus zu folgen. Das war sehr lange Zeit her, doch jetzt bedeutete es mehr für ihn als jemals zuvor. Und dort vor ihm lag ein Kind und litt. Vater Horst Elwes war fertig mit Ausflüchten und Versteckspielen.
    Mehrere der Erwachsenen blieben stehen und starrten ihn an, als er in das Dorf

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