Fehlfunktion
Doch der Himmel war noch immer wolkenlos blau. Das Geräusch wurde lauter und lauter. Es kam von Westen her.
Vater Horst kam wieder aus dem Haus. Er hatte einen Holzstuhl auf den Armen. »Klingt nach einem Raumflugzeug«, sagte er.
Die schmutzigen, beschlagenen Scheiben rappelten in ihren Rahmen. Jay suchte hektisch den Himmel ab, als das Geräusch im Osten allmählich leiser wurde. Doch es war nichts zu sehen, das Raumflugzeug flog zu hoch. Sie starrte unglücklich auf die fernen Berge im Süden. Wahrscheinlich ist es zu den Tyrathca-Farmern geflogen, dachte sie.
»Seht euch ein wenig um«, sagte Vater Horst. »Schaut nach, ob ihr etwas Brauchbares finden könnt. Versucht es ruhig auch in der Scheune. Ich steige auf das Dach und schneide die Solarpaneele herunter.« Er stellte den mitgebrachten Stuhl unter das Dachsims, stieg hinauf und kletterte auf das Dach.
Im Blockhaus gab es nicht mehr viel, das mitnehmenswert gewesen wäre. Graue Pilze hatten in den Ritzen zwischen den Bohlen Fuß gefaßt, und grüner Schimmel überzog die feuchten Matratzen. Jay zog ein paar Tonkrüge unter einem der Betten hervor, und Russ entdeckte in der Küche unter der Arbeitsfläche ein paar Hemden in einer Schachtel.
Jay hielt die schmutzigen, stinkenden Kleidungsstücke hoch. »Sie sind in Ordnung, wenn wir sie vorher waschen«, erklärte sie.
In der Scheune hatten sie mehr Glück; zwei Säcke mit Proteinkonzentratwürfeln, mit denen junge Tiere aufgezogen wurden, die gerade aus dem künstlichen Tiefschlaf erwacht waren. Außerdem fand Mills hinter einem Stapel alter Container eine kleine Fissionsklinge.
»Sehr gut«, sagte Horst, nachdem er vom Dach auf den Boden zurückgestiegen war. »Und seht, was ich habe: alle drei Paneele. Von jetzt an können wir das Wasser in der halben Zeit zum Kochen bringen.«
Jay rollte die Solarpaneele zusammen, und Vater Horst hob die Säcke mit dem Futterkonzentrat in die großen Satteltaschen des Kaltblutpferdes.
Dann reichte Horst seine Thermosflasche mit dem eiskalten Elwisie-Saft herum, und sie machten sich wieder auf den Weg. Jay war froh, daß sie einen Hut mitgenommen hatte. Das Sonnenlicht brannte sengend heiß auf ihren nackten Armen und ihrem Rücken, und die Luft ringsum flimmerte stark. Ich hätte niemals geglaubt, daß ich den Regen vermissen könnte.
Sie mußten einen Fluß durchqueren, bevor sie das Gehöft der Soebergs erreichten. Er war weniger als einen Meter tief, aber sicher fünfzehn Meter breit. Es war ein schneller, stetig fließender Fluß, der aus den Bergen kam und sich in geschwungenen Kurven durch die Savanne wand. Der Grund bestand aus glattem Fels und runden Kieseln, und überall wuchsen Schneelilien. Ihre langen Wedel trieben in der Strömung. Blütenknospen, die so groß waren wie Jays Kopf, tanzten an der Oberfläche. An den Seiten zeigten sich die ersten Risse. Jay und Horst zogen ihre Stiefel aus und wateten durch das Wasser, wobei sie sich an der Seite des Pferdes festhielten. Das Wasser war kalt und belebend und machte Jays Zehen ganz taub. Wahrscheinlich kam es direkt aus den Bergen, von der Schneeschmelze, und Jay wäre nicht überrascht gewesen, wenn sie Eisschollen gesehen hätte. Nachdem sie auf der anderen Seite am Ufer angekommen waren und Jay sich die Füße abgetrocknet hatte, fühlte sie sich so frisch, daß sie meinte, hundert Kilometer am Stück gehen zu können. Ihre Haut prickelte immer noch vor köstlicher Kälte, als sie die Böschung hinaufkletterten.
Sie waren noch keine weiteren zehn Minuten unterwegs, als Horst warnend die Hand hob. »Mills, Russ, kommt runter vom Pferd. Schnell!« sagte er mit leiser Eindringlichkeit.
Sein Tonfall erzeugte ein unbehagliches Kribbeln in Jays Rücken. »Was ist los?« fragte sie.
»Das Gehöft der Soebergs.«
Jay spähte über die Spitzen des wankenden, hohen Grases hinweg. Vor ihnen war irgend etwas, eine weiße Silhouette vor dem in der Hitze flirrenden Horizont, doch die wabernde Luft machte es schwer, Genaueres zu erkennen.
Horst angelte seinen optischen Vergrößerer aus einer Tasche. Es war ein hufeisenförmiges Band aus schwarzem Komposit, das über seine Augen paßte. Er betrachtete die Szene vor sich für eine Weile, während sein rechter Zeigefinger ungeduldig an dem Einstellrad für die Vergrößerung drehte.
»Sie kommen zurück«, murmelte er leise.
»Darf ich auch mal?« fragte Jay.
Er reichte ihr das Band. Es war groß und recht schwer, und die Ränder verursachten ein
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