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Fehlfunktion

Fehlfunktion

Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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erfaßt. Sie schwächt die Molekülstruktur.
    – Wo? Er stellte sich dumm, blickte sich suchend um und nach oben.
    – Lewis, Beeilung!
    Fast wäre er tatsächlich losgerannt. Er kämpfte gegen den Zwang an, zuerst verwirrt, dann voller Panik. Erinnerungen an die Vibratorklinge, wie sie sich senkte, der Anblick von Blut und Knochensplittern, die aus der Wunde spritzten. Das war nicht ihm zugestoßen, das war irgendein Horrorvideo, das er früher einmal angesehen hatte … Weit entfernt. Vergangen.
    – Lewis!
    Das Kohlefasergerüst zersplitterte mit einem plötzlichen Donnerschlag. Der Ausleger wankte, dann fiel er herab, kurvte auf Lewis zu in der unheilvollen Zeitlupe, die er schon einmal erlebt hatte. Und dann mußte er sich nicht mehr verstellen. Furcht nagelte ihn an Ort und Stelle fest. Ein Schrei wollte über seine Lippen –
     
    – Fehler. Dein größter und letzter, Lewis. Wenn dieser Körper stirbt, ist meine Seele frei. Und dann kann ich zurückkehren und in die Lebenden fahren. Wenn das erst geschieht, verfüge ich über die gleichen Kräfte wie du, Lewis. Wir werden uns wiederbegegnen, das verspreche ich dir, und beim nächsten Mal verfüge ich über die gleichen Kräfte –
     
    – als die Kante des Auslegers in seinen Rumpf krachte. Kein Schmerz, dafür sorgte der Schock. Lewis erlebte bei vollem Bewußtsein, wie der Ausleger sein Werk vollendete und seinen Körper auf dem harten Polyp zerquetschte.
    Sein Kopf wurde mit brutaler Wucht gegen den Boden geschleudert, und er starrte benommen zu den Sternen hinauf. Sie begannen zu verblassen.
    – Transfer, befahl Pernik. Das mentale Kommando war schwer vor Sorge und Mitleid.
    Lewis’ Augen schlossen sich.
    Pernik erwartete ihn. Lewis sah es wie durch einen langen dunklen Tunnel hindurch, ein riesiges BiTek-Konstrukt, das umgeben war von der sanften smaragdgrünen Aura alles Lebendigen. Farbenprächtige Phantomgestalten glitten unter der transparenten Oberfläche dahin, Zehntausende von Persönlichkeiten, alle voneinander getrennt und zugleich vereint: die Multiplizität. Lewis spürte, wie er durch das Affinitätsband hindurch auf sie zutrieb, wie sein energistischer Nexus den gemarterten Leib verließ, um den wehrlosen Koloß zu infiltrieren. Hinter ihm erhob sich die dunkle Seele so sanft und geschmeidig wie ein Hai, der sich auf eine verwundete Beute stürzt, um ihren sterbenden Körper wieder in Besitz zu nehmen. Lewis’ Bewußtsein kreischte vor Angst, als er das gewaltige neutrale Stratum der Insel erreichte. Er durchdrang die Oberfläche und diffundierte durch das ausgedehnte Netzwerk, augenblicklich umgeben von einem Gewirr verschiedener Sichten und Gedanken. Die Multiplizität murmelte vor sich hin, und autonome Subroutinen sandten Pulse streng funktionaler Information aus.
    Sein Entsetzen und seine Orientierungslosigkeit waren offensichtlich. Etherische Tentakel des Trostes streckten sich nach ihm aus und wollten ihn beruhigen …
    – Keine Angst, Lewis. Du befindest dich in Sicherheit …
    – …
    – Wer oder was bist du …?
    Die Multiplizität schreckte vor ihm zurück, eine Flutwelle von Gedanken in überstürzter Flucht, und er saß fest. Er war allein. Wunderbar allein. Notfallprogramme erwachten zum Leben und bemühten sich, ihn zu isolieren. Sie blockierten die Axonen rings um die Ansammlung neuraler Zellen, in denen sich sein Bewußtsein aufhielt …
    Lewis lachte sie aus. Seine Gedanken waren längst durch mehr Zellen ausgeschwärmt als der Körper besessen hatte, aus dem er gefahren war. Der energistische Flux, der aus einer solchen Possession resultierte, war gewaltig. Lewis dachte an Feuer und dehnte sich aus. Er raste durch das neurale Stratum wie eine Welle glutflüssiger Lava, und er löschte alles aus, was in seinen Weg kam. Zelle um Zelle fiel in seine Gewalt. Die Multiplizität kreischte voller Panik und bemühte sich verzweifelt, ihm Widerstand entgegenzusetzen. Vergebens. Nichts konnte ihn aufhalten. Er war größer als sie. Größer als ganze Welten. Allmächtig. Die Schreie erstarben nach und nach, als er sie umfing, wurden leiser, als fielen sie durch einen tiefen Schacht direkt in das Zentrum des Planeten hinab. Lewis drückte. Komprimierte ihre flatternden, von Panik erfüllten Gedanken, preßte sie zusammen. Als nächstes war der Polyp selbst an der Reihe. Lewis kontaminierte ihn mit ganzen Schwaden von Energie aus der transdimensionalen Verwerfung. Die Organe folgten, selbst die Thermopotentialkabel, die bis

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