Fehlfunktion
letztes verachtungsvolles Stöhnen. Laton leerte einen Speicherbereich in den neuralen Zellen und transferierte seine Persönlichkeit dort hinein. Und noch bevor Bewußtsein und Erinnerung endgültig in die Insel-Persönlichkeit sanken, aktivierte er den proteanischen Virus, der in jeder Zelle seines Körpers nistete.
Mosul träumte. Er befand sich in seiner Wohnung im Turm und lag im Bett, und Clio schlief neben ihm. Mosul erwachte. Er blickte liebevoll auf die schlafende junge Frau herab; sie war Anfang Zwanzig und besaß lange schwarze Haare und ein hübsches flaches Gesicht. Das Laken war von ihren Schultern gerutscht und gab den Blick frei auf eine hübsche runde Brust. Er beugte sich über sie und küßte die Brustwarze. Sie rührte sich und lächelte verträumt, als seine Zunge einen zärtlichen Kreis beschrieb. Warme erotische Bilder schäumten aus ihrem verschlafenen Bewußtsein in das Affinitätsband über.
Mosul grinste erwartungsvoll – und erwachte. Verwirrt blickte er auf die Schlafende neben sich herab. Das Zimmer war von einem rosigen Schimmer erleuchtet, der von überallher zu kommen schien und Clios seidige Haut burgunderfarben leuchten ließ. Er schüttelte den Kopf, um den Schlaf zu vertreiben. Sie hatten sich in der letzten Nacht stundenlang geliebt, und er hatte ein Recht auf ein wenig Mattigkeit.
Sie reagierte bereitwillig auf seine Küsse und warf das Laken ganz zur Seite, so daß er ihren Anblick genießen konnte. Ihre Haut wurde hart unter seiner Berührung und kräuselte sich. Als er erschrocken aufblickte, hatte sie sich in eine alte weißhaarige Frau verwandelt, die laut gackernd lachte.
Das rosige Licht wich einem intensiven Purpur, als blutete der gesamte Raum. Mosul sah die Wände des Polyps pulsieren. In der Ferne hörte er ein Pochen wie von einem gigantischen Herz.
Mosul erwachte. Der Raum war von einem rosigen Schein erleuchtet, der von überall zugleich zu kommen schien. Er schwitzte. Es war unerträglich heiß.
– Pernik, ich habe einen Alptraum … glaube ich. Bin ich jetzt wach oder nicht?
– Ja, Mosul.
– Gott sei Dank! Warum ist es so heiß?
– Ja, Mosul. Du hast einen Alptraum. Meinen Alptraum.
– Pernik!
Mosul erwachte. Er ruckte in seinem Bett hoch. Die Wände des Schlafzimmers glühten rot; nicht länger harter, sicherer Polyp, sondern nasses Fleisch, durchsetzt von einem Geflecht beinahe schwarzer Adern. Die Adern pulsierten wie Gallertmasse. Der Herzschlag erklang von neuem, lauter noch als zuvor. Ein feuchter, beißender Gestank erfüllte die Luft.
– Pernik! Hilf mir!
– Nein, Mosul.
– Was machst du nur?
Clio lachte und rollte sich auf ihn. Ihre Augäpfel waren pupillenlose gelbe Kugeln. »Wir kommen, um dich zu holen, Mosul. Dich und alle von deiner Art, du selbstgefälliger arroganter Bastard.«
Sie stieß ihm den Ellbogen in den Unterleib. Mosul brüllte vor Schmerz auf und stolperte von dem erhobenen Schwammkissen, das sein Bett bildete. Bittere gelbe Galle rann aus seinen Mundwinkeln, als er sich auf dem rutschigen Boden krümmte.
Mosul erwachte. Diesmal war es real, und er wußte es. Alles stand gefährlich deutlich vor seinen Augen. Er lag auf dem Boden, eingewickelt in Bettlaken. Die Wände leuchteten rot und stanken nach verrottetem Fleisch.
Clio war in ihrem eigenen sich ewig wiederholenden Alptraum gefangen. Ihre Hände zerkratzten das Bett, und sie starrte mit leeren Blicken an die Decke. Aus ihrem Mund drangen röchelnde Schreie, als bekäme sie keine Luft mehr. Mosul versuchte aufzustehen, doch seine Füße fanden auf dem schlüpfrigen, bebenden Boden keinen Halt. Er erteilte der Türmuskelmembran einen Befehl. Zu spät erkannte er, daß sich ihre Form von einem aufrechten Oval in einen horizontalen Schlitz verwandelt hatte. Ein gigantisches Maul. Es öffnete sich und gestattete ihm einen kurzen Blick auf fleckige Zähne, die so groß waren wie seine Füße, und dann entlud sich dickes gelbes Erbrochenes in sein Schlafzimmer. Der Schwall widerlicher, übelriechender Flüssigkeit traf ihn mit voller Wucht, riß ihn von den Beinen und schleuderte ihn an die gegenüberliegende Wand. Er wagte nicht zu schreien, weil das Zeug sonst in seinen Mund eingedrungen wäre. Er ruderte wild mit den Armen, doch es war, als versuchte er, durch Schleim zu paddeln. Der Strom von Erbrochenem schien nicht abreißen zu wollen. Die Flüssigkeit reichte ihm bereits bis über die Knie. Clio taumelte ein paar Meter von ihm entfernt auf die Wand
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