Fehlfunktion
schlenderte zu William, der mit den Stallknechten redete, beides jüngere Burschen als er selbst. Er sah Louise kommen und schickte die Knechte fort. Louise streichelte die Flanke des schwarzen Hengstes, als das mächtige Tier an ihr vorbeigeführt wurde.
»Was hat diese ganze Aufregung zu bedeuten?« fragte sie William.
»Irgendein Anruf aus Boston. Mister Butterworth meinte, es sei wichtig genug, um mich loszuschicken und deinen Vater zu suchen.«
»Oh.« Louise wollte sich abwenden. Zu ihrem nicht geringen Ärger blieb William an ihrer Seite. Sie war nicht in der Stimmung für seine Gesellschaft.
»Ich bin zur Feier bei den Newcombes am Samstag abend eingeladen«, sagte er. »Ich dachte, es könnte vielleicht ganz lustig werden. Sie gehören zwar nicht ganz zu unserer Gesellschaft, aber sie bereiten ein tolles Büfett. Außerdem ist hinterher Tanz.«
»Schön für dich.« Louise haßte es, wenn William sich so affektiert benahm. Sie gehören nicht ganz zu unserer Gesellschaft, hatte er doch tatsächlich gesagt! Louise ging mit Mary Newcombe zusammen in die Schule.
»Ich hatte gehofft, du würdest mich begleiten.«
Sie blickte ihn überrascht an. Begierde und Angst widerstritten in seinem Gesicht. »O William, das ist nett, das du fragst. Danke sehr, aber ich kann wirklich nicht. Entschuldige.«
»Wirklich nicht?«
»Nein, wirklich nicht. Die Galsfords kommen am Samstag zum Essen. Ich muß da sein, ganz einfach.«
»Ich dachte, daß du vielleicht wieder mehr Zeit für mich haben würdest, jetzt, nachdem er weg ist.«
»Wer ist weg?« fragte sie in scharfem Ton.
»Dein neuer Freund, der galante Raumschiffskapitän von den Sternen.«
»William, du redest wirklich den entsetzlichsten Mist! Ich habe dir bereits gesagt, daß ich nicht mit dir zu den Newcombes gehen kann. Würdest du das freundlicherweise akzeptieren?«
Er packte ihren Arm und blieb stehen. Sie war zu überrascht, um etwas zu sagen. Derartige Freiheiten nahm man sich einfach nicht heraus!
»Für ihn hattest du immer reichlich Zeit«, sagte er tonlos.
»William, laß mich augenblicklich los!«
»Jeden Tag! Jeden Tag bist du mit ihm zum Wardley Wood geritten!«
Louise spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. Was wußte dieser Kerl? »Nimm deine Hand von mir, William. Auf der Stelle!«
»An seinen Händen hast du dich nicht gestört.«
»William!«
Er schenkte ihr ein freudloses Lächeln und ließ los. »Ich bin nicht eifersüchtig, versteh mich nicht falsch, Louise.«
»Es gibt nichts, auf das du eifersüchtig sein müßtest, William. Joshua Calvert war unser Gast und ein Freund meines Vaters, das ist alles. Ende der Geschichte.«
»Manch ein Verlobter würde anders darüber denken.«
»Was?« keifte sie.
»Ein Verlobter, meine liebste Louise. Du mußt gewahr sein, daß es beträchtliches Gerede darüber gibt, wen du eines Tages heiraten wirst. Ich sage nur, daß es einige Familien auf Kesteveen gibt, die guten Blutes sind und begehrte Söhne haben, welche sich durchaus an deiner … nennen wir es Indiskretion stören würden.«
Sie versetzte ihm eine Ohrfeige. Das Klatschen hallte über den Rasen, als ihre flache Handfläche traf. »Wie kannst du es wagen!«
Er betastete seine Wange mit den Fingerspitzen der rechten Hand, und auf seinem Gesicht breitete sich ein Ausdruck von Abscheu aus. Die Umrisse ihrer Hand stachen in deutlichem Rot hervor. »Was für ein ungestümes Wesen du doch bist, Louise. Ich hatte ja nicht die geringste Ahnung!«
»Verschwinde aus meinen Augen!«
»Selbstverständlich, wenn es das ist, was du wünschst. Aber vielleicht denkst du einmal darüber nach, was geschieht, wenn diese Angelegenheit bekannt wird. Deine gegenwärtige, beneidenswerte Position könnte mehr als unsicher werden. Ich möchte nicht zusehen, wenn das geschieht, Louise, wirklich nicht. Verstehst du, ich bin wirklich sehr an dir interessiert. Interessiert genug, um Zugeständnisse zu machen.«
Sie stand da wie vom Donner gerührt und hatte voller ungläubigem Staunen die Augen aufgerissen. »Du …« Es schnürte ihr die Kehle zu. Eine Sekunde lang dachte sie, ohnmächtig zu werden.
William kniete vor ihr nieder.
Nein, dachte sie. Nein, nein, nein. Das alles träume ich doch nur! Verdammter Joshua Calvert, wo bist du?
»Heirate mich, Louise. Ich weiß, daß ich die Zustimmung deines Vaters finden kann, mach dir deswegen keine Gedanken. Heirate mich, und wir werden eine wundervolle Zukunft hier auf Cricklade Manor verbringen.«
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