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Fehlfunktion

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Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Chuantawa-Bäumen gefallen waren. Sie zerplatzten unter Iones Füßen und hinterließen dunkle Flecken auf den großen Steinen des Pflasters.
    Das Personal, dem sie unterwegs begegnete, bedachte sie mit den schuldbewußten Blicken derer, die früh an ihrer Arbeitsstelle eintreffen und feststellen, daß der Boß trotzdem bereits da ist.
    Oski Katsura empfing Ione am Eingang. Sie steckte in ihrem gewohnten weißen Laborkittel und war eine der wenigen Personen im Habitat, die sich nicht von Iones gewohnter Eskorte aus Serjeants beunruhigen ließen. »Wir haben es bisher noch nicht in der Öffentlichkeit verkündet«, sagte sie, während beide nach drinnen gingen. »Einige der Schlußfolgerungen sind in ihrer Tragweite noch gar nicht zu überblicken.«
    Das Labor, in dem Joshuas Modulmagazin aufbewahrt wurde, hatte sich seit Iones erstem Besuch beträchtlich verändert. Die meisten experimentellen Apparaturen waren entfernt worden. Statt dessen standen auf den Arbeitstischen lange Reihen von Prozessorblocks und AV-Projektoren, an denen jeweils ein individueller Forschungsaspekt untersucht wurde, zusammen mit Stapeln von Fleks. Die kleinen Labors hinter der Glaswand waren in Büros verwandelt worden. Der Raum glich eher einem ganz gewöhnlichen Lehrbereich als einem Labor, in dem wissenschaftliche Pionierarbeit geleistet wurde.
    »Wir benutzen ihn hauptsächlich zur Einteilung und Kategorisierung des Materials«, erklärte Oski Katsura. »Sofort nach der Entschlüsselung werden die individuellen sensorischen Aufzeichnungen von einer Expertengruppe gesichtet, die sich aus sämtlichen Forschungsbereichen des Projekts zusammensetzt. Sie treffen eine vorläufige Einteilung, katalogisieren Ereignisse und Themenbereiche und stellen fest, ob unter dem Material etwas für ihr eigenes Forschungsgebiet ist. Anschließend werden die entsprechenden Aufzeichnungen per Datavis an ein Untersuchungskomitee weitergeleitet, das in jeder Abteilung für sich gebildet wurde. Wie Sie sich sicherlich denken können, ist das meiste an die Abteilungen für Kultur und Laymil-Psychologie gegangen. Doch selbst die Beobachtung, wie sie ihre Elektronik im gewöhnlichen Alltag eingesetzt haben, war extrem nützlich für uns. Das gleiche gilt für die physikalisch-technischen Disziplinen, Fusionstechnik, Maschinenbau, Konstruktionstechnik. In den Aufzeichnungen findet sich für jede Abteilung etwas. Ich fürchte, eine endgültige und erschöpfende Analyse von alledem wird mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Wenigstens. Im Augenblick können wir nicht mehr als eine vorläufige Interpretation abliefern.« Ione nickte schweigend. Tranquilitys Hintergrundspeicher zeigten ihr, wie angestrengt die Forscherteams unablässig arbeiteten.
    Außer Katsura und Ione waren noch fünf weitere Personen sowie Lieria im Raum. Sie alle hatten die ganze Nacht hindurch gearbeitet, und jetzt drängten sie sich um ein Tablett aus der Kantine, tranken Tee oder Kaffee und aßen frische Croissants. Parker Higgens erhob sich von seinem Stuhl, als Ione eintrat. Sein graues Jackett hing auf einer der Stuhllehnen, und das blaue Hemd des Dekans war zerknittert. Nächtliche Sitzungen waren offensichtlich etwas, das dem alten Direktor zunehmend schwerer fiel. Doch er brachte ein müdes Lächeln zustande, als er ihr die anderen vier Wissenschaftler vorstellte. Malandra Sarker und Qingyn Lin waren Experten für Laymil-Raumfahrt. Sie war für die biotechnischen Systeme zuständig, während sein Gebiet die mechanischen und elektrischen Apparaturen waren, die von den Laymil in ihren Raumfahrzeugen eingesetzt wurden.
    Ione schüttelte allen die Hände, während Tranquility im Hintergrund Informationen über die beiden lieferte. Malandra Sarker schien mit ihren achtundzwanzig Jahren ein wenig jung für ihre Stellung, doch sie hatte an der Universität der Hauptstadt von Quang Tri promoviert, und ihre Referenzen waren einwandfrei.
    Ione kannte Kempster Getchell bereits, den Leiter der astronomischen Abteilung. Sie waren sich im Verlauf ihres ersten Besuchs vorgestellt worden und hatten sich seither bei verschiedenen gesellschaftlichen Anlässen wiedergesehen. Er war Ende Sechzig und entstammte einer Familie, die nur wenige gentechnische Manipulationen in ihren Genen trug. Doch trotz der entropischen Offensive des Alters, die ihm graues, dünner werdendes Haar und einen gebeugten Rücken zugefügt hatte, vermittelte er einen lebendigen, fast koboldhaften Eindruck – das genaue Gegenteil von

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