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Fehlfunktion

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Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Fürstentümer des Reiches, so daß die Familie stets die Oberhand behielt. Die Hierarchie war längst etabliert und außerordentlich erfolgreich in ihrem Bemühen, neun Fürstentümer zusammenzuhalten, die rein physikalisch über Hunderte von Lichtjahren auseinander lagen. Es hatte nur einmal eine Zeit gegeben, da das Königreich fast zusammengebrochen wäre – damals, als Kronprinz Michael Saldana das Habitat Tranquility germiniert hatte –, und die Saldanas würden Derartiges niemals wieder geschehen lassen.
    Kirsten trat am Morgen nach der Ankunft der Ekwan auf den Balkon ihres Schlafzimmers hinaus und verspürte eine deutliche innere Unruhe. Time Universe hatte seit dem vergangenen Abend immer wieder den Exklusivbericht über die Affäre Laton ausgestrahlt. Kirsten hatte die Nachrichtenprogramme überflogen, nachdem sie aufgestanden war, und die Wellen schlugen noch immer hoch. Die Spekulationen über die Ankunft der Ekwan und die auf Guyana verhängte Alarmstufe zwei uferten ins Bodenlose aus. Zum ersten Mal seit ihrer Inthronisation spielte sie mit dem Gedanken an Zensur als einer Möglichkeit, die sich überschlagende Hysterie der Medien zu dämpfen. Gewiß kam sie nicht um eine offizielle Erklärung herum, noch bevor der Tag zu Ende war.
    Sie schob die voluminösen Ärmel ihres Morgenmantels hoch und ließ den Blick über den phantastischen Rasen mit den gemischten terranisch-ombeyanischen Blumenbeeten und den künstlichen, mit Schwänen besetzten Seen schweifen. Der Himmel leuchtete in tiefstem Indigo, und keine Wolke war zu sehen. Es würde ein weiterer wunderbarer, milder Tag werden, und wenn schon nicht im Paradies, so doch auf einer Welt, die ihm näher kam als alles, was sie jemals gesehen hatte. Diesmal jedoch berührte sie der Ausblick nicht. Laton war ein Name, der zu viele angsterfüllte Jugendbilder weckte, und ihr politischer Instinkt sagte, daß dies hier keine Krise war, die sich innerhalb einer Nacht wieder verflüchtigen würde. Diesmal nicht.
    Es war der gleiche politische Instinkt, der die Saldana-Familie seit vierhundert Jahren sicher auf dem Thron gehalten hatte. Das Kindermädchen brachte seine aufgeregten Schutzbefohlenen aus dem Kinderzimmer, und Kirsten schaffte es, zu lächeln und alle mit einem Guten-Morgen-Kuß zu begrüßen und einen Wirbel über ihr Auftauchen zu veranstalten. Edward hob den kleinen Benedict auf seinen Schoß, und sie setzte Emmeline auf einen Stuhl neben dem ihren. Zandra rutschte auf einen eigenen Stuhl und streckte begierig die Hand nach der Karaffe mit Dorzesaft aus.
    »Zuerst das Dankgebet«, ermahnte Kirsten.
    »Ach, Mama!«
    »Das Dankgebet.«
    Zandra seufzte beleidigt, faltete die Hände und bewegte leise die Lippen. »Darf ich jetzt essen?«
    »Ja, aber stopf es nicht zu hastig in dich hinein.« Sie gab den vier wartenden Dienern ein Zeichen, und sie brachten ihr Tee und Toast.
    Edward fütterte Benedict mit schmalen Brotstreifen, die er in ein gekochtes Ei tauchte. »Sind die Nachrichtensendungen immer noch voll mit Laton?« fragte er über Emmelines Kopf hinweg.
    »Ja«, erwiderte Kirsten.
    Er schenkte ihr einen mitfühlenden Blick und hielt dem munter zappelnden Benedict ein weiteres Häppchen vor die Nase.
    Sie waren seit mehr als vierzig Jahren verheiratet. Es war eine gute Ehe, nach allem, was zählte. Edward besaß alten Reichtum und Titel, und er war ein ehemaliger Navy-Offizier, der sich im Verlauf seiner Dienstzeit mehr als einmal ausgezeichnet hatte. Auch seine Gene waren verbessert, was einen großen Pluspunkt darstellte: Die Familie bevorzugte Paare, die von der Lebenserwartung her zueinander paßten. Es machte die Dinge einfacher. Sie war von ihrer Familie nicht gerade gezwungen worden, doch der Druck war spürbar gewesen, und es hatte jemand wie Edward sein müssen. Sämtliche älteren Saldanas verkörperten vor der Öffentlichkeit das christlich monogame Ideal. Scheidung war etwas, das überhaupt nicht zur Debatte stand. Alastair II war Oberhaupt der Kirche Kulus und Verteidiger des Glaubens im gesamten Königreich. Die königliche Familie brach keines der zehn Gebote, zumindest nicht öffentlich.
    Kirsten und Edward lebten in einer Partnerschaft voller gegenseitigem Respekt und Vertrauen – und darüber hinaus beträchtlicher Zuneigung. Vielleicht war anfangs sogar Liebe im Spiel gewesen, damals vor vierzig Jahren. Doch das, was sie jetzt miteinander verband, reichte vollkommen aus, um das nächste Jahrhundert ohne Bitterkeit und

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