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schneller und schneller wurden.
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9. Kapitel
Eine Sache, auf die Prinzessin Kirsten nach der Thronbesteigung des Fürstentums von Ombey stets Wert gelegt hatte, war ein Frühstück im engsten Kreis der Familie. Krisen mochten kommen und gehen, doch die Zeit mit den Kindern war sakrosankt.
Burley Palace, das Gebäude, von dem aus Kirsten regierte, lag auf dem Gipfel eines flachen Hügels inmitten von Atherstone, der Hauptstadt Ombeys. Dank der hervorstechenden Lage besaßen die königlichen Gemächer auf der Rückseite des ausgedehnten Backsteingebäudes einen wunderbaren Ausblick über die Parks, Gärten und eleganten Wohnhäuser, aus denen die östlichen Stadtteile bestanden. In der dunstigen Ferne war verschwommen das dunkle, tiefe Blau eines Ozeans zu sehen.
Atherstone lag nur fünfzehn Breitengrade südlich des Äquators und damit mitten im tropischen Klimagürtel Ombeys, doch die frühmorgendliche Brise, die vom Meer aus über das Land wehte, hielt die Temperaturen bis gegen zehn Uhr im Bereich des angenehm Erträglichen. Aus diesem Grund hatte Kirsten die Diener angewiesen, den Frühstückstisch auf dem breiten, terrakottagefliesten Balkon draußen vor ihrem Schlafzimmer zu servieren. Sie genoß es, inmitten der gelben und rosafarbenen Blütenpracht der auf der Rückseite des Palastes rankenden einheimischen Tolla-Reben zu sitzen und eine gemütliche Stunde mit ihrem Ehemann und ihren drei natürlich geborenen Kindern zu verbringen.
Zandra, Emmeline und Benedict waren sieben, fünf und drei Jahre alt, die einzigen natürlich empfangenen und ausgetragenen Kinder, die aus ihrer Ehe mit Edward hervorgegangen waren. Die ersten fünf Nachkommen waren in Exo-Uteri herangereift, nachdem die Zygoten sorgfältig gentechnisch behandelt worden waren, um die neuesten Verbesserungen einzuflechten, die Kulus Wissenschaftler errungen hatten. Das war der Weg, den die Familie der Saldanas eingeschlagen hatte; jeder Generation wurden die neuesten Verbesserungen und Fortschritte implantiert – oder zumindest derjenige Teil davon, der für ihre Zwecke geeignet war. Und immer waren es die ältesten Kinder, getreu der überlieferten irdischen Tradition der europäischen Aristokraten.
Kirstens fünf erstgeborene Kinder konnten mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von gut zweihundert Jahren rechnen, wohingegen sie selbst genau wie ihre natürlich geborenen drei auf höchstens einhundertachtzig hoffen durften.
Kirsten war Sechsundsechzig gewesen, als sie 2608 in der Kathedrale von Atherstone gekrönt worden war, zwei Monate, nachdem ihr Bruder Alastair der Zweite den Thron von Kulu bestiegen hatte. Als das neunte Kind des Patriarchen war es von Anfang an ihre Bestimmung gewesen (es sei denn, eines ihrer älteren Geschwister hätte einen Unfall erlitten), über Ombey zu herrschen, das jüngste der Fürstentümer Kulus.
Wie ihre übrigen acht in Exo-Uteri gereiften Geschwister und die fünf natürlich geborenen Kinder ihrer Mutter und ihres Vaters, so war auch Kirsten groß und physisch robust. Genmanipulation hatte ihr dunkelrote Haare und ein ovales Gesicht mit wohlgerundeten Wangen verliehen – und natürlich eine schmale gerade Nase mit einer nach unten gebogenen Spitze.
Doch Gentechnologie konnte nur den physischen Rahmen liefern, der nötig war für ein Jahrhundert voller Streß, den die Herrschaft als absoluter Monarch mit sich brachte. Kirsten war von Geburt an auf die geistigen Anforderungen ihrer Bestimmung vorbereitet worden; zuerst die Theorie, endlose didaktische Kurse in Politologie, Ökonomie und Management, und anschließend fünf Jahre an der Universität von Nova Kong, wo sie gelernt hatte, das erworbene Wissen anzuwenden. Nach zwölfjähriger Dienstzeit in der Konföderierten Navy (obligatorisch für alle älteren Saldanas) hatte sie einen Posten im mittleren Management der Kulu Corporation erhalten, dem gewaltigen, über das gesamte Königreich agierenden Konglomerat aus Handels-, Fracht-, Energie-, Bergbau- und Industriebetrieben, das Richard Saldana begründet hatte, als er Kulu besiedelte (und das noch immer dem König als einzigem Eigentümer gehörte). Dort hatte sie sich für weitere Positionen im Kabinett qualifiziert, eine Laufbahn, deren einziger Zweck darin bestand, ihr den größtmöglichen Erfahrungsschatz über die Natur und Anwendung der Macht zu vermitteln, bevor sie schließlich den Thron bestieg.
Nur die Geschwister des Königs regierten in seinem Namen über die
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