Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fehlfunktion

Fehlfunktion

Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
Vom Netzwerk:
Bedauern gemeinsam zu überstehen. Was für sich genommen bereits eine Leistung war. Wenn sie da an die Ehe ihres Bruders Claude dachte …
    »Mama denkt schon wieder«, verkündete Emmeline lauthals.
    Kirsten grinste. »Ich überlege, was ich mit dir machen soll.«
    »Was?« kreischte Emmeline.
    »Kommt darauf an, was du wieder angestellt hast.«
    »Nichts! Frag Nanny! Ich war brav. Den ganzen Tag!«
    »Sie hat Rosy Oldamer gestern das Badetuch geklaut«, erzählte Zandra.
    Emmeline fing an zu kichern. »Du hast gesagt, du würdest es nicht petzen!«
    »Es war so lustig! Miss Estree mußte Rosy ihr eigenes leihen, sie hat am ganzen Körper gezittert.«
    »Ihre Haut war ganz blau«, berichtete Emmeline voller Stolz.
    »Wer ist Laton?« fragte Zandra.
    »Ein böser Mann«, antwortete Edward.
    »Ist er hier auf Ombey?«
    »Nein«, sagte Kirsten. »Und jetzt iß deine Reiskrispies.«
    Kirstens neurale Nanonik meldete sich mit einem drängenden Summen, das gleich zu Beginn schlechte Nachrichten verriet. Ihr Kammerherr würde niemals gestatten, daß eine Datavis-Nachricht zu ihr durchdrang, wenn es sich nicht um eine ernste Angelegenheit handelte. Sie öffnete das Datenpaket des Verteidigungs- und Sicherheitsrates.
    »Es gibt Probleme«, sagte sie verärgert.
    Edward blickte sie fragend an, als sie sich erhob. »Ich werde helfen, die Kinder für die Tagesstätte fertig zu machen«, sagte er.
    »Danke.« Er war ein guter Ehemann.
    Sie marschierte durch ihre Privatgemächer und trat in den weiten marmorverkleideten Korridor hinaus, der in die Büros des Kabinetts führte. Verblüffte Blicke und hastige Verneigungen folgten ihr von Mitgliedern des Stabs, die zur Frühschicht gekommen waren. Sie trug noch immer ihren langen, grau und türkisfarben gemusterten Morgenmantel und die Hauspantinen.
    Der Empfangsraum für offizielle Angelegenheiten war ein zehneckiger Saal mit einem Gewölbedach, von dem zahlreiche Kronleuchter herabhingen. Waagerechte Sonnenstrahlen überfluteten den Saal durch einen Ring blauer Fenster auf halber Höhe der Wände. Die Säulen waren mit Intarsien aus Gold und Platin verziert und mit einem schmutz- und staubabweisenden Lacküberzug versehen, der ein Anlaufen des polierten Metalls dauerhaft verhinderte. An den Wänden wechselten sich Holodrucke von atemberaubenden astronomischen Ereignissen mit antiken, kostspieligen Ölgemälden ab. Nirgendwo waren moderne Kunst- oder Stimmungseffektwerke zu sehen; Saldanas zogen Antiquitäten vor, nicht zuletzt wegen des Eindrucks von zeitloser Würde, die sie vermittelten.
    Drei Mitarbeiter erwarteten Kirsten in der Mitte des mit schwarzen Tushkwood-Fliesen getäfelten Raums. Sylvester Geray stand zuvorderst: Ihr Kammerherr, ein sechzigjähriger Captain in der Uniform der königlichen Navy von Kulu. Hoffnungslos formell, wie immer, dachte sie – andererseits war er noch nie in ein Fettnäpfchen getreten, seit er seinen Posten drei Monate nach ihrer Inthronisation übernommen hatte.
    Die beiden anderen, in ziviler Kleidung, stellten einen weniger willkommenen Anblick dar. Roche Skark, der Direktor des Büros der ESA auf Ombey, lächelte seiner Prinzessin freundlich entgegen und verneigte sich. Trotz gentechnischer Manipulation war er ein rundlicher Mensch, in den Achtzigern und zwanzig Zentimeter kleiner als Kirsten. Er hatte seinen Posten seit dreizehn Jahren inne und verfügte über ein unschätzbares Gespür für aufkeimende Bedrohungen und Gefahren, gepaart mit einer glücklichen Hand und einem wohlüberlegten Pragmatismus bei ihrer Beseitigung. Fremde Regierungen mochten endlos über die ESA murren, ihren Einfluß und ihre ständige Einmischung in die Angelegenheiten und Politik anderer Systeme, doch es hatte niemals einen handfesten Beweis für ihre Verwicklung gegeben. Roche Skark war kein Mann, der die Art von elementaren Fehlern beging, die für seine Regierung in diplomatischen Peinlichkeiten ausarteten.
    Jannike Dermot auf der anderen Seite war – zumindest dem Äußeren nach – das genaue Gegenteil des zurückhaltenden ESA-Direktors. Die fünfzigjährige Frau trug einen extravaganten Anzug aus gelb-rot gestreiftem, teurem synthetischen Samtstoff und hatte das dicke blonde Haar zurückgekämmt. Es war die Art von vollendeter Kleidung, die von Vorständen und Managern großer Gesellschaften getragen wurde, und genauso sah sie aus. Doch dieser Eindruck täuschte: Sie beschäftigte sich ausschließlich mit den dunkleren Seiten der menschlichen Seele.

Weitere Kostenlose Bücher