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Fehlfunktion

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Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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und Erleichterung. »Gott segne Sie. Diese letzten Wochen waren die schlimmste Prüfung, die Gott der Herr seinem armen sterblichen Diener jemals auferlegt hat. Doch jetzt sind Sie gekommen, nach all der Zeit, die wir allein in der Wildnis des Teufels verbringen mußten! Jetzt sind wir endlich gerettet.«

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11. Kapitel
     
    Boston befand sich in der Gewalt der Besessenen – nicht, daß die sich in rapider Auflösung begriffene Versammlung der militärischen Organisationen von Norfolk dies zugegeben hätte.
    Edmund Rigby blickte aus dem Hotelfenster hinaus über die steilen Schindeldächer der Provinzhauptstadt. Noch immer wüteten in den weiter außen liegenden Bezirken Feuer, wo die Truppen der Miliz versucht hatten, sich mit Gewalt Zutritt in die Stadt zu verschaffen. Der Marktplatz von Devonshire war im Verlauf der letzten Duchess-Nacht vom Maser eines Raumschiffes getroffen worden. Das Granitpflaster hatte sich innerhalb von Sekundenbruchteilen in einen See kochender Lava verwandelt. Selbst jetzt noch, nachdem die Oberfläche zu einer harten, glasigen Masse erstarrt war, reichte die Hitze aus, um Essen darauf zu garen. Niemand hatte sich zu diesem Zeitpunkt im Viertel aufgehalten; der Schuß war lediglich als Demonstration gedacht gewesen. Eine Demonstration der Macht, die in den Händen der Konföderierten Navy lag: Ihr dort unten, ihr seid nichts als Ameisen, die im Dreck kriechen. Wir sind die Engel, und wir haben die Macht über Leben und Tod von euch allen.
    Wie ein Mann hatten die Besessenen die Raumschiffe im Orbit ausgelacht, die aus Mangel an Zielen machtlos zusehen mußten. Ja, sie besaßen die physische Macht zu zerstören, doch die Finger an den Abzügen waren gefangen im ewigen Dilemma der Guten und Großen. Schon immer waren die Herzen von Regierungen durch Geiseln betäubt worden. Die Raumschiffe hätten nur zu gerne das sterilisierende Feuer vom Himmel regnen lassen, und ihre Offiziere lechzten danach, den Abschaum von Anarchisten und Revolutionären aus dieser friedfertigen, ländlichen Welt zu brennen – doch die Stadt war voll von guten Bürgern, von Frauen und Kindern und schwachen, gebrechlichen Großeltern. Soweit die planetaren Behörden und die Navy informiert waren, handelte es sich immer noch um einen gewöhnlichen Aufstand, eine politische Revolte, und unter den Wölfen hielten sich noch immer Schafe auf. Die Engel hoch oben am Himmel waren kastriert.
    Und selbst wenn sie einen Verdacht hegten, selbst wenn sie den Gerüchten von Massakern und Greueltaten Glauben schenkten, die sich von Mund zu Mund durch das umliegende Land ausbreiteten, so konnten sie dennoch nichts unternehmen. Boston war längst nicht mehr die einzige aufrührerische Stadt, es war lediglich die erste gewesen. Edmund Rigby hatte die Saat der Erhebung in jeder einzelnen Stadt auf den Inseln dieser Welt gesät, kleine Gruppen von Possessoren, die längst dabei waren, die Bevölkerung zu übernehmen. Edmond war Captain der australischen Armee gewesen und 1971 in Vietnam durch die Explosion einer Landmine gestorben, doch er hatte Militärtaktik studiert, er hatte sogar die Königliche Akademie der Navy in Dartmouth besucht, wo er zum Offizier ausgebildet worden war. Und dieses riesige Weltraumimperium von konföderierten Planeten unterschied sich trotz seiner zutiefst beeindruckenden Technologie in nichts von der Erde, über die er einst gelaufen war. Die Taktiken der aufständischen Vietkong von damals waren heute noch anwendbar, und Edmund kannte sie auswendig. Den gesamten Planeten zu unterwerfen war sein vorderstes Ziel gewesen, seit die große Flotte von Händlerschiffen Norfolk nach der Mittsommernacht verlassen hatte.
    Genaugenommen war er schon seit seiner Ankunft geschäftig gewesen. Geschäftig in Sachen Schmutz und Elend und Entsetzen und Blut, die im Herzen jeder menschlichen Seele wohnten. Der Lebenden und der Toten … und derer, die mittendrin gefangen waren.
    Er schloß die Augen, wie um die Erinnerung an die vergangenen Wochen zu verdrängen und an das, was aus ihm geworden war. Doch es gab keine Ruhe. Das Hotel gewann in seinem Kopf an Substanz, Wände und Decken und Böden aus Schatten gewoben. Menschen, lebende und tote, die hindurchglitten und deren Lachen und Schreien durch die prunkvollen Korridore und stattlichen Zimmer widerhallten. Und wie immer, dort, auf der anderen Seite der Schatten, auf der anderen Seite von allem: das Jenseits. Seelen, die nach einer Existenz geiferten. Schlüpfrige,

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