Fehlfunktion
Norden leuchtete in inbrünstiger Glut und tauchte die Savanne in ein dunkles Rot.
Octan beobachtete den dunklen Fleck, der sich stromaufwärts am Flußufer entlang bewegte, genau in Richtung des Tyrathca-Hauses. Schwere feuchte Luft strich über die Federn des Vogels, als er einen Flügel senkte und in einen schwindelerregenden Spiralflug überging. Pat Halahan blickte durch die kleinen, unvergleichlich scharfen Augen seines affinitätsgebundenen Freundes auf den nächtlichen Wanderer herunter.
Kelly erwachte von der Berührung einer Hand auf der Schulter und dem Geräusch trappelnder Füße auf dem harten Boden des zweiten Stockwerks, wo der Trupp sein Nachtlager aufgeschlagen hatte. Ihre neurale Nanonik brachte das schlaftrunkene Hirn vollends zum Erwachen.
Der letzte der Söldner verschwand bereits die Rampe hinunter.
»Irgend jemand kommt hierher«, sagte Shaun Wallace.
»Ihre Leute?«
»Nein, das wüßte ich. Nicht, daß Mister Malin gefragt hätte, stellt Euch vor!« Er klang beinahe fröhlich.
»Gott im Himmel, jedes Kind kann sich denken, daß er Ihnen nicht vertraut.« Sie warf die Foliendecke zurück, unter der sie geschlafen hatte. Shaun Wallace bot ihr seine Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Anschließend gingen sie zusammen die Rampe hinunter bis in die Eingangshalle im Parterre.
Die sieben Söldner hatten sich um das Loch in der Tür versammelt. Rotes Licht von draußen schimmerte dumpf auf ihrer synthetischen Haut. Fenton und Ryall waren ebenfalls auf den Beinen und knurrten leise, als sie die Aufregung bemerkten, die durch das Affinitätsband ihres Meisters leckte.
Reza und Sewell schlüpften gerade durch das Loch, als Kelly beim Eingang ankam.
»Was ist los?« fragte sie.
»Ein Pferd kommt«, antwortete Pat. »Zwei Reiter.«
Kelly spähte an ihm vorbei, als Reza und Sewell ihre Chamäleonanzüge aktivierten und scheinbar mit der Landschaft verschmolzen. Ein paar Sekunden lang behielt sie die beiden noch im Auge dank des kreisrunden nanonischen Medipacks auf dem Bein des großen Söldners, doch selbst das war bald im Zwielicht und dem hohen Gras verloren.
Das Pferd war ein Zugtier, ein schwerer Kaltblüter von der Sorte, wie die Kolonisten sie bevorzugten. Es war noch jung, doch eindeutig am Ende seiner Kräfte. Der Kopf hing tief herunter, während es tapfer weiterging und der Schaum in Flocken von seinem Maul troff. Reza schlich vorsichtig den Hang vom Haus zum Fluß hinunter und auf das Tier zu, während Sewell zurückblieb und ihm Deckung gab. Seine optischen Sensoren enthüllten die beiden Menschen auf dem Reittier; beide trugen fleckige Umhänge, die aus einer Baumwollpersenning geschnitten waren. Der Mann zeigte die ersten Anzeichen von Alter; ein Stoppelbart bedeckte die breiten Kiefermuskeln, und seine Schläfen zeigten ein erstes Grau. Wie es aussah, hatte er erst kürzlich sehr stark an Gewicht verloren. Doch seine Gestalt war von einer Vitalität beseelt, die Reza selbst auf diese Entfernung hin durch das hohe Gras erkennen konnte. Der Junge hinter ihm schien geweint zu haben; er war ebenfalls vom Reiten durchnäßt und zitterte nun vor Kälte. Er klammerte sich erschöpft an den Mann, der das Pferd lenkte.
Sie stellten keine Gefahr dar, entschied Reza. Er wartete, bis das Pferd noch zwanzig Meter weit entfernt war, dann schaltete er seinen Chamäleonanzug ab. Das Pferd trottete noch ein paar Schritte weiter, bevor der Mann Reza bemerkte und erschrocken zusammenzuckte. Er zügelte das lethargische Tier und beugte sich über den Hals, um Reza wütend anzustarren.
»Was für Manieren sind … Sie sind keiner der Besessenen, sie sind nicht so innerlich leer.« Er schnippte mit den Fingern. »Ja, natürlich! Sie sind ein Kampfangepaßter! Sie sind gestern mit den Raumschiffen gekommen!« Er lachte und stieß einen Jubelruf aus, dann schwang er ein Bein über das Pferd und glitt zu Boden. »Komm, Russ, runter mit dir! Sie sind da! Die Marines sind endlich gelandet! Ich hab’s dir doch gesagt! Die ganze Zeit hab’ ich euch gesagt, daß sie kommen würden, oder nicht? Gepredigt habe ich euch, nicht den Glauben zu verlieren!« Der Junge fiel fast vom Pferd, und der Mann mußte ihn auffangen.
Reza trat vor, um ihm zu helfen. Der Mann war ebenfalls nicht mehr allzu sicher auf den Beinen, und eine Hand war in einen dicken Verband gehüllt.
»Gott segne Sie, mein Sohn.« Vater Horst Elwes umarmte den überraschten Söldner, und in seinen Augen standen Tränen der Dankbarkeit
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