Fehlfunktion
eine ziemlich unheimliche Form von Sequestrierung ist«, entgegnete Ashly.
»Glaubst du etwa an diesen Mist, daß die Toten zurückkehren?«
Der Pilot grinste den riesigen Kosmoniken an, der sich an der Kante einer Beschleunigungsliege festhielt. »Es würde das Leben interessanter machen, das gestehe ich.«
Warlows Diaphragma gab ein Schnauben von sich, das Ähnlichkeit mit einem Überschallknall hatte.
»Es spielt doch überhaupt keine Rolle, welchen Namen wir dem Kind geben«, meldete sich Dahybi zu Wort. »Die Fähigkeit existiert, daran besteht kein Zweifel, und das wissen wir. Was wir jetzt entscheiden müssen ist die Frage, ob Kelly übernommen wurde oder nicht.« Er blickte Joshua an und zuckte lahm die Schultern.
»Wenn sie nicht übernommen wurde, dann stecken wir alle ziemlich tief in der Scheiße«, sagte Sarha.
»Wenn sie nicht übernommen wurde?« fragte Melvyn.
»Ja. Weil das bedeutet, daß wir bis heute nachmittag neunundzwanzig Kinder von diesem Planeten evakuieren müssen.«
»Verdammter Mist!« murmelte Melvyn.
»Und selbst wenn sie sequestriert wurde, weiß sie, daß wir auf jeden Fall zurückkommen wollten. Warum sollte sie versuchen, uns dazu zu bewegen, daß wir früher kommen? Und warum sollte sie diesen ganzen Mist von wegen Possession und Besessenen erzählen, wenn sie dadurch nur erreicht, daß wir mißtrauisch und vorsichtig werden?«
»Vielleicht ein doppelter Bluff?« schlug Melvyn vor.
»Komm schon, das kann nicht dein Ernst sein!«
»Sarha hat recht«, sagte Ashly. »Wir hatten von Anfang an vor, nach Lalonde zurückzukehren, und soweit Kelly wußte, in zwei, drei Tagen. Es gibt keinen logischen Grund, warum sie uns zur Eile antreiben sollte. Schließlich wissen wir, daß sie versuchen, die landenden Raumflugzeuge in ihre Gewalt zu bringen, oder? Es ist schließlich nicht so, als könnten wir keine Vorsichtsmaßnahmen ergreifen. Ihre Geschichte hat nichts weiter bewirkt, als uns noch vorsichtiger zu machen, als wir ohnehin schon sind. Ich sage, sie steckt in Schwierigkeiten und hat tatsächlich diese Kinder gefunden.«
»Ich auch«, schloß sich Dahybi an.
Es war die Art von besonderer Ehrenbezeugung gegenüber Joshua, auf die er gut und gerne hätte verzichten können. »Kelly würde sich nicht gemeldet haben, wenn ihre Lage nicht wirklich verzweifelt wäre«, sagte er bedächtig. »Falls sie der Sequestrierung entgangen ist – oder wie wir es auch immer nennen –, dann würde sie mit Sicherheit nichts von Besessenen erzählt haben, wenn es nicht der Wahrheit entspräche. Ihr wißt selbst, wie sie ist: Nur Fakten, ganz gleich, was es kostet. Und wenn sie besessen wäre, dann würde sie uns einfach nichts davon erzählen.« Mein Gott, sei ehrlich, Joshua! Du weißt, daß sie ganz tief in der Klemme sitzt! »Wir müssen sie holen. Und wie Kelly gesagt hat: noch heute.«
»Joshua, wir können nicht!« wandte Melvyn ein. Er sah verzweifelt aus. »Ich möchte genausowenig wie ihr eine ganze Gruppe hilfloser Kinder dort unten im Stich lassen. Selbst wenn wir nicht genau wissen, was unter diesem verdammten roten Wolkenband vor sich geht, haben wir genug gesehen und gehört, um zu wissen, daß es nichts Gutes sein kann. Aber wir kommen nie im Leben an der Maranta und der Gramine vorbei! Jede Wette, daß sie Kellys Nachricht ebenfalls aufgefangen haben. Jede Wette, daß sie jetzt noch angestrengter nach uns suchen. Sieh der Tatsache ins Auge, Captain, wir müssen warten. Die beiden Schiffe entdecken uns im gleichen Augenblick, in dem wir unsere Triebwerke anwerfen.«
»Vielleicht«, sagte Joshua. »Vielleicht aber auch nicht. Aber schön eins nach dem andern. Sarha, kann unser Lebenserhaltungssystem mit dreißig Kindern, den Söldnern und den Edeniten an Bord fertig werden?«
»Ich weiß nicht, wie groß die Kinder sind«, antwortete Sarha. Sie dachte laut: »Kelly hat gesagt, sie wären klein. Möglicherweise können wir vier weitere in den Null-Tau-Kapseln unterbringen, wenn wir sie dicht an dicht hineinstopfen. Weiterer Platz stünde im Raumflugzeug und im MSV zur Verfügung, wenn wir die atmosphärischen Filter aktivieren. Unser Hauptproblem ist der Anstieg in der Kohlendioxidkonzentration in der Luft. Die Filter wären völlig überlastet mit der Menge, die siebzig Leute an Bord produzieren. Wir müßten regelmäßig Luft ins All ablassen und neue aus unseren Reservetanks nehmen.« Ihre neurale Nanonik durchlief eine Simulation mit den besten und den schlimmsten
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