Fehlfunktion
nach wurden immer mehr auf Waffentechnologie spezialisierte Gesellschaften angezogen. Exportbeschränkungen existierten so gut wie gar keine.
Rubra öffnete sein Habitat auch für »Menschen, die religiöse und kulturelle Freiheit« suchten, möglicherweise eine Reaktion auf seine eigene edenitische Erziehung. Diese Einladung zog verschiedene freikirchliche Sekten an, spirituelle Gruppierungen und Anhänger eines einfachen Lebens im Einklang mit der Natur, die meinten, eine BiTek-Umgebung würde die Rolle der gutmütigen Gaia übernehmen und sie mit Nahrung und einem Dach über dem Kopf versorgen. Mehr als neuntausend Menschen siedelten im Verlauf der ersten zwanzig Jahre nach Valisk über, nicht wenige davon abhängig von Drogen oder Stimulationsprogrammen. Dann hatte Rubra genug davon, und außer sich wegen der unbelehrbaren parasitären Einstellung dieser Leute verbot er jede weitere Zuwanderung.
Im Jahre 2330 war die Bevölkerung Valisks auf mehr als dreihundertfünfzigtausend Menschen angestiegen. Die industrielle Produktion war hoch, und zahlreiche interstellare Gesellschaften hatten angefangen, regionale Niederlassungen zu eröffnen.
Dann schließlich tauchten die ersten Blackhawks in der Konföderation auf, ausnahmslos registriert bei der Magellanic Itg. und kommandiert von Rubras zahlreichen Nachkommen. Rubra hatte einen spektakulären Coup sowohl gegen seine Mitbewerber als auch gegen die Kultur gelandet, in der er aufgewachsen war. Voidhawk-BiTek war bis dato die höchstentwickelte Technologie, die von den Genetikern je sequenziert worden war; ihre Kopie war ein Triumph genetischer Dekodierung.
Nachdem Blackhawks den Hauptteil von Rubras Flotte bildeten, war er nicht mehr aufzuhalten. Ein großmaßstäbliches Klon-Programm sorgte für einen dramatischen Anstieg ihrer Zahlen. Neurale Symbionten wurden eingesetzt, um auch Adamisten als Kommandanten einzusetzen, die keine Skrupel hatten, BiTek zu benutzen. Und davon gab es viele. Im Jahre 2365 benutzte die Magellanic Itg. keine anderen Schiffe mehr in ihrer Frachterflotte.
Rubra starb 2390 als einer der reichsten Männer in der Konföderation. Er hinterließ ein industrielles Konglomerat, das von den Wirtschaftswissenschaftlern seither als das Beispiel schlechthin für ein klassisches Wachstumsmodell galt.
Es hätte so weitergehen können. Die Magellanic Itg. besaß das Potential, mit der Kulu Corporation der Saldana-Familie gleichzuziehen. Vielleicht hätte sie eines Tages sogar gleichauf neben der edenitischen Helium-III-Produktion gestanden. Es gab weder physische noch finanzielle Schranken; die Banken waren mehr als bereit, Kredite vorzuschießen, die Märkte existierten und wurden von den eigenen Schiffen versorgt.
Doch am Ende – nach Rubras Ende – bewies sich seine Schlangennatur. Er war alles andere als gutartig. Seine Psyche war zu abartig, zu besessen. Er war in dem Wissen aufgewachsen, daß seine Persönlichkeitsmuster für Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende weiterexistieren konnten, und er weigerte sich, den Tod wie ein Adamist zu akzeptieren. Er transferierte sein Bewußtsein in das neurale Stratum von Valisk.
Von diesem Zeitpunkt an setzte bei Gesellschaft und Habitat die Degeneration ein. Teilweise war auch die Germinierung der übrigen unabhängigen Habitate verantwortlich, die sich allesamt als Basen für die Paarungsflüge der Blackhawks anboten. Das Monopol von Valisk und der Magellanic war durchbrochen. Doch der industrielle Niedergang der Gesellschaft und der parallel dazu verlaufende Verfall des Habitats kam allein durch das Erbfolgeproblem zustande, das Rubras Persönlichkeit erzeugt hatte.
Als er starb, war bekannt, daß er mehr als hundertfünfzig direkte Nachfahren besaß. Hundertzweiundzwanzig davon waren sorgfältig in vitro gezeugt und in Exo-Uteri herangereift; allesamt besaßen modifizierte Affinitätsgene sowie allgemeine physiologische Aufrüstungen. Dreißig der Exo-Uterus-Kinder wurden zum Exekutivkomitee von Valisk bestellt; in ihre Verantwortung fielen sowohl das Habitat als auch die Magellanic Itg., während die restlichen, zusammen mit der sich rasch vermehrenden dritten Generation, Blackhawk-Kommandanten wurden.
Die natürlich gezeugten Kinder wurden praktisch enterbt und besaßen keinerlei Anteile an der Gesellschaft, und nicht wenige von ihnen kehrten in den Schoß der edenitischen Kultur zurück.
Doch selbst diese von Rubra arrangierte Vetternwirtschaft hätte normalerweise kein allzu großes Problem
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